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Online-Shopping: Wie es nachhaltiger geht

23. Juni 2020

Einkaufen per Mausklick? Das geht auch menschen- und klimafreundlich, meinen Architektur-Studierende. Ihre Ideen sind jetzt im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt a.M. ausgestellt - und machen neugierig.

Gemüsekeimlinge sprießen auf Wellpappe, Objektansicht der Ausstellung "My Home is my Parcel" im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main (Foto: Deborah Gasse).
Auf Verpackungen wachsen Kräuter: Nachhaltiger Online-Handel Bild: Deborah Gasse

Inzwischen hat es sich herumgesprochen: Immer mehr Waren, mal eben bequem im Internet bestellt, kommen per Paketpost zum Kunden. Jeder Frankfurter Einwohner beispielsweise erhält im Schnitt 27 Pakete jährlich. Nicht weniger als 280 Millionen Retoursendungen zählten die Paketdienstleister allein 2018. Schon drei Jahre zuvor wuchs der Berg aus Verpackungsmaterial auf gigantische 1,5 Millionen Tonnen - Tendenz steigend! Zahlen, die das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt vorrechnet. "Und das ist erst der Anfang", sagt Museumschef Peter Cachola Schmal, "Online-Shopping verändert unsere physische Welt."

Wie sehr, danach fragt Schmals Museum in der Ausstellung "My Home is my Parcel": "Die verheerende ökologische Bilanz, die Ausbeutung der Paketkuriere, den Leerstand in der Einkaufsstraße - können wir das verantworten?" Je mehr Dinge wir im Internet ordern, desto weniger geht in der Stadt über den Ladentisch. Bücher, CDs, Fahrräder, ja selbst Lebensmittel wie Käse oder Milch werden heute - transportfähig verpackt - geliefert. Der stationäre Einzelhandel hat das Nachsehen. Nicht nur der Buchhändler um die Ecke stöhnt. Die ganze Branche gerät unter Druck, wie das aktuelle Beispiel der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zeigt.

Ausstellung "My Home is My Parcel": Online-Shopping als architektonische HerausforderungBild: Privat

Internet und Smartphone haben unser Einkaufsverhalten dramatisch verändert. Der Siegeszug des Online-Shoppings sei genauso wenig aufzuhalten, glaubt Architekt Schmal, wie der des Autos in den 1960er-Jahren. "Die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen", glaubt auch Holger Kleine, Designprofessor an der Hochschule RheinMain. Mit ihm und seinem Kollegen Uwe Münzing hat das Deutsche Architekturmuseum deshalb ein gemeinsames Studienprojekt gestartet.

So geht nachhaltiger E-Commerce

Nicht aber das Online-Shopping stellten Kleine, Münzing und ihre Studierenden im zurückliegenden Wintersemester in Frage, sondern die Art und Weise, wie es funktioniert. "Beim Online-Shopping wird der öffentliche Raum übersprungen", konstatiert Kleine. Und Museumschef Schmal fordert: "Deshalb müssen wir über die letzte Meile nachdenken."

Die letzte Meile, damit ist die Strecke zwischen den mittelgroßen Verteilzentren und dem Kunden gemeint. "Da stoßen wir an unsere Grenzen", sagt Schmal, dieser Bereich sei architektonisch unterbelichtet. "Es muss also baulich was passieren!" Dazu verweist Schmal auf China, wo die Online-Konzerne derzeit über die Einführung sogenannter Kioske diskutieren, um nah bei ihren Kunden zu sein. "Denn auch der chinesische Kunde ist nicht zuhause", so Schmal, "gleichzeitig hat sein Büro nicht die Kapazität, Online-Sendungen aufzunehmen."

Einfach erklärt: Onlineshopping

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Wie also könnte so ein Online-Ort aussehen? Wie lässt sich die Schnittstelle zwischen Paket und Kunde zurück in den öffentlichen Raum verlagern? Und wie müsste die Paketverteilung organisiert sein, damit die Online-Bestellenden zügig an ihre Waren kommen, während gleichzeitig weniger Energie verbraucht und weniger Verpackungsmüll produziert wird?

Fragen, die sich nicht nur in der Stadt, sondern vor allem auf dem Land stellen: "Dort ist der Bedarf nach solchen Orten sogar noch größer", glaubt Schmal, "weil die Menschen dank ihrer Internetbestellung nicht mehr auf die beschwerliche Fahrt in die Stadt angewiesen sind." Auch diese Menschen müssten schließlich arbeiten und könnten nicht ständig zuhause sein.

Menschliche Nähe beim Online-Handel

"Pilzartig, klein und flächendeckend" sollten sich diese Online-Orte deshalb im ganzen Land ausbreiten, rät Schmal. "Sie sollten 24 Stunden am Tag geöffnet haben - und bitte: Es sollten Menschen dort arbeiten!" So heißen sie also "Parcel@Work, "Parcell" oder auch "PARCELABS" - die Projekte der Studierenden tragen den Kern ihrer jeweiligen Idee zumeist schon im Namen.

Doppelte Wege für Kunden und Pakete möchte etwa "Parcel@Work" vermeiden, indem die Lieferung an die Arbeitsstätte erfolgt. Demonstriert wird das mit einem Entwurf für die - entsprechend vergrößerte - Lobby des "cube berlin", eines smarten Bürogebäudes in der Hauptstadt.

Grüner Online-Handel: Paketverteilung und Gemüseanbau unter dem Dach des "PARCELABS"Bild: Deborah Gasse

Das Projekt "Parcell" hingegen positioniert sogenannte "Botenclubs" zwischen großen Verteilzentren am Stadtrand und kundennahen Paketstationen. Darin wird die Verteilung organisiert. Nach dem Vorbild der Arbeiterclubs im Moskau der 1920er-Jahre wären "Parcells" zugleich Kantine, Bar, Kino, medizinische Versorgungsstation und Hostel für die gebeutelten Paketlieferanten. Die Idee: Paketverteilung im Verbund mit Geselligkeit und Lebenshilfe. Eine "Retourenpassage" schließlich in Hauptbahnhofnähe vereint Paketlieferhalle und Retourenkaufhaus. Retournierte Ware wird hier verkauft statt verschrottet.

Urban Farming im ausrangierten Parkhaus

"Zugegeben etwas utopisch" findet Deborah Gasse ihre Idee für sogenannte "PARCELABS", die sie unter anderem in ausrangierten Parkhäusern in Innenstädten einrichten will. "Hier nutzen wir das, was alle Online-Bestellungen verbindet, umweltfreundlich weiter: die Wellpappe." Nach dem Auspacken soll die Pappe im sogenannten Sheetmulching-Verfahren mit nährstoffreichen Gemüse- und Kräuterkeimlingen besiedelt werden. Deborah Gasses "PARCELABS" schlägt so mehrere Fliegen mit einer Klappe: "Gebäude-Umnutzung statt Abriss, Verringerung von Verkehrsströmen, Materialrecycling, Urban Farming, Lebensmitteleinkauf, Luftreinigung und gesunde Ernährung finden auf beispielhafte Weise zusammen", so Gasse.

Ist das schon die Lösung für die künftig leerstehenden Einkaufszentren, Kaufhäuser und kleinen Läden? Auch wenn der Einzelhandel aus den Städten verschwinden sollte, wie Museumschef Schmal vermutet, einen Trost hat er immerhin: "Die Restaurants bleiben. Wer will schon halbwarmes Essen geliefert bekommen?"

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