Obamas Ball in Putins Feld
7. März 2014Wenn Russland nicht die Ukraine verlässt, muss Präsident Wladimir Putin eben Russland verlassen. So radikal formulierte es der republikanische Abgeordnete Robert Pittenger im konservativen Online-Magazin Newsmax.
Der Mitarbeiter im Ausschuss für Finanzleistungen des US-Repräsentantenhauses sieht drakonische Strafen als einziges Mittel, Putin zum Rückzug aus der Ukraine zu bewegen. “Ich will nicht, dass die USA zu Neville Chamberlain werden“, erklärte Pittenger der Deutschen Welle in Washington - und spielte damit auf die Befriedungspolitik des britischen Premierministers gegenüber Adolf Hitler in den 1930er Jahren an. Bereits am Vortag hatte Ex-Außenministerin Hilary Clinton einen ähnlichen Vergleich gezogen.
Die wirtschaftlichen Strafen, die Präsident Obama gegen Russland angekündigt habe, seien zumindest ein guter Anfang, meint der Kongressabgeordnete Pittenger. Nach Obamas Anordnung sollen die Vermögen all derer eingefroren werden, die die Sicherheit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine bedrohen. Unklar blieb bis zum Abend, wer damit gemeint ist. Zudem verschärften die USA die Einreiseverbote, die sie angesichts der Gewalt in der Ukraine bereits verhängt hatten. Sanktionen gegen den russischen Präsidenten Putin sind nicht dabei und auch vorerst nicht angedacht. Eine derart außergewöhnliche Maßnahme sei sicherlich nicht der erste Schritt, hieß es in Regierungskreisen.
Wirksamer Druck nur durch langfristige Sanktionen
Doch um wirklich Druck auszuüben, bedürfe es weiterer Maßnahmen, meint der Republikaner Pittenger. Wichtig seien vor allem langfristige Sanktionen, über die Einigkeit zwischen der USA und ihren europäischen Alliierten herrschen müsse. “Wenn wir langfristige Sanktionen verhängen, verursachen wir Betriebsstörungen in Russland“, so der Politiker. “Putin wird dann nicht mehr in der Lage sein, außenpolitisch aggressiv zu agieren. Er muss sich dann um innenpolitische Probleme kümmern.“
Dabei müsse auch die Öl- und Gasindustrie mit einbezogen werden. Ihm sei klar, dass das Ländern wie Deutschland schwerer falle, deren Wirtschaft stark von der Energieversorgung aus Russland abhänge, meint der Abgeordnete. Sein Ausschuss habe Präsident Obama gebeten, die Restriktionen zu beseitigen, die derzeit noch verhindern, dass die USA Flüssiggas nach Europa liefern können.
USA wittern neue Geschäftsbeziehungen zu Europa
Durch die Förderung von Schiefergas streben die USA noch in diesem Jahrzehnt an, zum Nettoexporteur von Erdgas zu werden. Russland betrachtet das bereits mit Argwohn. Nun scheinen die ersten Politiker in der Ukraine-Krise eine Chance für neue Geschäftsbeziehungen zu wittern.
“Ich denke, die gegenwärtige Krise in der Ukraine beleuchtet auch das Problem der Energieabhängigkeit Europas von Russland“, meint Erik Brattberg vom Thinktank Atlantic Council in Washington. “Als Langzeitlösung sollte Europa Energiesicherheit unabhängig von Russland anstreben - ob das nun durch Flüssiggasexporte aus den USA oder anders geschieht, das muss sich zeigen.“
Auf jeden Fall unterstreiche die Krise in der Ukraine die Notwendigkeit der transatlantischen Partnerschaft. Und sie zeige die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit von USA und EU. “Die Lösung muss eine diplomatische sein und das Verhältnis zu Russland wiederhergestellt werden“, so Brattberg. Darüber hinaus müsse die EU ihre Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik überdenken.
Putin soll jetzt die Lage entschärfen
Ebenso wichtig sei es, mit Blick auf effiziente Sanktionen an einem Strang zu ziehen, erklärte Brattberg der Deutschen Welle. Die Maßnahmen, die Präsident Obama verkündet habe, seien ein kluger und vorsichtiger erster Schritt. “Ich denke, dass Obama eine Gratwanderung versucht“, meint der Politologe. Einerseits wolle er Druck auf Russland ausüben, andererseits aber auch sichergehen, dass die Situation nicht eskaliere. “Ich denke, der Präsident sendet damit das Signal an Wladimir Putin: Der Ball ist in deinem Feld, du hast die Wahl, entschärfe die Lage - oder wir verhängen weitere Sanktionen.“
Das könnten etwa weitere Visasperren und das Einfrieren von Konten russischer Staatsmänner im Ausland sein. Doch nicht immer hat dieses Auge-um-Auge-Spiel mit Russland zum Erfolg geführt, warnen Insider wie der ehemalige US-Botschafter in Moskau James Collins. Bei so einer Wie-du-mir-so-ich dir-Diplomatie spielten immer zwei mit, erklärte Collins dem Sender CNN. Und das führe nicht unbedingt zu einer Stimmung, die die eigentlichen Differenzen überwinden helfe.