Die Renaissance des Oman
18. Januar 2011Seine günstige Lage auf dem Weg nach Indien macht den Oman schon früh zum Gegenstand der Begehrlichkeit für europäische Mächte: Die Portugiesen setzen sich dort fest, bis sie wieder vertrieben werden, die Niederländer unterhalten dort einen wichtigen Handelsposten, besonders aber die Briten bauen die Gegend im Südosten der Arabischen Halbinsel zu einem strategisch wichtigen Posten aus. Obwohl Oman einst die führende Seefahrernation im Indischen Ozean war, die Handelswege bis China und Ostafrika kontrollierte und auch auf Sansibar herrschte, gerät das Sultanat immer mehr in die Abhängigkeit von Großbritannien.
Vom Sohn zum Sultan
In dieser Situation kommt Sultan Said Ibn Taimur 1932 im Alter von 22 Jahren an die Macht. Ein Herrscher, der sein Land trotz der engen Bindung an die Briten von der Außenwelt isoliert, einen veraltenen traditionellen Lebensstil - bis hin zur Sklaverei - praktiziert und jeden gesellschaftlichen wie technologischen Fortschritt verhindert. Der frühere Oberarzt Don Bosch erinnert sich: "Wir mussten zum Beispiel ein Jahr im Voraus planen, welche Medikamente im Krankenhaus gebraucht würden. Wir mussten alles ein Jahr früher haben, weil wir nie wussten, wie lange die Lieferung brauchen würde“.
Immerhin folgt der Sultan aber dem Rat der Briten und schickt seinen einzigen Sohn, Qaboos, zur Ausbildung nach England. Ein verhängnisvoller Fehler für den Vater: Nach Beendigung der Militärakademie von Sandhurst und einem Aufenthalt bei der britischen Rheinarmee in Deutschland kehrt Qaboos 1970 in die Heimat zurück und fordert - gemeinsam mit anderen fortschrittlich Gesinnten - den Rücktritt des Vaters. Nach kurzem Widerstand gibt dieser auf und wird ins Londoner Exil geschickt, wo er zwei Jahre später stirbt. Für das Sultanat beginnt die Zeit des Aufschwungs und der Wiedergeburt. "Ich werde mein Bestes tun, um euch so rasch wie möglich ein glückliches Leben zu ermöglichen mit einer strahlenden Zukunft", sagt Sultan Qaboos dem Volk. "Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir aber die Hilfe eines jeden einzelnen."
Modernisierung an oberster Stelle
Der neue Sultan schlägt den Aufstand von Dhofar nieder und kümmert sich in den kommenden Jahren intensiv um die Entwicklung dieser Region. Straßen werden durch das Land gebaut, Schulen und Krankenhäuser errichtet und omanische Experten ins Land zurückgerufen, unter anderem aus Sansibar. Internationale Berater werden ins Land geholt, auch aus Deutschland, dem der Sultan eng verbunden ist.
Unter Qaboos öffnet sich das Land, ohne jedoch seine Eigenart aufzugeben. Tourismus wird gefördert, gleichzeitig wird aber das kulturelle Erbe gepflegt und auch Naturschutz betrieben. Es werden Altertümer restauriert und neue Wohnsiedlungen gegründet. Umfangreiche Pläne zur Diversifizierung werden entwickelt, die Oman auf die Zeit nach den Öl- und Gas-Einkünften vorbereiten sollen. Seit Jahren schon bereiten Berufs- und Fachschulen Omanis auf normale Berufe vor: Alles unter dem Motto der "Omanisierung".
Eine weitere wichtige Entscheidung wird gefällt: Frauen werden per Gesetz den Männern gleichgestellt. Das ehemalige Mitglied der parlamentsähnlichen "A-Shura", Shuroor Mohammed Al-Ghammary sagt, dass es kein Gesetz gebe, dass Frauen daran hindere zu tun, was sie wollen. Sei es in den Ministerien, in der Bildung oder sonst wo.
Gegen Extremismus
Auch außenpolitisch steuert der Oman unter Qaboos auf einen nahezu neutralen Kurs. Das Sultanat pflegt gute Beziehungen zu all seinen Nachbarn, inklusive Saudi-Arabien und Iran. Auch das Verhältnis zu den USA und Großbritannien kann sich sehen lassen. Radikalität jeder Art lehnt Sultan Qaboos ab: "Extremismus, unter welchem Deckmantel auch immer, Fanatismus gleich welcher Art, wie auch Voreingenommenheit: Dies alles wären giftige Pflanzen, die wir in unserem Land nicht gedeihen lassen werden“.
Im Inneren kümmert der Sultan sich viel um kulturelle Fragen, er hat sogar ein Symphonie-Orchester gegründet. Eine Demokratie ist Oman unter Sultan Qaboos aber nicht geworden. Die Frage nach Demokratie pflegte ein alter britischer Regierungsberater in der Hauptstadt Maskat souverän von sich zu weisen: "Dies ist keine Demokratie. Wir brauchen keinen Demokraten, sondern einen gütigen Autokraten".
Autor: Peter Philipp
Redaktion: Diana Hodali