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Online-Handel: Wo gut sein nicht mehr reicht

Stella Braun
20. März 2018

Giganten wie Amazon, Otto und Zalando geben in Sachen Online-Handel den Takt vor, preschen voran und setzen immer höhere Standards. Wie können kleinere Shops da online überhaupt noch bestehen?

Symbolbild Online-Handel
Bild: picture-alliance/dpa/J. Büttner

"Post für Dich" steht in schnörkeliger Schrift auf dem hellblau-weiß gestreiften Paket. Zugeklebt ist es mit einem rosa Paketband, auf dem sich weiße Herzchen aneinanderreihen. Innen geht es weiter: Jedes Produkt ist mit Seidenpapier umwickelt, mit einem kleinen Sticker versiegelt. Die kleine Karte, in der für den Einkauf gedankt wird, ist mit Hand unterzeichnet. Ziel des Ganzen: Kundenbindung - vom Einmalkäufer zum Stammkunden werden.

"Hinter dem Design der Verpackung steckt eine Menge Hirnschmalz", erklärt Angelina Cimino von dem Online-Shop Odernichtoderdoch. Verkauft werden hier Schreibwaren, Postkarten und andere Geschenkartikel. Alles muss stimmen – dass die Farbe des Kartons perfekt zu der Farbwahl des Online-Shops passt, ist kein Zufall. "Es sind genau diese Kleinigkeiten, die uns ausmachen und die enorm wichtig sind", sagt Cimino. Bei der Verpackung fängt es nicht an und hört es nicht auf - der Instagram-Kanal wird gepflegt, Anfragen werden zügig beantwortet, Kunden - bzw. primär Kundinnen - werden in Designideen mit einbezogen - es gibt kleine Geschenke.

Zum Online-Handel gehört mehr, als nur Ware zu versenden. Durch den Instagram-Kanal bleibt der Online-Händler Odernichtoderdoch nah an seiner Zielgruppe. Bild: instagram/odernichtoderdoch

Das gewisse Etwas

Einfach nur Produkte online einstellen, verkaufen, verpacken und abschicken – so läuft es nicht mehr. Nicht in Zeiten von Amazon und Co. "Die Anforderungen an die Shops sind inzwischen enorm hoch", sagt Gero Becker, Projektmanager am Institut für Handelsforschung (IFH) Köln. Er beschäftigt sich mit Erfolgsfaktoren im E-Commerce und stellt fest: "Die großen Shops legen die Latte immer höher, bringen jeden Tag neue Innovationen in den Markt und damit wachsen natürlich auch die Ansprüche der Kunden rasant." Gerade für kleinere Shops würde es dadurch nicht einfacher.

Nur einen "guten" Shop zu betreiben - das reicht nicht mehr. Eine strukturierte Website, auf der sich der Kunde schnell zurecht findet, ansprechende Produktbilder - am besten hochauflösend und in mehreren Einstellungen, gängige Zahlungsmodalitäten - damit sticht man laut Becker nicht mehr heraus: "Das sind inzwischen Basis-Anforderungen, ohne die sich der Kunde gar nicht mehr länger in einem Online-Shop aufhalten würde."

Doch wie soll man sich in Zeiten, in denen Amazon Produkte noch am gleichen Abend ausliefert und das bei Zalando gekaufte Top nicht nur umsonst geliefert wird, sondern auch umsonst zurückgeschickt werden kann - noch herausstechen?

Ab in die Nische

"Die Branche, wo der Online-Handel noch gar nicht angekommen ist, die gibt es mit Sicherheit nicht", sagt Becker. Wie stark die einzelnen Branchen vom Online-Handel durchdrungenen sind - das variiert allerdings. Gerade die Bereiche Fashion-, Consumer Electronics- und Freizeitprodukte sind online sehr präsent - und fahren einen Großteil des gesamten Online-Umsatzes ein. Wer nun aber glaubt, es ginge in anderen Branchen mit einem geringeren Online-Anteil - wie beispielsweise Fast-Moving-Consumer-Goods, also Gütern des täglichen Gebrauchs - entspannter zu, der irrt: "Auch hier beobachten wir, dass die großen Player wie Amazon Fresh oder Rewe Online beginnen den Markt für sich zu entwickeln. Auch die erkennen hier große Potentiale", sagt Becker.

Dennoch ist es gerade auf den stark durchdrungenen Online-Märkten besonders schwer: "Mit einem einfachen Online-Shop, wo Produkte verkauft werden, die es auf verschiedenen Kanälen auch gibt, noch einen Blumentopf zu gewinnen, das wird zunehmend schwieriger", sagt E-Business-Experte Becker. Den Eintritt in einen Nischenmarkt hält er für eine Möglichkeit, online einzusteigen: "Wenn ich es schaffe, sehr einzigartige Produkte über meinen Online-Handel zu vertreiben, die es bestenfalls auf den großen Plattformen nicht gibt, dann habe ich deutlich bessere Chancen, noch ein Geschäft machen zu können."

