1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Objekte der Kogi kehren nach Hause zurück

Sarah Hucal
9. Dezember 2024

Die drei heiligen Objekte aus Berliner Sammlungen gehörten einst dem indigenen Volk der Kogi. Ihre Rückgabe wirft ein Licht auf die Zusammenarbeit bei der Restitution.

Drei kolumbianische Ureinwohner der Kogi führen ein Rind und einen Esel durch das Gebirge
Die indigene Gemeinschaft der Kogi lebt in KolumbienBild: Thomas Koehler/picture alliance/photothek

Ein Stab, ein geflochtenes Körbchen und eine Art gewebter Kopfaufsatz werden noch heute bei heiligen Ritualen der Kogi, einem alten indigenen Volk im Norden Kolumbiens, verwendet. Drei solche Gegenstände wurden 1915 im Rahmen einer deutschen Forschungsreise in Kolumbien erworben und sollen jetzt laut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin (SPK) zurückgegeben werden. Sie gehören zu zwei Masken der Kogi, die bereits 2023 an Kolumbien restituiert wurden, und haben laut Kogi-Aktivisten eine wichtige Bedeutung für spirituelle Zeremonien. "Die Kalguakala (Masken, Anm. d. Red.) sind für uns von größter Bedeutung, da sie heilig sind", sagte Arregocés Conchacala Zalabata, ein Vertreter der Kogi, 2023 dem Guardian. "Sie sind keine historischen Artefakte; sie sind lebendig. Mit den Masken führen wir Zeremonien durch, um uns mit dem Geist der Sonne, des Wassers, der Berge und der vielen Arten der Welt zu verbinden."

Derzeit liegen die drei Objekte als Leihgabe im kolumbianischen Institut für Anthropologie und Geschichte (ICANH) und werden von Kogi-Aktivisten untersucht, bevor im Dezember der offizielle Rückgabeprozess startet.

"Erworbene" Objekte

Der geflochtene Korb ist ein ritueller Gegenstand der indigenen Gemeinschaft der Kogi in KolumbienBild: Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum / Foto: Claudia Obrocki

Die rituellen Holzmasken, die die SPK auf Antrag von Vertretern der indigenen Organisation Gonavindúa Tayrona und des ICANH zurückgegeben haben, stammen aus dem 15. Jahrhundert und befanden sich seit mehr als 100 Jahren im Besitz des Museums. Erworben hatte sie der Ethnologe Konrad Theodor Preuss, Kurator am Vorläuferinstitut des Berliner Ethnologischen Museums, vom Sohn eines verstorbenen Kogi-Priesters - ob legal oder nicht, das ist unbekannt. Preuss hatte 1915 drei Monate bei den Kogi gelebt und über die indigene Gemeinschaft geforscht. Er trug eine kleine Sammlung zusammen, aus der noch 80 Stücke bis heute erhalten sind.

Noch etwa 20.000 Kogi leben im Dschungel der kolumbianischen Sierra Nevada de Santa Marta. Ihre Kultur hat sich über die letzten 500 Jahre erhalten. Die Kogi, die sich selbst als "Kágaba" bezeichnen, sind der größte intakte Stamm in Kolumbien. Sie leben sehr naturverbunden.

Kümmert sich um die Restitution kultikscher Objekte an die Kogi in Kolumbien: Der deutsche Ethnologe Professor Lars-Christian Koch Bild: Juancho Torres/Anadolu/picture alliance

Perspektiven erweitern

Professor Lars-Christian Koch, Direktor des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst in Berlin, traf sich im Oktober in Kolumbien mit Stammesangehörigen der Kogi, die aus der Sierra Nevada angereist waren, um die Gegenstände aus erster Hand zu sehen.

"Nur ich, ein weiterer Ethnologe und zwei Kogi-Vertreter saßen dort und diskutierten die Details der Gegenstände - es war eine sehr offene Situation", sagte Koch der Deutschen Welle. "Das ist der erste Schritt: sich die Gegenstände anzuschauen und zu sehen, was man als nächstes tun kann."

Kolumbien: Wie junge Indigene ihre Zukunft gestalten

07:33

This browser does not support the video element.

