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Politik

Entwicklungshilfe dürfte dramatisch sinken

14. April 2021

Die reichen Industrieländer haben 2020 Rekordsummen für Entwicklungshilfe ausgegeben, gerade auch für die Corona-Bekämpfung. Doch es droht ein deutlicher Einbruch.

Kenia Nairobi | AstraZeneca Impfstoff wird verabreicht
Impfung in einem Krankenhaus in Nairobi, KeniaBild: Ben Curtis/AP/picture alliance

Die gute Nachricht zuerst: Weltweit haben die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit mit gut 161 Milliarden US-Dollar einen neuen Höchststand erreicht. Soviel haben die westlichen Industrieländer, die sich in der Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zusammengeschlossen haben, im vergangenen Jahr aufgewendet. Vor allem der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von real, also inflationsbereinigt, 3,5 Prozent ist tatsächlich beeindruckend. Ein großer Teil davon floss als Hilfe zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an arme Länder. Das zeigt, dass die OECD-Staaten gerade während der Pandemie nicht nur an sich gedacht haben.

Weniger beeindruckend werden die Zahlen, wenn man die Covid-Mittel für arme Länder mit den Hilfen vergleicht, die die Industriestaaten zur Stützung ihrer eigenen Volkswirtschaften aufgewendet haben. "Regierungen haben weltweit im Zusammenhang mit Covid-19 Wirtschaftshilfen von rund 16 Billionen Dollar aufgelegt", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Nur ein Prozent dieses Betrags werde dafür eingesetzt, um Entwicklungsländern in der Krise zu helfen.

Mit der COVAX-Initiative will die UN einen weltweit gleichmäßigen, gerechten Zugang zu Impfstoffen erreichenBild: Amanuel Sileshi/AFP

Auch bei einem anderen Wert muss man Wasser in den Wein gießen: Der Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttonationaleinkommen (BNE) ist im vergangenen Pandemie-Jahr 2020 zwar leicht von 0,3 auf 0,32 Prozent gestiegen. Aber abgesehen davon, dass das immer noch weit vom UN-Ziel von 0,7 Prozent entfernt ist, kommt selbst die Steigerung nur durch einen besonderen Umstand zustande: Da es sich um einen Prozentsatz des BNE handelt und die Wirtschaftsleistung in praktisch allen OECD-Staaten stark eingebrochen ist, bleibt der Anteil selbst dann gleich, wenn die Entwicklungsausgaben gekürzt werden.

Deutschland erreicht zum zweiten Mal das UN-Ziel

Die OECD-Länder geben allerdings sehr unterschiedlich viel für Entwicklungszusammenarbeit aus. Nur sechs Länder erreichten das UN-Ziel von mindestens 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung: Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Großbritannien und – zum zweiten Mal nach 2016 - Deutschland.

In absoluten Zahlen steht Deutschland mit seinen Entwicklungsausgaben im Jahr 2020 weltweit an zweiter Stelle

0,73 Prozent seiner Wirtschaftsleistung gab Deutschland laut vorläufigen Zahlen 2020 für Entwicklungszusammenarbeit aus. Darin sind allerdings Ausgaben für Flüchtlinge im Inland enthalten. Rechnet man sie heraus, sind es 0,66 Prozent. Auch in absoluten Zahlen kann sich der deutsche Beitrag sehenlassen: Deutschland ist mit 25 Milliarden Euro nach den USA der zweitwichtigste Geldgeber.

"Ein Test für den Multilateralismus"

Damit zur wichtigsten schlechten Nachricht: Im kommenden Jahr werden die Hilfsgelder vermutlich dramatisch einbrechen. Denn die Geberländer dürften alle Hände voll zu tun haben, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aufzufangen. Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller, CSU, warnt für sein Land: "Die vom Finanzministerium vorgelegte Finanzplanung sieht für die kommende Jahre einen Rückgang der Entwicklungsmittel um rund ein Viertel vor. Die weltweiten Folgen der Pandemie können wir so nicht bewältigen. Denn Corona wird im nächsten Jahr nicht vorbei sein". In anderen Industriestaaten sind ähnliche Kürzungen zu erwarten.

Entwicklungshilfeminister Gerd Müller befürchtet im kommenden Jahr starke KürzungenBild: Bernd von Jutrczenka/dpa/picture-alliance

"Diese Krise ist ein ernster Test für den Multilateralismus", so OECD-Generalsekretär Gurría. Er fordert deutlich mehr Anstrengungen, um die Impfstoffversorgung der Entwicklungsländer voranzubringen. Die Impfstoff-Initiative Covax für arme Länder leide unter massiver Finanznot.

Lockdown schlimmer als das Virus?

Gerd Müller sieht in dem Virus weit mehr als eine Gefahr für die weltweite Gesundheit. Die Pandemie habe eine dramatische Wirtschafts- und Hungerkrise ausgelöst. 300 Millionen Menschen hätten ihren Arbeitsplatz verloren. "Und weil Medikamente nicht mehr ankommen, etwa für Aids, Tuberkulose oder Malaria, werden in Afrika voraussichtlich mehr Menschen an den Folgen des Lockdowns sterben als am Virus selbst. Es ist zu befürchten, dass viele Länder um Jahre in ihrer Entwicklung zurückgeworfen werden."

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