Genau das dachten sich auch die Gründer des Online-Shops Elbenwald - und spezialisierten sich auf einen Nischenmarkt. Als sie im Jahr 2000 merkten, dass es kaum "Herr der Ringe"-Produkte zu kaufen gab, beschlossen sie, diese Marktlücke selbst zu schließen. Heute existieren neben dem Online-Shop 35 stationäre Shops in ganz Deutschland - auch das Produktsortiment wurde stark erweitert: Von Harry Potter- bis hin zu Marvel-Produkten.

Onlinehandel auf dem Vormarsch

01:58

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"Die hohen Standards im Online-Handel sind gar nicht mehr wegzudiskutieren, wenn man am Markt erfolgreich sein will. Das bedeutet auch, dass alleine durch ein herausstechendes Sortiment der langfristige Erfolg noch lange nicht gesichert ist", sagt Annekathrin Gräber von Elbenwald. Nur einen Nischenmarkt zu bedienen reiche nicht, es gehört mehr dazu. Deshalb dudelt bei der Service-Hotline im Hintergrund die passende Filmmusik, gibt es ein eigenes Elbenwald-Festival und werden die Kunden per Mail informiert, dass für sie Mitarbeiter durch den Elbenwald wandeln und versuchen ihre bestellten Produkte zu finden - die persönliche Kundenansprache steht im Vordergrund: "Wir sprechen eine sehr spezifische Kundengruppe an, wir wissen sehr genau, was unsere Kunden mögen - da sehen wir einen Vorteil gegenüber Anbietern wie Amazon und Otto, deren Kundenstamm viel breitgefächerter ist", sagt Gräber.

Online-Shops finden immer neue Wege, Kunden an sich zu binden - wie der Fantasy-Shop Elbenwald mit einem eigenen Festival.Bild: elbenwald.de/Festival

Mit dem Riesen verbünden

Bei Amazon - worüber Elbenwald einige Produkte vertreibt - fällt der persönliche Kontakt zum Kunden schwerer: "Der einzelne Händler dringt beim Kunden häufig gar nicht mehr vor – obwohl man als Lieferant gerne hätte, dass der eigene Name haften bleibt", sagt Gräber.

Vertreibt man seine Produkte ausschließlich über Amazon, wird es noch schwieriger die Kunden an sich zu binden - und nicht an Amazon: Ein Händler, der lieber anonym bleiben möchte, vertreibt Elektrozubehör über Amazon und sagt: "Wenn du auf Amazon verkaufst  - oder auch insgesamt im E-Commerce - wenn Du da nicht hart arbeitest, wie ein Verrückter, dann schaffst du es nicht.  Du wirst gefressen. Die Leute sind gnadenlos." Seiner Meinung nach bietet es Vorteile über Amazon zu handeln, allerdings mache man sich dadurch natürlich auch von Amazon abhängig. Sich selbst als eigenständigen Shop zu profilieren und den Kunden für sich zu gewinnen, falle dort besonders schwer: "Der Kunde, der bei Amazon einkauft, ist der Kunde von Amazon. Das ist nicht mein Kunde. Der Händler tritt da gar nicht in Erscheinung. Man versucht zwar vieles, aber vieles wird auch unterbunden von Amazon."

Regional zusammenwachsen

Einige Händler wählen als Partner nicht Amazon, sondern andere regionale Händler. Auf der Plattform Online City Wuppertal haben sich beispielsweise verschiedene Händler der Stadt zusammengeschlossen und bieten ihre Produkte, die sie vorab nur stationär verkauften, auch online an. Markus Kuhnke war mit seinem "Naschkatzenparadies" von Anfang an dabei und berichtet nun stolz, dass sich der Umsatz sowohl online als auch stationär gesteigert hätte - alles nur, weil er sein komplettes Sortiment an Schokoladenhasen, Fruchtgummies und anderen Süßwaren online gestellt habe - und mit den anderen Händlern zusammenarbeitet: "Wir haben gelernt, dass nicht wir die Konkurrenten sind. Unsere Konkurrenten sind die Großen, wie Amazon und Ebay. Wenn wir uns nicht zusammen tun, dann machen die uns platt", ist Kuhnke überzeugt. Aber auch hier gelte wieder: Ohne extra viel Einsatz läuft es nicht: "Ich hab mich da rein gehangen, mir die Nächte um die Ohren geschlagen, um die Produkte online zu stellen. Und wenn man das nicht macht, dann kommt man auch nicht weiter."

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