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Ons Jabeur - im Auftrag der arabischen Welt

9. September 2022

Tennisspielerin Ons Jabeur ist ins Finale der US Open in New York eingezogen. Das gelingt vor ihr keiner afrikanischen Sportlerin. In ihrer Heimat Tunesien begeistert sie die Menschen. Zur Krönung fehlt ihr der Titel.

Ons Jabeur reckt die rechte Hand in die Luft und jubelt
Ons Jabeur spielt für sich - und die gesamte arabische WeltBild: Charles Krupa/AP Photo/picture alliance

Es war ihr sichtlich peinlich. Nach dem Halbfinalerfolg bei den US Open gegen die Französin Caroline Garcia (6:1, 6:3) verzog sie das Gesicht und schien auch ein wenig Scham zu empfinden. Die in der Heimat als "Minister of Happiness" bekannt gewordene tunesische Tennis-Spitzenspielerin zeigte sich in diesem Match nicht immer von ihrer besten, der freudigen Seite. Sie warf ihren Schläger gleich mehrfach frustriert durch die Gegend. "Ich denke, ich werde jetzt von meinem Job als 'Minister of Happiness' gefeuert", sagte sie verschämt lächelnd. "Es ist manchmal schwer seinen Frust zu beherrschen. Tennis ist ein harter Sport. Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldigen." 

Diese kleine Episode der Frustbewältigung rückte allerdings schnell in den Hintergrund. Die 28-Jährige ist schließlich die erste afrikanische Sportlerin, die das Finale in Flushing Meadows erreicht hat. Mit ihren harten Grundschlägen und ihrem variablen Spiel konnte sie sich auch hier bis in die letzte Runde vorkämpfen. Gleiches gelang ihr schon im vergangenen Juli, als sie ins Endspiel von Wimbledon einzog und Geschichte für den afrikanischen Kontinent und ihr Land schrieb.

Im Rampenlicht der Öffentlichkeit

Übel nehmen wird ihr den kurzzeitigen Kontrollverlust ohnehin niemand. Vor allen Dingen nicht in ihrer Heimat. Dort ist sie zu einem echten Star geworden. Nahe der Küstenstadt Ksar Hellal in Tunesien wurde ihr ehemaliger Trainingsplatz "Court Ons Jabeur" nach ihr benannt. Immer mehr Menschen interessieren sich seit ihren Erfolgen in dem nordafrikanischen Land für den Tennissport. Viele schauen gemeinsam in Cafés ihre Spiele im Fernsehen an. Nach dem Wimbledon-Turnier meldeten sich rund 700 neue Mitglieder bei Jabeurs altem Verein an.

Sie ist sich darüber bewusst, dass sie im Rampenlicht der Öffentlichkeit in Tunesien, in Afrika und der gesamten arabischen Welt steht. "Ich hoffe ich kann mehr und mehr Generationen in Afrika mit meinem Spiel inspirieren. Das bedeutet mir wirklich viel", sagte sie noch einmal nach ihrem Sieg gegen Garcia. Jabeur versteht sich als Botschafterin ihres Landes, ihrer Kultur - beides spielt bei jedem ihrer Matches immer mit. "Wenn ich es schaffe, könnt ihr das auch", sagte Jabeur jüngst: "Glaubt an euch."

Starke Zwei-Jahresbilanz

Ihre Entwicklung ist geradezu atemberaubend. In ihren ersten Jahren auf der WTA-Tour scheiterte sie regelmäßig in den ersten Runden der jeweiligen Turniere. Auch mit Hilfe ihres Ehemanns Karim Kamoun, der auch ihr Fitnesstrainer ist, hat sie sich vorgearbeitet. Ihre lethargischen Momente aus der Vergangenheit sind verschwunden. Die hohen körperlichen Trainings-Anforderungen, der straffe Zeitplan, das eingeschränkte Privatleben hatten ihr als Jugendliche zugesetzt und sie beinahe den Schläger frühzeitig an den Nagel hängen lassen. Mittlerweile hat sie gelernt, dass sie diese Beeinträchtigungen in Kauf nehmen muss, um erfolgreich zu sein.

Und diese Erkenntnis macht sich bezahlt. Jabeur hat in den vergangenen zwei Jahren 92 Siege in ihrer Bilanz stehen. Keine andere Spielerin auf der Tour hat mehr Erfolge vorzuweisen. Selbst ihre Finalgegenrin Iga Swiatek, die Nummer eins der Weltrangliste, hat zwei Erfolge weniger auf ihrer Siegerliste stehen.

Ons Jabeur steht nun erneut vor dem ganz großen Coup. Der erste Grand-Slam-Sieg würde sie unsterblich machen. Im Finale von Wimbledon unterlag sie der Russin Jelena Rybakina in drei Sätzen. "Es fühlt sich realer an", sagte Jabeur jetzt in New York, "in Wimbledon habe ich irgendwie einen Traum gelebt und ich konnte es nicht glauben." Womöglich wird dieser Traum nun in New York Realität.

 

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