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Jobbörse für Flüchtlinge

Bernd Gräßler30. Juli 2015

Zwei Berliner Studenten helfen Flüchtlingen beim Schritt in den Arbeitsmarkt. Ihre Website findet großen Anklang. Allerdings ist sie meist nur der Anfang eines schwierigen Weges.

Workeer Jobbörse für Flüchtlinge
Bild: workeer.de

"Flüchtlinge haben besseren Zugang zum Internet, als viele denken", sagt David Jacob in einem der vielen #link:http://www.funkhauseuropa.de/themen/aktuell/workeer-plattform 102.html:Interviews#, die er dieser Tage den deutschen Medien gibt. Das Smartphone ist oft die einzige Verbindung der Flüchtlinge zur fernen Heimat. Deshalb haben Jacob und sein Kommilitone Philipp Kühn ihre neue Internet-Jobbörse auch so angelegt, dass man nur ein Handy braucht, um sie zu nutzen. Die Idee der beiden Berliner Studenten ist so simpel wie erfolgreich: Unter der Webadresse #link:http://www.workeer.de:workeer.de# können sich arbeitsuchende Flüchtlinge seit Anfang dieser Woche mit potentiellen Arbeitgebern treffen.

Wer die Seite aufruft findet ein recht breites Angebot an Jobs. Gesucht werden Altenpfleger, Küchenhilfen, Softwareentwickler, Au pairs, Autolackierer und sogar ein Werkstattleiter im Stahlbetrieb. Auch Praktikumsplätze werden angeboten. Ein Ostseehotel sucht einen Chef de Partie, der mit kreativen Menüs den Kunden ein Lächeln ins Gesicht zaubert – allerdings zum Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Doch nicht nur konkrete Arbeitsangebote werden vorgestellt. Es gibt auch eine Kontaktliste von Unternehmen, die Interesse daran haben, Flüchtlinge einzustellen und sich bei workeer. de registrieren lassen.

"Das Leben selbst finanzieren"

Auf der anderen Seite die Bewerber, die sich öffentlich vorstellen. Es sind überwiegend Flüchtlinge aus arabischen Ländern, einige Afrikaner. Manche suchen zielgerichtet einen Job in ihrem Beruf, andere nehmen jede Beschäftigung an. "Ich will nicht ohne Arbeit sein ,sondern mir mein Leben selbst finanzieren" schreibt Houssam Y., der seit fünf Monaten in Hamburg lebt. Er bringt einen Abschluss in Rechtswissenschaften aus Damaskus mit und sucht Praktikum, Festanstellung, Ausbildung, Minijob oder irgendeinen Job. Gut ausgebildete, teilweise hochqualifizierte Flüchtlinge sind darunter, zwei Zahnärzte, ein Urologe, ein Architekt, ein Biochemiker, ein Englischlehrer. Was auffällt: Viele der Flüchtlinge geben an, außer ihrer Muttersprache auch gut Englisch oder Französisch zu sprechen. Die Deutschkenntnisse sind bei vielen eher weniger gut

Die Online-Jobbörse der beiden Berliner Studenten spiegelt recht gut ein Dilemma wieder, in dem Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt stecken: Ohne deutsche Sprache läuft in den meisten Berufen nicht viel. Ein 25jähriger syrischer Softwareentwickler dürfte allerdings kaum Schwierigkeiten haben, einen Job zu finden, auch wenn er nur Arabisch und Englisch spricht.

Erst der Kontakt, dann die Behörden

Zu den Arbeitgebern, die Jobs anbieten, gehört auch der Pflegedienst von Ralf Czudzewitz in Braunschweig. Fachkräfte für die Kranken- und Altenpflege in Deutschland zu finden sei extrem schwierig, sagte er der DW am Telefon. Bereits vor einem Jahr wollte er deshalb zwei junge Frauen direkt aus Bosnien einstellen, doch er hätte ihnen den Sprachkurs, Flug und Wohnung bezahlen müssen. Rund 10 000 Euro pro Angestellter hätte das gekostet, zu viel für das kleine Unternehmen. Nun versucht Czudzewitz, mit Hilfe von workeer.de unter den hiesigen Flüchtlingen fündig zu werden.

Sollte das klappen, gilt allerdings für ihn wie für die Bewerber: bevor ein gültiger Arbeitsvertrag abgeschlossen werden kann, müssen die Hürden der Bürokratie überwunden werden. Die Ausländerbehörde prüft den Aufenthaltsstatus, bevor sie eine Arbeitsgenehmigung erteilt. Im Regelfall ist das nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland der Fall, auch für Asylbewerber, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Dann wird von der Arbeitsagentur geprüft, ob ein Deutscher oder EU-Ausländer anstelle des Flüchtlings den Job bekommen sollte. Ausnahmen macht man nur bei Hochqualifizierten und Bewerbern für sogenannte Mangelberufe. Die Arbeitsagentur nimmt auch das Unternehmen unter die Lupe. Ist es in den letzten Jahren unangenehm aufgefallen, zahlt es Tariflohn oder Mindestlohn? Auch Leiharbeit kommt für Flüchtlinge nicht in Frage.

David JacobBild: workeer.de/Fabian Schmidt

Website soll ausgebaut werden

Philipp Kühn und David Jacob wollten, so sagen sie, im Abschlussprojekt ihres Studiums des Kommunikationsdesigns an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) etwas machen, was Menschen berührt. Nun planen sie die Weiterentwicklung des Projekts über ihren Abschluss hinaus. Denn zum einen ist die Jobbörse zur Zeit nur ein Testlauf, eine Beta Version. Zum anderen, das wissen die beiden Erfinder, kann workeer.de nur den ersten Kontakt herstellen. Deshalb wollen sie demnächst eine Schritt-für-Schritt-Anleitung hochladen, um Anbietern und Jobsuchenden zu helfen, die Hürden bei den Behörden zu nehmen und tatsächlich zusammen zu kommen. Außerdem soll die Website noch in andere Sprachen übersetzt werden.

Philipp KühnBild: workeer.de

Bei den Recherchen für ihre Bachelorarbeit haben Kühn und Jacob bereits in Berliner Flüchtlingswohnheimen Werbung für ihr Projekt gemacht und hoffen jetzt, dass es sich weiter herumspricht. Die enorme Resonanz in den Medien hilft ihnen dabei sicherlich.