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Olympische Spiele in Paris: Sicherheit auf dem Prüfstand

22. Dezember 2023

Eine Weltstadt als Hochsicherheitstrakt: Paris rüstet sich für die olympischen Spiele mit ungeahnten Sicherheitsmaßnahmen. Sie sollen die Gefahr minimieren und Terroristen abschrecken. Doch das Konzept stößt auf Kritik.

Frankreich Sicherheitskräfte, im Hintergrund der Eiffelturm
Terrorwarnung als Dauerzustand: Paris in den Monaten vor den olympischen SpielenBild: Delphine Goldsztejn/MAXPPP/dpa/picture alliance

Unbeschwert flanieren an einem Sommerabend entlang der Seine? Vielleicht ein Abstecher zum Eiffelturm? Während der olympischen Spiele in Paris wird das kaum möglich sein. Zu streng sind die Sicherheitsvorkehrungen. Die Stadt wird in Bezirke aufgeteilt. Besucher und sogar Anwohner werden QR-Codes brauchen, um Polizeisperren passieren zu dürfen. Der Verkehr wird stark eingeschränkt, U-Bahn-Stationen gesperrt. Wer Besucher in den Sperrgebieten empfängt, wird diese wohl registrieren lassen müssen. 

"Einige der Maßnahmen sind äußerst unpopulär, viele Pariser sind deswegen überhaupt nicht glücklich, dass die Spiele in ihrer Stadt stattfinden", erklärt Sicherheitsexperte Mathieu Zagrodzki der DW. Der Politikwissenschaftler forscht zum Thema Innere Sicherheit an der Universität von Versailles und spricht von einer "riesigen Herausforderung" für die Sicherheitsorgane in der französischen Hauptstadt. Diese versuchen indes die Anwohner mit Erklärvideos in Sozialen Netzwerken auf die Restriktionen und großflächige, KI-gestützte (künstliche Intelligenz) Videoüberwachung im kommenden Sommer einzustimmen. 

Doch trotz extremer Sicherheitsvorkehrungen seien unbeschwerte Spiele möglich, glaubt Sylvia Schenk. Die ehemalige Leichtathletin war als Funktionärin bei etlichen Sommerspielen präsent. Als Athletin erlebte sie den Terror gegen die israelischen Sportler 1972 in München hautnah mit. Dass sich die Geschichte von damals wiederholt, erwartet sie nicht. "Das sollten die französischen Sicherheitskräfte verhindern können", erklärt sie im Gespräch mit der DW, "das war ein gezielter Anschlag auf das israelische Team bei den Spielen, kein Terror gegen Publikum oder andere". Einige Szenarien bereiten ihr dagegen schon Sorgen. Verstärkt durch den Konflikt im Nahen Osten gebe es "in fast allen Ländern verschärfte Warnungen vor terroristischen Anschlägen".

Islamistischer Terror: Frankreich mehrfach betroffen

Frankreich war auch ohne Olympia schon häufiger Schauplatz von Terror. Ob bei den großen Anschlägen in Nizza oder Paris oder anderen Attacken wie zuletzt Anfang Dezember. Ein deutscher Tourist wurde bei einer mutmaßlich islamistisch motivierten Tat nahe des Eiffelturms getötet. Zwei weitere Personen verletzte der Angreifer zudem mit einem Hammer. Die Tat gab der Sicherheitsdebatte um Olympia neue Nahrung. 

Hält an Planungen fest: Frankreichs Sportministerin Amelie Oudea-CasteraBild: Geoffroy van der Hasselt/AFP7Getty Images

Vor allem die spektakuläre Eröffnung steht dabei im Fokus. Erstmals in der Geschichte soll die Zeremonie nicht in einem Stadion stattfinden. Stattdessen geht es für die Athletinnen und Athleten auf Booten quer durch die französische Metropole zwischen der Pont d'Austerlitz und der Pont d'Iena - rund sechs Kilometer, die es zu sichern gilt, mit mehr als einer halben Million Zuschauer entlang der Ufer. "Dafür werden 40.000 Polizisten und rund 20.000 private Sicherheitskräfte im Einsatz sein. Dazu noch Unterstützung durch das Militär", betont Zagrodzki.

Kritikern, die wegen des enormen Aufwands eine Verlegung fordern, erteilt Frankreichs Sportministerin Amelie Oudea-Castera eine Absage: "Wir haben keinen Plan B, wir haben einen Plan A, in dem es mehrere Pläne B gibt", sagte sie in einem Radiointerview. Je nach Bedrohungslage könne man reagieren, zum Beispiel indem man die Zahl der Zuschauer absenkt. 

Frankreichs Polizei: Fehler in der Vergangenheit

Für Zagrodzki bietet Olympia den französischen Sicherheitskräften die Chance, ihren ramponierten Ruf aufzupolieren: "Frankreich hat nicht das positivste Image, was den reibungslosen Ablauf von Sportveranstaltungen angeht." Das Fehlverhalten der Polizei rund um das Champions-League-Finale 2022 im Stade de France wirke nach. "Das Problem ist, dass die französische Polizei bisher große Gruppen von Fans, speziell im Sport, nicht als Gäste einschätzt, die es zu leiten und begleiten gilt, sondern als Gefahr." Ruppiges Vorgehen sei die Folge. Stattdessen müsse sich die Kommunikation der Einsatzkräfte verbessern, fordert Zagrodzki. "Die internationalen Beobachter werden genau darauf achten, wie das gehandhabt werden wird."

Sylvia Schenk, ihres Zeichens Juristin, wird dazu gehören. Von Sicherheitsbedenken lässt sie sich nicht abhalten. "Ich habe ein Ticket für die Leichtathletik und werde deshalb nach Paris fahren. Wir dürfen uns vom möglichen Terror nicht unsere Freiheit nehmen lassen", sagt sie.

Viele Pariser werden ihre Freiheit wohl anders interpretieren, da ist sich Mathieu Zagrodzki sicher. Angesichts von erwarteten 15 Millionen Besuchern im Großraum der französischen Hauptstadt und den Einschränkungen aufgrund der Sicherheit werden viele Bewohner das Weite suchen. "Von allen Seiten höre ich: das wird die Hölle!", berichtet er. "Viele wollen deswegen ihr Appartement teuer vermieten und verreisen, bis Olympia vorbei ist."

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