1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Olympiaschwimmer Maso sieht Bedarf für bessere Integration

Jonathan Crane
26. August 2025

Der Schwimmer Alaa Maso floh 2015 aus Syrien und kam - wie Millionen andere - nach Deutschland. Nach seiner Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris 2024 beantragt Maso nun die deutsche Staatsbürgerschaft.

Der syrische Schwimmer Alaa Maso mit seinem Startsprung im 50-Meter-Freistil-Vorlauf der Olympischen Spiele 2021 in Tokio
Der syrische Schwimmer Alaa Maso startet bei Paris 2024 zum zweiten Mal für das olympische Flüchtlingsteam Bild: Kyodo/picture alliance

Schwimmer Alaa Maso hatte nie geplant, nach Deutschland zu kommen. Heute - fast zehn Jahre nach seiner Ankunft - ist es nun das Land, das er zu seiner dauerhaften Heimat machen möchte. Maso stammt aus Syrien. 2015 kam er gemeinsam mit etwa 1,2 Millionen anderen Asylsuchenden nach Deutschland, das im Zuge einer Migrationskrise seine Türen für syrische Flüchtlinge öffnete.

"Ich glaube nicht, dass Heimat dort ist, wo man aufgewachsen ist oder wo man geboren wurde", sagte Maso im vergangenen Jahr bei einem Gespräch mit der DW an seinem Trainingsstützpunkt in Hannover. "Ich glaube einfach, dass Heimat dort ist, wo man sich zu Hause fühlt. Dieses Gefühl bekommt man von den Menschen, die einen umgeben."

Maso war schon in seinem Heimatland Sportler. Nach seiner Flucht trat er bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und 2024 in Paris für das Refugee Olympic Team an.

Bürgerkrieg in Syrien als Karrierebremse

Als 2015 der Bürgerkrieg in seiner Heimat tobte, sah Maso keine andere Möglichkeit, als das Land zu verlassen, aber er wollte seine Karriere im Schwimmsport fortsetzen. Der 25-Jährige stammt aus Aleppo, einem der Hauptschauplätze des Syrien-Kriegs. Monatelang konnte er damals nicht trainieren.

Wie hunderttausende andere Flüchtlinge kam Alaa Maso 2015 mit seinem Bruder nach DeutschlandBild: Sean Gallup/Getty Images

Daher nahm Alaa Maso schließlich gemeinsam mit seinem älteren Bruder Mo, einem Triathleten, die lange und beschwerliche Reise von Syrien über die Türkei nach Europa auf sich.

Ursprünglich wollten sich die Brüder mit einigen anderen Familienmitgliedern in den Niederlanden niederlassen. Da ihnen aber bei der Durchreise durch Deutschland Fingerabdrücke abgenommen wurden, mussten ihre Asylanträge aufgrund von EU-Vorschriften auch in Deutschland bearbeitet werden.

Durch die Flucht ging wertvolle Zeit für den Sport verloren. "Das kann man nie wieder aufholen", sagt Maso. "Die vier Jahre, in denen ich gar nicht oder kaum trainieren konnte, gehören zu den wichtigsten Jahren im Leben eines Schwimmers. Hier werden die Grundlagen gelegt, die Basis für alles, was danach noch kommt."

Erster Olympia-Start 2021 in Tokio

Maso war vier Jahre alt, als sein Vater ihm das Schwimmen beibrachte. Später, inspiriert von US-Superstar Michael Phelps und dessen acht Goldmedaillen bei Olympia 2008 in Peking, setzte sich Maso das Ziel, eines Tages selbst bei Olympischen Spielen zu starten. "Von diesem Tag an wollte ich dabei sein", sagt er. "Das ist die Bühne, auf der jeder Schwimmer gerne stehen will."

Masos Traum erfüllte sich 2021. Er wurde für das olympische Flüchtlingsteam ausgewählt, das bei den Spielen in Tokio an den Start ging. Erstmals trat ein solches Team 2016 in Rio de Janeiro an. Das Internationale Olympische Komitee hatte zuvor beschlossen, Vertriebenen die Möglichkeit zu geben, an olympischen Wettkämpfen teilzunehmen, wenn sie aufgrund der Situation in ihren Heimatländern nicht dazu in der Lage sind.

Ein Augenblick der Eröffnungsfeier in Tokio verbreitete sich rasant in den sozialen Medien: Maso, Mitglied des Flüchtlingsteams, umarmte seinen Bruder Mo, der trotz seiner Flucht nach Deutschland beim olympischen Triathlon für sein Geburtsland Syrien antrat.

