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Obama für Todesstrafe

26. Juni 2008

Barack Obama gilt als liberal und weltoffen. Trotzdem plädiert er für die Todesstrafe in besonderen Fällen. Er lehnt ein aktuelles Urteil des obersten US-Gerichts ab. Genau wie sein republikanischer Kontrahent.

Hinrichtungskammer in den USA (Foto: dpa)
Fest zurren und Todesspritze setzenBild: picture-alliance/ dpa

Die Vergewaltigung eines sechs oder acht Jahre alten Kindes sei ein derart abscheuliches Verbrechen, dass die Anwendung der Todesstrafe unter strengen Auflagen zumindest möglich sein müsse, sagte Obama am Mittwoch (26.06.2008) in Chicago. Eine umsichtige und genauestens überprüfte Anwendung der Todesstrafe in Einzelfällen könne kein Verstoß gegen die Gebote der Verfassung sein, sagte der designierte Präsidentschaftskandidat weiter. Er reagierte damit auf eine Entscheidung des Oberstes US-Gerichts.

Grausam und ungewöhnlich

Das Gericht in Washington hat am Mittwoch in sechs Bundesstaaten geltende Gesetze außer Kraft gesetzt, denen zufolge in bestimmten Fällen die Vergewaltigung von Kindern mit dem Tod bestraft werden konnte. Das Gesetz verstoße gegen das von der Verfassung vorgegebene Verbot grausamer und ungewöhnlicher Bestrafung, entschied das Gericht in Washington. Das Urteil fiel mit fünf zu vier Stimmen. "Die Todesstrafe ist keine verhältnisgemäße Strafe für die Vergewaltigung eines Kindes", begründete Richter Anthony Kennedy die Mehrheitsmeinung.

Was als grausam und ungewöhnlich gelte, richte sich nach gesellschaftlichen Normen, heißt es in der Urteilsbegründung. Dass nur wenige Staaten, Georgia, Montana, Oklahoma, South Carolina, Texas und Louisiana, Vergewaltigung von Kindern mit dem Tod bestraften, zeige, dass es keinen nationalen Konsens über die Todesstrafe für Kinderschänder gebe. Obama reagierte prompt, er sei grundsätzlich der Ansicht, dass die Todesstrafe "für die allerschlimmsten Verbrechen" verhängt werden solle, freilich nur "unter sehr begrenzten Umständen".

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack ObamaBild: AP

Schändliches Verbrechen

Obama ist - wie die allermeisten US-Politiker - ein Verfechter der Todesstrafe. Als Abgeordneter im US-Staat Illinois war Obama aber daran beteiligt, die Gesetze zur Anwendung der Todesstrafe zu überarbeiten, um eine Verurteilung Unschuldiger noch besser ausschließen zu können. Bereits 2006 hatte sich Obama in seinem Buch "Audacity of Hope" (Hoffnung wagen) mit der Todesstrafe auseindergesetzt: "Obwohl mir alle Belege zeigen, dass die Todesstrafe nur wenig tut, um Verbrechen zu verhindern, glaube ich, dass es einige Verbrechen gibt…die so schändlich sind, so völlig inakzeptabel, dass die Gesellschaft das Recht hat, ihre Empörung mit der Todesstrafe voll zum Ausdruck zu bringen."

Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCainBild: AP


Auch der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain kritisierte das Urteil. Die Entscheidung sei ein Rückschlag für all jene, die versuchten, "diese schändlichen Verbrecher für das verabscheuungswürdigste Verbrechen" zu bestrafen. Es sei eine "Attacke auf das Justizwesen". In den vergangenen Jahren hatte das Oberste US-Gericht die Todesstrafenpraxis eingeschränkt. Im Jahr 2002 wurde die Hinrichtung geistig Behinderter verboten und 2005 die Hinrichtung von zur Tatzeit Minderjährigen. Die Todesstrafe für Vergewaltigung wurde bereits 1977 abgeschafft. In 45 US-Staaten ist die Todesstrafe als Urteil für Vergewaltigungen jeglicher Art verboten. (mb)

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