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Politik

Odinga: "Ich hatte keine andere Wahl"

14. Oktober 2017

Die Stimmung in Kenia ist aufgeheizt. Die Wahl soll wiederholt werden, doch Oppositionsführer Raila Odinga hat sich aus dem Rennen um die Präsidentschaft verabschiedet. Über die Gründe spricht er im DW-Interview.

Kenia Proteste in Nairobi
Auseinandersetzungen zwischen Odinga-Anhängern und Polizei, 13.10.2017Bild: Reuters/T. Mukoya

DW: Herr Odinga, warum wollen Sie bei den Neuwahlen nicht mehr antreten?

Raila Odinga: Ich hatte keine andere Wahl, denn die Wahlkommission und die Regierung haben gemeinsame Sache gemacht und die Anordnungen des Verfassungsgerichts für eine faire und freie Wahl nicht umgesetzt. Wie Sie wissen, hat das Verfassungsgericht Unregelmäßigkeiten und Unrechtmäßigkeiten festgestellt und deshalb die Wahl annulliert. Das Gericht hat dann angeordnet, dass die Wahlkommission die Abstimmung in Einklang mit der Verfassung organisieren muss. Leider ist das nicht passiert und das hat uns dazu gezwungen, uns zurückzuziehen.

Es gibt gerade viel Verwirrung um die für den 26. Oktober geplanten Neuwahlen. Hat Ihr Rückzug das Durcheinander im Land nicht noch größer gemacht?

Nein, mein Rückzug hat nicht zu noch mehr Verwirrung geführt. Das Gesetz ist sehr klar. Im Urteil des Verfassungsgerichts von 2013 heißt es: Wenn sich einer der Kandidaten - der Amtsinhaber oder der Herausforderer - von den Wahlen zurückzieht, dann wird es keine Abstimmung geben. Die Wahlkommission muss zunächst einen neuen Nominierungsprozess starten, erst dann gibt es Neuwahlen. Also kann laut Gesetz am 26. Oktober keine Wahl stattfinden.

Sie haben Ihren Rücktritt zwar erklärt, aber ihn formal noch nicht bei der Wahlkommission eingereicht. Wann werden Sie das nachholen?

Ich weiß gar nicht, was mit "formal zurücktreten" gemeint sein soll. Ich habe einen Brief geschrieben, in dem ich der Kommission mitteile, dass ich nicht an der Wahl teilnehmen werde. Sie spielen doch einfach nur Ping-Pong - sie wissen genau, dass ich zurückgetreten bin und sie haben diesen Brief von mir erhalten.

Sie haben immer wieder gesagt, dass sie für freie, faire und glaubwürdige Wahlen kämpfen. Denken Sie, dass es in Kenia institutionelle Probleme gibt, die solche Wahlen unmöglich machen?

Raila OdingaBild: DW/E. Wallis

Ich denke nicht, dass es ein institutionelles Problem ist. Es geht eher darum, dass sich die Regierung einmischt und versucht das Ergebnis fairer und freier Wahlen zu manipulieren. Die Wahlkommission ist gerade eine Geisel der Regierung, sie kann nicht unabhängig handeln, sondern wird von der Regierung unter Druck gesetzt. Etwa vier Mitglieder der Wahlkommission handeln wie Agenten der Regierung. Und es gibt weitere Personen in dieser Kommission, die im Auftrag der Regierung handeln. So lange die Regierung der Wahlkommission nicht erlaubt, unabhängig zu sein, werden wir Probleme haben.

Eine weitere Institution, die tief in die Wahlmanipulationen verstrickt ist, ist der nationale Geheimdienst. Der steckt überall mit drin: Es beginnt schon bei der Rekrutierung der Mitglieder der Wahlkommission, der Beamten und so weiter. Einige davon sind Regierungsmitarbeiter. In dieser Situation gibt es einfach keine wahrhaft unabhängige Wahlkommission. Und das ist das Problem.

Haben Sie durch Ihren Wahl-Boykott nicht politisches Momentum verloren?

Nein, überhaupt nicht. Die Menschen in Kenia sind sehr enttäuscht und wütend über das, was gerade passiert. Es heißt, wir hätten keinen Wahlkampf gemacht, aber die Jubilee-Partei von Uhuru Kenyatta war überall im Land unterwegs, hat sogar Stimmen gekauft. Wir müssen keinen Wahlkampf machen. Jubilee gewinnt auf diese Weise keine Stimmen dazu. Tatsächlich warten die Leute darauf, ihre Stimme abzugeben. Unsere Kampagne ist beendet und die Menschen kennen unsere Agenda.

Wir haben nicht an Momentum verloren. Wir sind uns sicher, dass unsere Mehrheit sogar noch wächst im Vergleich zum 8. August [als die ursprünglichen Wahlen stattfanden], wenn die Bedingungen fairer sind. Wir bereuen nichts. Wir können mit einer noch größeren Mehrheit gewinnen als beim letzten Mal. Jeder, der Zweifel hat, sollte die Wahlkommission und die Jubilee-Partei auffordern, Einblicke in die Wahlergebnisse vom 8. August zuzulassen. Dann wird jeder sehen, dass wir haushoch gewonnen haben. Und das nächste Mal werden wir noch erfolgreicher sein. 

Raila Odinga führt die oppositionelle Partei National Super Alliance (Nasa) an. Kenias Verfassungsgericht hatte den Wahlsieg von Amtsinhaber Uhuru Kenyatta am 8. August für ungültig erklärt. Vor wenigen Tagen gab Odinga bekannt, dass er bei den für den 26. Oktober geplanten Neuwahlen nicht mehr antreten werde.

Das Interview führte Emma Wallis in London.

 

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