Obama setzt Finanzmarktreform in Kraft
22. Juli 2010Ob Barack Obama sich diesen Mittwoch (21.07.2010) in seinem Kalender markiert hat? Grund dazu gäbe es jedenfalls. Denn die Neuordnung der Geldbranche gilt bereits als zweiter großer innenpolitischer Sieg des US-Präsidenten in diesem Jahr - nach der Gesundheitsreform vom Frühjahr. Und: Es war denkbar knapp. In der vergangenen Woche hatte das Gesetz im Senat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Dabei war es Obamas Demokraten gelungen, drei republikanische Senatoren auf ihre Seite zu ziehen. Die Entscheidung fiel schließlich mit 60 zu 39 Stimmen.
Der Bürger im Vordergrund
Schärfere Regulierung, mehr Transparenz: Das ist die zentrale Botschaft, die in dem neuen Gesetz verankert ist. Diese Reform leite den umfassendsten Verbraucherschutz in der Geschichte des Landes ein, so Obama vor der Unterzeichnungszeremonie in Washington. Dank der neuen Regelungen werde es künftig keine Banken-Rettungsaktionen auf Kosten der Steuerzahler mehr geben. Nachdrücklich wies der Präsident darauf hin dass "das amerikanische Volk nie wieder für die Fehler der Wall Street bezahlen soll." Bei dieser Reform stünden klar die Bürger im Vordergrund, nicht die Finanzinstitute.
Die Eckpunkte der Reform
Das umfassende Reformpaket sieht unter anderem die Einrichtung einer Verbraucherschutzbehörde unter dem Dach der US-Notenbank Fed vor. Außerdem soll ein Frühwarnarnsystem helfen, potentielle Finanzkrisen künftig frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu bekämpfen. Ein zehnköpfiger Regulierungsrat unter Vorsitz von US-Finanzminister Timothy Geithner soll über mögliche Risiken für das Finanzsystem wachen.
Darüber hinaus erhält die Regierung neue Vollmachten: Sie bekommt beispielsweise die Befugnis, Firmen zu zerschlagen, die zur Gefahr für die Gesamtwirtschaft zu werden drohen. Wenn insolvente Großkonzerne aufgelöst werden müssen, sollen die Kosten dafür von anderen Unternehmen der Branche getragen werden. Vorgeschrieben wird daneben eine bessere Kontrolle des Derivate-Handels, inbesondere Spekulationen auf Bewegungen am Finanzmarkt. Außerdem soll es mehr Transparenz und Haftung für Hedgefonds und Hypothekenhändler geben.
Der weitere Zeitplan
Viele Experten sehen das unregulierte und hochriskante Geschäftsgebaren an der New Yorker Wall Street als Ursache für die weltweite Finanzkrise. Die Lobbyisten der Finanzindustrie hatten bis zuletzt gegen das Reformpaket angekämpft - von diesem befürchten sie Beschränkungen ihrer Gewinnmöglichkeiten. Allerdings: Bis es dazu kommt, könnte es noch etwas dauern. Denn bevor die Reform tatsächlich umgesetzt werden kann, müssen die Regulierungsbehörden erst einmal Einzelheiten ausarbeiten und die komplexen Regelungen verbindlich ausformulieren.
Autorin: Esther Broders (dpa, ap, rtr, afp)
Redaktion: Anne Herrberg