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KonflikteUkraine

Oleksandr Syrskyj: Neuer Befehlshaber für die Ukraine

Dmytro Kaniewski | Darko Janjevic
9. Februar 2024

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den bisherigen Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Walerij Saluschnyj gefeuert und durch Generaloberst Oleksandr Syrskyj ersetzt. Wer ist der neue Armeechef?

Ukraine | Generaloberst Oleksandr Syrskyi im Schützengraben
Generaloberst Oleksandr Syrskyj spielte eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung Kiews im Jahr 2022Bild: Vadim Ghirda/AP Photo/picture alliance

Schon seit längerem wurde damit gerechnet, dass es an der Spitze der ukrainischen Streitkräfte zu einem Personalwechsel kommen wird. Nun wurde Oleksandr Syrskyj vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum Oberbefehlshaber ernannt. Selenskyj begründete seinen Schritt mit "dringenden Veränderungen", die erforderlich seien, weil die Ukraine nicht in der Lage sei, "die Ziele des Staates am Boden" zu erreichen.

Seit dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive im Jahr 2023 war das Verhältnis des ukrainischen Präsidenten mit Walerij Saluschnyj, dem Vorgänger Syrskyjs, angespannt. Gerüchten zufolge plant Saluschnyj, in die Politik zu gehen und gegen Selenskyj anzutreten, sobald in dem vom Krieg zerrüttetem Land Wahlen angesetzt werden. Der beliebte General selbst hat jedoch nie öffentlich politische Ambitionen geäußert.

Bei der Ernennung Syrskyjs hob Selenskyj dessen Erfahrungen auf dem Schlachtfeld hervor. Sowohl während der Verteidigung Kiews zu Beginn des Krieges als auch während der Gegenoffensive im Jahr 2022 hatte Syrskyj eine wichtige Rolle gespielt.

Vor seiner Beförderung diente Syrskyj als oberster Befehlshaber der ukrainischen Landstreitkräfte. Viele sehen in ihm ein Produkt der sowjetischen Militärdoktrin, bei der mehr Wert auf die Erreichung von Zielen gelegt wird als auf den Schutz des Lebens der Soldaten.

Walerij Saluschnyj musste seinen Posten als Oberbefehlshaber der Streitkräfte räumenBild: Commander-in-Chief of Ukraine's Armed Forces/REUTERS

Im Gespräch mit der DW wies Frank Ledwidge, ein ehemaliger britischer militärischer Nachrichtenoffizier, darauf hin, dass Syrskyj bei der Truppe weniger beliebt sei, weil er eher bereit sei, das Leben der Soldaten aufs Spiel zu setzen, als Saluschnyj.

Veteran der Sowjetarmee

Syrskyj wurde 1965 in Russland, in der Nähe von Moskau, geboren. In den 1980ern besuchte er die Militärhochschule in Moskau und diente im Anschluss fünf Jahre in der Sowjetarmee. Als junger Offizier war er in der Ukraine stationiert, als die Sowjetunion im Jahr 1991 zusammenbrach. In den folgenden Jahren stieg er in den Rängen der ukrainischen Streitkräfte auf und koordinierte im Jahr 2014 die Bemühungen Kiews, die prorussischen Rebellen niederzuschlagen.

Vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hatte sich Syrskyj durch die Koordination des Rückzugs der ukrainischen Armee aus Debalzewo im Jahr 2015 Anerkennung erworben. Er hatte eine militärische Gruppe mit dem Namen "Schneeleopard" zusammengestellt, die den sich zurückziehenden Soldaten Rückendeckung gab. Für seine Verdienste wurde er mit einem Orden ausgezeichnet und erhielt eine Beförderung. 2019 folgte die Ernennung zum Befehlshaber der Armee. Der Beiname "Schneeleopard" begleitet ihn noch immer.

Als der russische Angriffskrieg begann, war Syrskyj einer der Hauptverantwortlichen für die Verteidigung Kiews gegen die russischen Truppen. Zur Einrichtung eines zweistufigen Verteidigungsrings um die Stadt empfahl er die Zerstörung von Brücken und eines örtlichen Damms. Dies machte es den Angreifern vielen Analysten zufolge extrem schwer, vorzurücken. Es gelang den russischen Truppen nicht, Kiew zu erreichen und sie wurden schließlich gezwungen, den Rückzug anzutreten. Im April 2022 wurde Syrskyj von Selenskyj der Titel "Held der Ukraine" verliehen.

Die Verteidigung von Bachmut

Auch an den erfolgreichen Gegenoffensiven von Charkiw und Cherson, bei denen es der Ukraine gelang, schnell große Teile ihres Landes zurückzuerobern, war der Generaloberst beteiligt. Im Herbst 2022 und Frühjahr 2023 unterstand Syrskyj die Verteidigung der Städte Soledar und Bachmut, die die ukrainischen Streitkräfte nach langen und verlustreichen Kämpfen schließlich aufgeben mussten.

Oleksandr Syrskyj diente bislang als Befehlshaber der LandstreitkräfteBild: Ukrainian Presidency/ZUMA Wire/IMAGO

Einige Militäranalysten zweifelten, ob die Verteidigung Bachmuts die Verluste rechtfertigte, die die ukrainische Armee dabei erlitt, doch Syrskyj ist überzeugt, dass die militärische Macht Russlands durch das Festhalten an der Stadt untergraben wurde, weil es die Söldnergruppe Wagner schwächte.

Im Gespräch mit ukrainischen Medien betonte Syrskyj im Dezember 2022, dass das ukrainische Militär sich völlig anders verhalte als die sowjetische oder auch die moderne russische Armee.

"Für die Russen sind die Menschen nur Kanonenfutter", sagte er im ukrainischen Sender 1+1. "Unser Ansatz ist völlig anders. Für uns haben die Menschen den größten Wert. Und wir vergessen die Truppen nicht. Man muss raus gehen, die Befehlshaber, die Offiziere, die Unteroffiziere, die Soldaten treffen, mit ihnen sprechen. Dann versteht man, was passiert, wie die Menschen leben, welche Probleme sie haben."

Was wird mit Syrskyj anders?

Im Moment setzen russische Angriffe die ukrainischen Streitkräfte an verschiedenen Punkten der Frontlinie, insbesondere nahe Donezk, stark unter Druck. Die Beförderung von Syrskyj könne für die Ukraine eine "große strategische Veränderung" bedeuten, meint Militärexperte Ledwidge im Gespräch mit der DW. 

Ukraine: Russland rückt langsam auf Awdijiwka vor

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"Ich habe keine Zweifel, dass Syrskyj in diesem Moment darauf drängt, so lange wie möglich an der Stadt Awdijiwka festzuhalten, egal wie hoch die Kosten sein mögen. So wie er es in Bachmut getan hat, was in meinen Augen und in denen vieler anderer ein großer Fehler war", sagt Ledwidge.

Gegenüber dem deutschen Sender ZDF erklärte der Militärexperte Nico Lange, dass sich Syrskyj eher auf eine nachhaltige Verteidigung konzentrieren werde. "General Syrskyj ist jemand, der die russischen Streitkräfte sehr gut kennt. Meine Interpretation ist, dass es in dieser Lage, in der die Ukraine im Osten sehr unter Bedrängnis steht, darauf ankommt, jemanden zu haben, der in der Verteidigung sehr gut ist", sagte Lange.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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