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Nur schwaches Licht am Ende des Tunnels

23. April 2009

Der Internationale Währungsfonds hat in seinem Weltwirtschaftsausblick ein rabenschwarzes Krisenbild gezeichnet. Dabei sieht es speziell für die deutsche Wirtschaft noch schlechter aus als für andere Industrieländer.

Themenbild Kommentar Grafik Symbolbild (Foto: DW)
Bild: DW

Die deutsche Wirtschaft schrumpft laut Weltwirtschaftsausblick in diesem Jahr um 5,6 Prozent und damit deutlich stärker als die Volkswirtschaften anderer großer Industriestaaten. Und: Während es in den meisten westlichen Industrieländern im kommenden Jahr wieder Wirtschaftswachstum geben soll, geht es mit der deutschen Wirtschaft nochmals um ein Prozent bergab.

Karl ZawadzkyBild: DW

Erst einmal geht es mit der Weltwirtschaft weiter abwärts. Nach einer konjunkturellen Vollbremsung im Herbst vergangenen Jahres, die einen langen Aufschwung jäh beendet hat, sinkt die weltweite Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um 1,3 Prozent. Das ist ein Durchschnittswert, der die Dramatik der wirtschaftlichen Entwicklung in den traditionellen Industriestaaten sowie in vielen Entwicklungsländern schönt.

Schwellenländer weniger betroffen

Der Grund liegt darin, dass die großen Schwellenländer wie China und Indien den Durchschnitt anheben. Diese Länder haben zwar auch mit einem kräftigen Konjunkturabschwung zu kämpfen, erzielen aber in der globalen Krise immer noch Wachstumsraten, von denen die alten Industriestaaten selbst in guten Zeiten nur träumen können.

Die Lage der Weltwirtschaft ist schlimmer, als es der Durchschnittswert ausweist. Das gilt für den derzeitigen Abschwung und auch für den nächsten Aufschwung, der nach Auffassung des Internationalen Währungsfonds im kommenden Jahr einsetzen wird. Für 2010 erwartet der IWF wieder ein Wachstum der Weltwirtschaft von knapp unter zwei Prozent. Das ist nicht viel, aber vor dem Hintergrund der Krise doch recht ordentlich. Dabei wird allerdings für die Industriestaaten, die in besonderer Weise unter der Rezession leiden, lediglich eine Stagnation erwartet.

Dramatischer Einbruch in Deutschland

Deutschland zählt unter den Industrieländern zu jenen Volkswirtschaften, die es besonders schlimm erwischt hat. Hier ist der Verlust an Wirtschaftsleistung größer, hier wird die Rezession längern anhalten. Während in den Industriestaaten insgesamt die Wirtschaft im laufenden Jahr um 3,8 Prozent schrumpft, geht das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um 5,6 Prozent zurück. Das ist ein dramatischer Einbruch der Konjunktur. Hinzu kommt, dass auch im kommenden Jahr nach der IWF-Prognose die deutsche Wirtschaft im Gegensatz zur Wirtschaft in vielen anderen Ländern nicht wachsen, sondern nochmals um ein Prozent abnehmen wird.

Exportweltmeister im Abseits

Für die konjunkturelle Sonderrolle Deutschlands gibt es vor allem zwei Gründe: einmal die hohe Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft, zum anderen den vergleichsweise schwachen inländischen Konsum. Was zu weltwirtschaftlich guten Zeiten der deutschen Wirtschaft zum Vorteil gereicht, erweist sich in der Weltrezession als Nachteil. Rund 45 Prozent der deutschen Wirtschaftleistung wird mit dem Export erzielt. Wenn es weltweit gut läuft, sind deutsche Autos, Maschinen, Industrieanlagen, Chemieprodukte, Arzneimittel, Lebensmittel, komplette Infrastrukturprojekte, Luxusgüter und viele andere Produkte stark nachgefragt. Nicht nur die entwickelten Industriestaaten, sondern auch die aufstrebenden Schwellenländer brauchen, was deutsche Unternehmen im Angebot haben.

Bricht jedoch die weltweite Nachfrage ein, ist Deutschland davon besonders stark betroffen. Es gibt Unternehmen, die seit vielen Jahren fast ausschließlich für den Export produzieren, bei denen der Auftragseingang in den letzten Monaten um 90 Prozent eingebrochen ist.

Kein Ausgleich durch Binnenkonsum

Die Kehrseite der starken Exportorientierung ist eine im Vergleich mit anderen Industrieländern schwache inländische Nachfrage. In weiten Bereichen der Wirtschaft sind wegen der moderaten Tarifpolitik der Gewerkschaften die Lohnstückkosten gesunken. Die Arbeitskosten spielen bei vielen Produkten nur noch eine untergeordnete Rolle. Der Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen ist deutlich gesunken; auch die Sozialeinkommen, etwa die Renten, sind nur gering oder über Jahre hinweg gar nicht gestiegen. In der Krise zeigt sich der Nachteil dieser Entwicklung; der Masse der Bevölkerung fehlt das Geld, um mit einem stärkeren inländischen Konsum den Rückgang des Exports ausgleichen zu können.

Deutschland steckt tiefer als andere Länder in der Rezession und wird längere Zeit benötigen, um auf den alten Wachstumspfad zurückzukehren. Dennoch ist eines klar: Der nächste Aufschwung kommt bestimmt; Deutschland wird wieder eine starke Rolle in der Weltwirtschaft spielen.

Massenkaufkraft stärken

Der Internationale Währungsfonds sieht in seinem globalen Wirtschaftsausblick bereits wieder Licht am Ende des Tunnels. Doch vieles spricht mit Blick auf die deutsche Wirtschaft dafür, dass es sich um die Rücklichter von anderen Volkswirtschaften handelt, die schneller auf den Wachstumspfad zurückfinden. Deutschland fährt der konjunkturellen Erholung in den großen Industriestaaten hinterher. Die Konsequenz, die daraus zu ziehen ist, liegt auf der Hand: Die starke internationale Wettbewerbsfähigkeit muss durch eine stärkere Massenkaufkraft im Inland begleitet werden. Nur so kann Deutschland sich besser gegen künftige konjunkturelle Abschwünge wappnen.

Autor: Karl Zawadzky

Redaktion: Klaus Ulrich

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