Für Koch steht die Zusammenarbeit mit indigenen Gemeinschaften wie den Kogi sowie mit anderen Akteuren wie Regierungen und Institutionen am Anfang jeder potenziellen Rückgabe. Ohne sie könnten leicht Fehler gemacht werden, sagt er. "Wir haben zum Beispiel Dokumente, die unsere Partner nicht haben, und sie haben eine Geschichte, die wir nicht kennen." Das Verständnis durch Zusammenarbeit bedeute, dass beide Seiten ihre Perspektive erweitern könnten. In diesem Fall, so Koch, habe das Museum nicht gewusst, wie wichtig die Gegenstände für die spirituellen Rituale der Kogi gewesen seien, die auch heute noch praktiziert werden.

Koch weist gleichwohl darauf hin, dass Preuss wahrscheinlich wusste, welche Funktion die Gegenstände hatten, die er 1915 nach Deutschland gebracht hatte. Vermutlich sei ihm auch klar gewesen, dass es ethisch problematisch war, die sakralen Objekte, die die Kogi in ihren rituellen Zeremonien verwendeten, einfach mitzunehmen.

Kolumbien will sein kulturelles Erbe zurück

Kolumbien hat sich in letzter Zeit stark bemüht, Kulturgüter aus Museen und Privatsammlungen in aller Welt zurück zu erhalten. Allein im Jahr 2024 hat das Land Hunderte von Gegenständen zurückgebracht.

Erst im September gaben private Sammler in den USA 115 archäologische Artefakte an Kolumbien zurück. Dazu gehörten präkolumbianische indigene Masken, Tonfiguren und Keramikvasen. Daniel Garcia-Peña, der kolumbianische Botschafter in den USA, bezeichnete die Rückgabe als "klares Beispiel für internationale Zusammenarbeit" und appellierte auch an andere Sammler, Gegenstände nach Kolumbien zurückzubringen, um so das kulturelle Erbe des Landes zu bewahren.

Zwei Masken der indigenen Gemeinschaft der Kogi aus der Sierra Nevada de Santa MartaBild: Markus Schreiber/AP Photo/picture alliance

Sobald die Gegenstände zurück nach Kolumbien kommen, legt die Regierung ihre schützenden Hände darüber. "Der Großteil der Objekte wird in den Sammlungen der Museen des Landes verbleiben", sagte Elizabeth Taylor Jay, Vizeministerin für multilaterale Angelegenheiten im kolumbianischen Außenministerium. "Wir haben ein Protokoll für den Transport dieser Objekte erstellt, um ihre Konservierung und Sicherheit sowie ihre Erhaltung im Land zu gewährleisten", sagte sie der kolumbianischen Zeitung 'El Tiempo'.

Deutsche Museen öffnen sich

Ging es über Jahrzehnte vor allem um NS-Raubkunst, so hat Deutschland zuletzt immer öfter auch andere Objekte restituiert, darunter solche, die aus ehemaligen europäischen Kolonien stammen.
Im Jahr 2022 schlossen sich mehrere deutsche Museen, darunter auch das Humboldt-Forum, zusammen, um mehr als 1130 Objekte nach Nigeria zurückzugeben. Die wertvollen Gegenstände - Skulpturen und Reliefs aus Bronze und Messing sowie Werke aus Elfenbein, Korallen und Holz - wurden 1897 von britischen Soldaten in einer brutalen Strafexpedition aus dem ehemaligen Königreich Benin geraubt und als Beutekunstnach Europa und in die USA verkauft.

Ist es ein Kopfschmuck? Das Objekt dient den indigenen Kogi für rituelle Handlungen Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum / Foto: Claudia Obrocki

Könnte die Rückgabe der Objekte ein Signal an andere Museen in Europa sein? Das Britische Museum beispielsweise lehnt seit langem die Rückgabe der sogenannten "Parthenon-Marmore" an Griechenland ab, unter anderem mit dem Argument, sie seien im 19. Jahrhundert legal erworben worden.

Restitutionsentscheidungen, so Koch, würden von Fall zu Fall und immer in Zusammenarbeit mit allen Partnern in einer bestimmten Situation getroffen. "Das ist nichts, was wir nur von Deutschland aus entscheiden", sagt er. Im Fall der Kogi-Gegenstände hat die Tatsache den Ausschlag gegeben, dass sie immer noch aktiv in spirituellen Ritualen verwendet werden. Damit sei ihre Rückgabe mehr oder weniger sicher, so Koch.

Adaption aus dem Englischen: Stefan Dege.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen