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Olympia – ein Wachstumsschub für Berlin?

Dorothea Topf23. Februar 2015

Die Berliner Wirtschaft steht geschlossen hinter der Olympia-Bewerbung. Sie erhofft sich einen Wachstumsschub für die Stadt und die Unternehmen.

Das Brandenburger Tor leuchtet für Olympia in Berlin
Bild: Schwarz/AFP/Getty Images

Mit rund zwei Millionen Euro unterstützen Berliner Unternehmen die Bewerbung und bekennen sich klar dazu, die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 in die Stadt zu holen: "Was man weiß, ist, dass es den Markenwert Berlins nach oben treibt und das ist fast unbezahlbar", sagt Stefan Franzke, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Technologieförderung Berlin Partner.

Die Wirtschaftsverbände sehen die Olympischen Spiele als gewaltigen Jobmotor, der Arbeitsplätze verspricht, auf die die Unternehmen auf keinen Fall verzichten wollen. Damit unterstützen sie den Berliner Senat, der mit einer großen Werbekampagne versucht, die bisherige Zurückhaltung der Berliner in Zustimmung zu verwandeln.

Bis zu 65.000 neue Jobs

Während sich der andere Bewerber Hamburg bisher mit konkreten Zahlen zurückhält, haben Berliner Wirtschaftsverbände erste Prognosen vorgelegt, was die Spiele brächten. Bau, Hotellerie und Handel sehen sich erwartungsgemäß als Gewinner. Allein in der Baubranche und bei den Zulieferern könnten zwischen 30.000 und 40.000 Arbeitsplätze entstehen.

Das Hotel- und Gaststättengewerbe rechnet mit 20.000 zusätzlichen Jobs. Schon jetzt seien 30 Hotelprojekte geplant, die bis 2018 abgeschlossen sein sollen. Der Einzelhandel erwartet bis zu 5000 neue Arbeitsplätze: "Unser Geschäft lebt von Emotionen. Sieben Jahre vor den Olympischen Spielen beginnt der Hype. Schon die Vorbereitungsphase sieht positiv aus", sagt Günter Päts vom Handelsverband Berlin-Brandenburg. Olympische Spiele brächten mehr Besucher und neue Kaufkraft, davon werde der Fachhandel im Stadtzentrum noch lange nach den Sommerspielen profitieren.

Hauptstadt der Schulden

Als Austragungsort der Olympischen Spiele könnte sich die für ihre Finanzprobleme berüchtigte deutsche Hauptstadt neue Einnahmequellen erschließen. Die Arbeitssenatorin von Berlin, Dilek Kolat, sieht "eine enorme Chance" und ein "einzigartiges Investitionsprogramm" in Sportstätten, Straßen und den Nahverkehr für das mit rund 60 Milliarden Euro verschuldete Land Berlin.

Das Olympiastadion in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Dazu kämen 5000 Wohnungen im Olympia-Dorf nach Schließung des Flughafens Tegel. Die Stadt steht vor der Herausforderung, dass Berlin um 40.000 Einwohner im Jahr wächst - nach zehn Jahren entspricht das etwa einem neuen Bezirk. Die Infrastruktur muss ohnehin erneuert und erweitert werden. Die Berliner Verantwortlichen hoffen auf Milliardenbeträge vom IOC und eine großzügige Beteiligung des Bundes. Dilek Kolat: "Was der Stadt danach bleibt, sind sanierte Spielstätten für den Schul- und Breitensport, die es aus dem Landeshaushalt so nicht geben würde."

Vor Euphorie warnt dagegen das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), denn die Kosten ließen sich noch gar nicht beziffern. "Berlin hat noch nie das Problem gehabt, dass zu viele Bedenken geäußert wurden, was die wirtschaftliche Entwicklung oder die Ausgaben des Landes anbelangte, sondern Berlin hat bereits über Jahrzehnte das Problem, dass bedenkenlos Geld ausgegeben wird", kommentiert der Ökonom Karl Brenke.

Für das hoch verschuldete Berlin verbiete sich der "Luxus von Olympia", denn die Stadt hänge schon jetzt am Tropf des Bundes und anderer Bundesländer. Dass die Spiele einen Investitionsschub auslösen würden, den es sonst nicht gäbe, stimme so nicht: "Man kann auch Geld ausgeben ohne Olympia. Man kann jetzt schon in Hamburg oder Berlin die Straßen sanieren oder Wohnungen bauen, alles unabhängig von Olympia. Bei Olympia bedeutet es nur, dass ich noch zusätzliches Geld aufwenden muss für die Erschließung von Sportgebieten und die Errichtung von Sportanlagen."

Weltoffene Sportmetropole

Doch Tatsache ist, in Berlin steht bereits die Hälfte der Olympia-Wettkampfstätten. "Es gibt ein Konzept, wo die vorhandenen Spielstätten genutzt werden. Und wenn beispielsweise die Ruderer keine Sportstätten in Berlin haben, dass man dann ausweicht auf Spielstätten, die schon im Umland in Brandenburg vorhanden sind", sagt Stefan Franzke von Berlin Partner. Schon heute hat die Stadt Hotels im Überfluss. Und sie hat mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 Geschichte geschrieben. Sechs Weltmeisterschaftsspiele fanden im Berliner Olympiastadion statt und präsentierten ein lockeres, gastfreundliches Deutschland.

Werben für Olympia: Maskottchen von Berliner VereinenBild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

An das "Sommermärchen" will die Berliner Wirtschaft anknüpfen. 180 Nationen leben heute in Berlin. Die Tourismusbranche feiert traumhafte Zahlen: fast zwölf Millionen Gäste im vergangenen Jahr. Für dieses Jahr rechnet der Hotel- und Gaststättenverband mit 30 Millionen Übernachtungen. Mit einem "Sportfest der Kulturen", so Dilek Kolat, könne die Hauptstadt zeigen, wofür sie stehe - für Internationalität, Freiheit und ein friedliches Miteinander.

Klar ist aber auch, zunächst müsste sich Berlin gegen Hamburg als Konkurrenten im eigenen Land durchsetzen. Am 21. März 2015 entscheidet der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), ob er sich mit Berlin oder Hamburg um die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 und 2028 bewirbt. Der Sieger dieser Vorausscheidung tritt dann gegen weitere internationale Bewerber wie Boston, Paris, Istanbul oder Rom an.

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