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KriminalitätAsien

Komplexer Kampf gegen Online-Betrüger in Südostasien

17. Mai 2025

Trotz jüngster Razzien gewinnen Online-Betrugssyndikate in Südostasien weiter an Macht und Einfluss. Die UN versucht, eine gemeinsame Front gegen grenzüberschreitende kriminelle Netzwerke aufzubauen.

Rund 250 Personen aus 20 Nationen wurden im Februar aus mutmaßlichen Scam-Zentren in Myanmar befreit. Auf dem Bild gehen mehrere von ihnen in bereitstehende Busse der Behörden.
Rund 250 Personen aus 20 Nationen wurden im Februar aus mutmaßlichen Scam-Zentren in Myanmar befreit Bild: Royal Thai Army, by Army Spokesperson/dpa/AP/picture alliance

Kriminelle Netzwerke bauen die ohnehin bereits milliardenschwere asiatische Cyberscam-Industrie immer weiter aus. Das stellt nun ein aktueller Bericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) fest.

Diese Verbrechersyndikate entwickelten sich ständig weiter, sagt Benedikt Hofmann, stellvertretender UNODC-Regionalvertreter für Südostasien und den Pazifik. "Wir sprechen von organisierter Kriminalität mit hoher Raffinesse und der Fähigkeit zur Nutzung neuer Technologien", so Hofmann zur DW. Die Branche wachse weiter und werde fast täglich komplexer.

Anfang des Jahres gingen Myanmar, Kambodscha und Laos gegen große, meist in den Grenzregionen angesiedelte Betrugszentren vor. Die Behörden schlossen mehrere Standorte und befreiten Tausende Opfer von Menschenhandel. Diese waren dazu verleitet worden, in diese Gebiete zu reisen und dort als Betrüger zu arbeiten. Doch trotz dieser spektakulären Maßnahmen wurden Hofmann zufolge viele Operationen einfach in andere, abgelegenere Teile der Mekong-Region verlagert.

KI-Scams auf dem Vormarsch

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Kriminelle Netzwerke erbeuten jährlich viele Milliarden Dollar

Entstanden ist die südostasiatische sogenannte Cyber-Scamming-Branche aus riesigen chinesischen Offshore-Online-Glücksspielsyndikaten. Dies ermöglichte den Tätern, auf eine bereits bestehende kriminelle Infrastruktur zurückzugreifen, inklusive der etablierten Techniken zur Bestechung von Regierungsbeamten wie auch der Geldwäsche.

Zuletzt hätten sich die Netzwerke auf komplexere Betrügereien verlegt, sagt Jason Tower, zum Zeitpunkt dieses Interviews noch Landesdirektor des Burma-Programms des United States Institute of Peace (USIP)*.

So bauten Betrüger bei einem umgangssprachlich als "Schweineschlachten" bekannten Verfahren online Vertrauen zu ihren Opfern auf. Das kann bis hin zu vermeintlichen Liebesbeziehungen gehen. Anschließend lockten sie die Opfer in gefälschte Investitionen von Kryptowährungen und andere Anlagemodelle.

"Verbrechen dieser Art sind komplex und transnational", sagt Tower. Darum könnten Strafverfolgungsbehörden sie nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie grenzüberschreitend zusammenarbeiten. "Leider sind viele Länder, darunter auch die USA und Europa, immer noch damit beschäftigt, sich mit dem Problem überhaupt erst vertraut zu machen."

Einer Schätzung des United States Institute for Peace zufolge beträgt der Umsatz aus Cyberbetrug in den Mekong-Ländern über 44 Milliarden US-Dollar pro Jahr - das sind beinahe 40 Prozent des gesamten formalen BIP von Laos, Kambodscha und Myanmar.

"Milliarden und Abermilliarden Dollar fließen in die Taschen von Kriminellen", warnt Tower. Damit würden sie Regierungen untergraben und schürten Konflikte in Ländern wie etwa dem von einem Bürgerkrieg zerrissenen Myanmar.

