Über sein Leben ist nicht viel bekannt, doch aus seinen Bildern lässt sich einiges ablesen. Eine Schau in Wien zeigt die Werke des Renaissance-Malers Pieter Bruegel des Älteren und präsentiert neue Forschungsergebnisse.
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Pieter Bruegel: Once in a Lifetime
Das Kunsthistorische Museum Wien hat anlässlich des 450. Todestages von Pieter Bruegel dem Älteren eine umfassende Ausstellung seiner Werke organisiert. Zu sehen sind drei Viertel aller erhaltenen Gemälde.
Bild: Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam Photographer: Studio Tromp, Rotterdam
Der Turmbau zu Babel
Bruegel war schon zu Lebzeiten ein begehrter Künstler. "Der Turmbau zu Babel" ist eines seiner bekanntesten Gemälde. Dieses Bild hängt normalerweise in Rotterdam. Es gibt allerdings noch eine zweite Fassung, die in Wien beheimatet ist. In der großen Bruegel-Schau werden die beiden Kunstwerke erstmals gemeinsam ausgestellt. Ein Unterschied: Das Wiener Bild ist etwa viermal so groß.
Bild: Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam Photographer: Studio Tromp, Rotterdam
Der Selbstmord Sauls
Für die Ausstellung in Wien wurden vier Kunstwerke eigens restauriert. Darunter auch das Bild "Der Selbstmord Sauls" - ein kleinformatiges Gemälde, das zuvor noch nie restauratorisch behandelt wurde. Das Werk dokumentiert, dass Pieter Bruegel auch die Miniaturmalerei beherrschte. "Da ist eine unglaubliche Präzision in der kleinsten Dimension", so Sabine Haag vom Kunsthistorischen Museum Wien.
Bild: KHM-Museumsverband
Die Kreuztragung Christi
Dieses Bild bekommt in der Ausstellung einen besonderen Platz: Es wird ohne Rahmen gezeigt - und von beiden Seiten. "Uns war das wichtig, weil nicht nur die Vorderseite eines Bildes aussagekräftig sein kann, sondern auch die Rückseite", sagt Sabine Haag. In diesem Fall sieht man, wie dünn die Holztafeln tatsächlich sind - nämlich nur 4-5 Millimeter, stabilisiert mit einem Holzlattenrost.
Bild: KHM-Museumsverband
Der Hafen von Neapel
Während seiner Italien-Reise kam Pieter Bruegel auch nach Neapel. Das Bild entstand allerdings erst zehn Jahre später. Die Zuschreibung des Gemäldes an Bruegel war lange sehr umstritten. Erst jetzt - nach der Restaurierung - haben sich die Kuratoren der Ausstellung dazu entschlossen, das Bild definitiv ihm zuzuschreiben.
Bild: Galleria Doria Pamphilj
Zwei angekettete Affen
Zwei kleine Affen sitzen angekettet in einem Mauerbogen, im Hintergrund ein Fluss und die Hafenstadt Antwerpen. Mit Hilfe von technologischen Untersuchungen konnten die Forscher die einzelnen Phasen der Bildentstehung rekonstruieren: über die Grundierung, die Vorzeichnungen bis hin zu den verschiedenen Farbschichten.
Bild: Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie/Christoph Schmidt
Jäger im Schnee
Auch dieses Bild wurde eingehenden Untersuchungen unterzogen. "Es ist das erste Winterbild der europäischen Kunstgeschichte", sagt Sabine Haag - und eines ihrer Lieblingsbilder. Bei der Analyse hat sich herausgestellt, dass Veränderungen im Bild vorgenommen wurden. Unter anderem sind ein Jäger und ein Hund später hinzugekommen.
Bild: KHM-Museumsverband
Bauernhochzeit
Bruegel wurde bisweilen auch als "Bauern-Bruegel" bezeichnet. Zu Unrecht, finden die Wiener Ausstellungsmacher. Mit der Schau wollen sie auch die thematische Breite des Künstlers zeigen. "Er kannte das humanistische Gedankengut, er reiste nach Italien, er hat sich mit gesellschaftlichen Themen auseinandergesetzt, mit Religion. Er ist mehr als der Abbilder des bäuerlichen Lebens", so Sabine Haag.
Bild: KHM-Museumsverband
Die Imker
In einer fein gezeichneten Landschaft hantieren drei Imker in eigenartiger Schutzkleidung
mit ihren offenbar leeren Bienenkörben. Ein rätselhaftes Bild, das sich einer eindeutigen Deutung zu entziehen scheint. Die Zeichnung ist eine Leihgabe der Staatlichen Museen zu Berlin, sie ist normalerweise im Kupferstichkabinett zu sehen.
Bild: Foto: Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz Fotograf/in: Jörg P. Anders
Triumph des Todes
Stilistisch wird Bruegel oft mit Hieronymus Bosch verglichen. Auf diesem Gemälde geht es schaurig zu: Überall sterben Menschen, Skelette scheinen die Herrschaft zu übernehmen.Es gibt keinen Trost, keine Erlösung, keinen Hinweis auf einen rettenden Gott. Entstanden ist das Bild vermutlich um 1562. Normalerweise hängt es im Prado in Madrid. In Wien ist es bis zum 13. Januar 2019 zu sehen.
Bild: Museo Nacional del Prado
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Sechs Jahre Vorbereitungszeit - das hat man als Museum nicht oft. "Es war ein seltener Glücksfall", bestätigt auch Sabine Haag, die Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien. Ausgangspunkt für die aktuelle Pieter Bruegel-Ausstellung sei ein Forschungsprojekt gewesen, das 2012 begonnen habe. Die Holztafeln, auf denen der berühmte Renaissance-Künstler gemalt hat, sollten restauriert werden. In der Sammlung des Wiener Museums befinden sich 12 der insgesamt 40 erhaltenen Gemälde von Pieter Bruegel dem Älteren, der um 1522/1530 geboren wurde und 1569 in Brüssel starb.
Neue Erkenntnisse dank technologischer Hilfsmittel
Man begann zunächst damit, die Bildträger zu untersuchen, erzählt Sabine Haag. Dabei kamen verschiedene Technologien zum Einsatz, beispielsweise nutzte man Infrarotfotografie, um Unterzeichnungen unter den Malschichten sichtbar zu machen, oder Röntgenaufnahmen, um den Bildträger - zum Beispiel das bemalte Holz -, die Grundierung und die verwendeten Farbpigmente zu untersuchen. "Es war äußerst spannend zu sehen, wie Bruegel gearbeitet hat: Hat er die Tafel normal grundiert, hat er Vorzeichnungen gemacht, gibt es Änderungen etc.. Die Untersuchungen ergaben etwa, dass unter den Malschichten, weitgehend verborgen, Zeichnungen liegen, die bisher kaum erforscht sind."
Die Restauratoren konnten so den Entstehungsprozess des jeweiligen Bildes nachvollziehen, was nicht nur zu einem bessern Verständnis des Künstlers beiträgt, sondern auch wichtige Erkenntnisse liefert, um Konservierungs- und Restaurierungsfragen präziser angehen zu können.
Großer Zuspruch für die Ausstellung
Die Ergebnisse waren so zahlreich, dass die Idee einer großen Pieter Bruegel-Schau entstand. Die Resonanz bei den internationalen Leihgebern war groß. "Wir bekommen rund 30 der insgesamt 40 erhaltenen Gemälde, dazu die Hälfte aller erhaltenen Zeichnungen und Druckgrafiken. Insgesamt kommen wir auf rund 90 Arbeiten von Pieter Bruegel in dieser Ausstellung, das ist schon sehr ungewöhnlich. Das haben wir gar nicht zu hoffen gewagt", so Sabine Haag.
Zumal der Transport der Kunstwerke keine einfache Aufgabe ist. "Holztafeln sind normalerweise sehr heikel, sehr fragil. Sie sind beispielsweise sehr anfällig, was Klimaschwankungen und Feuchtigkeitsveränderungen anbelangt. Das muss man immer abwägen: Will man die Holztafeln einem Transport, einer Ortsveränderung aussetzen?“
Das Ergebnis ist eine Ausstellung, in der so viele Bilder von Pieter Bruegel an einer Stelle versammelt sind wie nie zuvor. "Viele der Bilder waren seit über 200 oder 300 Jahren nicht mehr zusammen, obwohl sie ursprünglich vielleicht eine Serie gebildet haben", erklärt Sabine Haag. "Das ist eine 'Once in a Lifetime'-Möglichkeit."
Digitale Aufarbeitung
Pieter Bruegels Bilder sind sehr detailreich, manch einen erinnern sie an die heutigen Wimmelbilder, die nicht nur Kinder gerne anschauen. Auf der Webseite www.insidebruegel.net, die parallel zur Ausstellung frei zugänglich online geht, gibt es die Möglichkeit, der Welt Pieter Bruegels digital einen Besuch abzustatten. Dort kann man abtauchen in die Bilderwelt des Künstlers und sich auch in einzelne Gemälde hineinzoomen. Was der große Meister wohl dazu gesagt hätte? Möglichkeiten, die für ihn in jeder Hinsicht unvorstellbar gewesen sein müssen.
Die Ausstellung "Bruegel" anlässlich des 450. Todestages von Pieter Bruegel dem Ältern ist vom 2. Oktober 2018 bis zum 19. Januar 2019 im Kunsthistorischen Museum in Wien zu sehen.