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Politik

Oettingers gefürchtete Tiraden

31. Oktober 2016

Der deutsche EU-Kommissar geriet wiederholt durch peinliche Auftritte in die Schlagzeilen. Nun werden Günther Oettinger "rassistische und homophobe" Äußerungen vorgeworfen. Und die Kritiker lassen nicht locker.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger
Bild: picture-alliance/dpa

Angesichts der großen Aufregung um seine jüngste Rede in Hamburg müht sich der CDU-Mann Günther Oettinger um Entspannung und spielt das Ganze herunter. Seine Bezeichnung der Chinesen als "Schlitzaugen" seien nur eine "saloppe Äußerung" gewesen, und "in keinster Weise respektlos gegenüber China gemeint", sagte er der Zeitung "Die Welt", die ihm mit einem Kommentar unter dem Titel "Oettingers schwäbischer Schnabel" beisprang. Dies kann die Wogen der Empörung gegen den EU-Kommissar und früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten jedoch kaum glätten. Auch mit Politikern in Belgien hat er es sich offensichtlich verscherzt.

Lässt Oettingers Rechtfertigungsversuche nicht gelten: Familienministerin Schwesig Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Oettinger wird vorgeworfen, sich in einer Rede vor dem Unternehmerverband in der Hansestadt abfällig über Chinesen, Frauen und die Homo-Ehe geäußert zu haben. Unter anderem Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig von der SPD bezeichnete dessen Bemerkungen als "rassistisch und homophob". Sie wies auch dessen Rechtfertigungsversuche wütend zurück mit der Forderung, Oettinger solle sich "ernsthaft mit seinen Statements auseinandersetzen und sie jetzt nicht kleinreden, sondern ernsthaft Position beziehen". 

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte Oettingers Wortwahl "mehr als befremdlich". Seine Rechtfertigung klinge "reichlich absurd". Linken-Fraktionsvorstandsmitglied Jan Korte sagte: "Oettinger scheint in seinem spießig-reaktionären Weltbild gefangen. Wer so drauf ist, ist als EU Kommissar völlig ungeeignet. Sein Humor ist einfach nur plump und unangebracht." 

Wallonie brüskiert 

Inzwischen wurde zudem bekannt, dass Oettinger es sich mit seinem Auftritt auch mit Politikern in Belgien verscherzt hat. Anlass sind Bemerkungen über die belgische Region Wallonie, deren Verhandlungen mit der Föderalregierung die Unterzeichnung des europäisch-kanadischen Handelspakts Ceta verzögert hatten. Oettinger sagte nach Angaben eines in Hamburg Anwesenden, die Region werde von "Kommunisten" geführt, die ganz Europa blockierten, was nicht akzeptabel sei.

Frank Compernolle, der die Wallonie und Brüssel in Wirtschaftsfragen in Hamburg vertritt, bestätigte die Aussagen, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga meldete. Er war Zuhörer bei der Veranstaltung. Frederic Masquelin, Sprecher des wallonischen Regierungschefs Paul Magnette, sagte Belga: "Wenn alles, was berichtet wird, sich als wahr herausstellt, handelt es sich um skandalöse Äußerungen, die von völliger Verachtung zeugen für unsere Region, ihre gewählten Vertreter, ihre Bürger und die Zivilgesellschaft, die sich mobilisiert hat." Er hoffe, dass die EU-Kommission Oettinger das nicht durchgehen lasse.

"Ausgezeichnet qualifiziert"

Für den Chef der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, ist Oettinger in seinem Amt nicht mehr tragbar: "Es ist peinlich, dass ein solcher Rassist und Sexist EU-Kommissar für Deutschland ist", sagte er der "Nordwest-Zeitung". Bartsch rief Bundeskanzlerin Angela Merkel auf: "Ziehen Sie diesen Mann zurück." 

Doch die Kanzlerin denkt nicht daran. Sie habe "selbstverständlich" volles Vertrauen in den EU-Kommissar, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Oettinger sei ein "ausgezeichnet qualifizierter" Kommissar. "Er gehört zu den dienstältesten Mitgliedern der Europäischen Kommission, zu den erfahrensten", und habe seine Bemerkungen inzwischen eingeordnet. Auf den Inhalt der Rede ging Seibert nicht ein.

Oettinger hatte in Hamburg Chinesen als "Schlitzaugen" bezeichnet, von einer vermeintlichen "Pflicht-Homoehe" gesprochen und durchblicken lassen, dass er glaubt, Frauen könnten ohne Quotenregelung keine Spitzenpositionen erreichen. Der EU-Kommissar wir oft als "Merkels Mann in Brüssel" bezeichnet. Er ist bislang zuständig für Digitalwirtschaft und soll nach dem Abgang einer Kollegin den Posten des EU-Haushaltskommissars übernehmen.  

SC/rb (dpa, ARD, Welt-online)

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