Verschleppte Opfer der Scam-Betrüger nach ihrer Freilassung in MyanmarBild: Chalinee Thirasupa/REUTERS

Singapur: entschlossener Kampf gegen Betrüger 

Singapur sagt dem Cyberbetrug nun den Kampf an. In den vergangenen Jahren hatte der Stadtstaat Milliarden an Betrüger verloren. Seitdem verabschiedete er Gesetze zum Schutz der Bürger. Die Gesetze sollen es zudem ermöglichen, betrügerische Banktransaktionen zu stornieren und zurückzuverfolgen. Außerdem sollen sie die Verfolgung krimineller Betrüger erleichtern.

Singapur ist eines der wohlhabendsten und digital am besten vernetzten Länder Asiens - und damit für kriminelle Netzwerke ein besonders attraktives Ziel. Zudem sprechen die Singapurer überwiegend Mandarin-Chinesisch und Englisch - zwei der wichtigsten Sprachen der Betrüger.

"In Singapur ist alles digital", sagt Allison Pytlak, Leiterin des Cyber-Programms am Stimson Center, einer gemeinnützigen, überparteilichen Institution, die sich auf Forschung zu Sicherheit und Frieden konzentriert. "Dadurch ist das Betrugsrisiko zwar gestiegen. Aber dafür stehen den Behörden auch mehr Möglichkeiten zur Verfügung, die Bürger vor Betrug zu schützen."

So hat der Inselstaat inzwischen eine ganze Reihe von Maßnahmen gegen Betrug eingeführt - etwa Sensibilisierungskampagnen, Polizei-Hotlines und sogar eine App, die Nutzer vor betrügerischen Anrufen schützt.

"Die Regierung wird dieser Herausforderung weiterhin energisch entgegentreten", erklärte Sun Xueling vom singapurischen Innenministerium und dem Ministerium für soziale und familiäre Entwicklung im März vor dem Parlament des Stadtstaats. Die Kriminellen seien "gut ausgestattet, technisch versiert und entwickelten ihre Taktiken ständig weiter, um unsere Abwehrmaßnahmen zu umgehen", warnte sie die Abgeordneten.

Singapur geht entschlossen gegen Scammer vorBild: Aleksandr Simonov/Depositphotos/Imago Images

UN drängen auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Das UNODC arbeitet mit Regierungen und Strafverfolgungsbehörden in der Region in Form multilateraler Initiativen zusammen. Diese umfassen gemeinsame Operationen, den Austausch von Informationen sowie Programme zum Kapazitätsaufbau.

"In der Vergangenheit betrachteten die Länder der Region Betrugszentren nicht als Priorität für alle", sagte Benedikt Hofmann. "Das ändert sich gerade." Bei einem Treffen der ASEAN-Außenminister im Januar versprachen die Staats- und Regierungschefs Maßnahmen und nannten Cyberkriminalität und Online-Betrug neben Menschenhandel, Drogen und Geldwäsche als große Bedrohungen.

Allerdings sei ASEAN lediglich ein Kooperationsblock mit autonomen Ländern, sagt Allison Pytlak von der NGO Stimson Center. "Das bedeutet, dass er wenig Einfluss auf Fragen im Zusammenhang mit Betrugszentren hat." Das gelte vor allem mit Blick auf die Rechtsprechung oder Strafverfolgung.

Da aber viele Opfer von Online-Betrug in westlichen Ländern lebten, bestehe in den USA und in Kanada ein wachsendes Interesse daran, mit südostasiatischen Ländern im Kampf gegen Betrugssyndikate zusammenzuarbeiten. 

* Im März 2025 wurde das vom Kongress gegründete US Institute of Peace (USIP) von der Trump-Administration zu großen Teilen geschlossen, die Website wurde vom Netz genommen. Die in diesem Artikel erwähnten Berichte und Forschungsergebnisse des INIP wurden über Webarchivierungsplattformen abgerufen.

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Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.