"Nur weil er bessere Verbindungen zum syrischen Verband hatte als ich", sagt Maso der DW. "Ich sehe das nicht als eine politische Positionierung oder Unterstützung für irgendeine Seite in Syrien."

Während Mo inzwischen zurückgetreten ist, ging Alaa auch bei den Olympischen Spielen in Paris für das Flüchtlingsteam an den Start und wollte in diesem Sommer an den Schwimm-Weltmeisterschaften in Singapur teilnehmen, wurde aber von einer Verletzung ausgebremst.

Deutsche Staatsbürgerschaft, aber Start für Syrien?

Nach dem Sturz von Bashar al-Assad Ende 2024 hatte Maso die Gespräche mit dem syrischen Schwimmverband wieder aufgenommen, um das Land möglicherweise wieder bei Wettkämpfen zu vertreten - eine Entscheidung steht jedoch noch aus. Trotz des Regimewechsels hat er allerdings keine Rückkehr nach Syrien vor, das sich weiterhin in einem Zustand der Unruhe befindet.

Tatsächlich hat Maso die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Seine Bewerbung erhält starke Unterstützung, darunter ein Schreiben des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, in dem Alaas Beiträge gewürdigt werden - insbesondere seine Rolle bei der Unterstützung der Integration anderer Geflüchteter durch Sport und Gemeinschaftsarbeit.

Alaa Maso will die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen - und auch für Deutschland schwimmenBild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Integration ist ein Thema, über das Maso intensiv nachgedacht hat - gerade in einer Zeit, in der in Deutschland eine zunehmend migrationskritische Stimmung herrscht. Diese Stimmung wurde bei der Bundestagswahl im Februar 2025 in Zahlen belegt, als die in Teilen rechtsextremistische Partei Alternative für Deutschland (AfD) mit 20,8 Prozent der Stimmen den zweiten Platz belegte.

Mehr Hilfe für Flüchtlinge bei der Integration

Zunächst zögerte Maso, sich Monate vor der Wahl in die politische Debatte einzumischen, bevor er schließlich eindrucksvoll darlegte, was seiner Meinung nach geschehen muss.

"Es müssen Workshops für neue Flüchtlinge durchgeführt werden, um ihnen die neue Kultur, in die sie eintreten wollen, zu vermitteln", sagt der Schwimmer. "Ich sage nicht, dass diese Menschen ihre Kultur oder ihren Hintergrund aufgeben solle. Aber sie sollten auch versuchen, sich in die neue Gesellschaft zu integrieren, in der sie zu leben versuchen."

Niemand komme nach Deutschland, um dort nur ein oder zwei Jahre zu leben. "Man versucht, sich ein neues Leben aufzubauen, und das ist ein sehr langer Prozess."

Keine Angst trotz erstarkter AfD

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel hat sich nicht gescheut, "groß angelegte Rückführungen" derjenigen zu fordern, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind. "Und ich muss ehrlich zu Ihnen sein: Wenn es Remigration genannt werden soll, dann ist es eben Remigration", sagte sie auf einem Parteitag kurz vor der Wahl.

Obwohl Deutschlands andere große Parteien seit dem Zweiten Weltkrieg traditionell eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten ablehnen, hat sich diese sogenannte "Brandmauer" in den letzten Jahren abgeschwächt. Sollte ein Plan wie der von Weidel jemals umgesetzt werden, könnte Maso gezwungen sein, das Land zu verlassen - sofern er bis dahin nicht eingebürgert ist. Doch er betont, dass er keine Angst habe.

Die AfD wirbt um Wählerstimmen mit dem Versprechen, Ausländer aus Deutschland auszuweisenBild: dts-Agentur/dpa/picture alliance

"Ich weiß, dass eine Partei, egal wie groß sie ist oder wie viele Sitze sie hat, nicht alles allein entscheiden kann", sagt der syrische Flüchtling. "Das ist das Gute an Europa und der Demokratie dort: Nur weil man Regierungspartei ist, kann man nicht einfach alles machen, was man will."

Trotz des schwierigen politischen Klimas blickt Maso optimistisch in seine eigene Zukunft. Sollte ihm die Einbürgerung gelingen - würde er dann gerne für Deutschland, sein neues Heimatland, antreten? 

"Damit hätte ich absolut kein Problem", antwortet Alaa Maso.

Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original "Olympic swimmer sees need for better Germany integration" adaptiert und am 23. Juli 2024 vor den Olympischen Spielen in Paris erstmals veröffentlicht. Zum Jahrestag des Ausspruchs "Wir schaffen das", der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde er am 26. August 2025 aktualisiert.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen