Eine Reihe abgeschiedener, tropischer Inseln im Pazifik ist schutzlos dem Klimawandel ausgeliefert. Die Inselbewohner trotzen Wind und Wasser - ein exklusiver Foto-Essay erzählt ihre Geschichte.
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Bilder vom untergehenden Paradies
Das Otong Java Atoll im Pazifik hat schwer mit dem Klimawandel zu kämpfen. Bei einem seltenen Besuch dokumentiert ein Fotojournalist, was es für die Menschen dort bedeutet, wenn die Heimat unterzugehen droht.
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Das Ende der Welt
Alle Inseln von Otong Java zusammen sind nur zwölf Quadratkilometer groß, keine ist höher als drei Meter. Umgeben von den riesigen Weiten des Pazifiks waren die Bewohner schon immer Wind und Wasser ausgesetzt. Aber der Klimawandel macht das Überleben auf noch schwieriger, als es eh schon ist.
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Traditionen erhalten
Die Polynesischen Völker ließen sich vor ungefähr 2000 Jahren auf den Inseln nieder. Jahrhundertealte Tänze, in denen auch Geschichten über die mächtigen Naturelemente erzählt werden, sind ein wichtiger Bestandteil der Kultur des Otang-Java-Atolls.
Bild: Displacement Solutions /Beni Knight
Inmitten der Natur
Traditionell werden die Hütten aus Kokospalmen und Pandana-Bäumen gebaut. Weniger traditionell ist das künstliche Licht - der Strom kommt aus einer Solaranlage. Aber wer will bei einem solchen Sternenhimmel schon in der Hütte bleiben?
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Was passiert mit den Kindern?
Kinder wie der achtjährige Wilson Ayunga werden hier wohl nicht bis ins hohe Alter bleiben können. Wenn der Meeresspiegel ansteigt, bleibt als einzige Möglichkeit, auf eine andere Insel oder aufs Festland zu fliehen.
Bild: Displacement Solutions /Beni Knight
Die vergessene Insel
Die Schönheit von Luaniua, der bevölkerungsreichsten Inseln von Otong Java, wird von oben betrachtet noch deutlicher. Aber zurück, unten auf dem Boden, merkt man: Die Regierung tut nicht genug für die Inseln. Es mangelt an Gesundheitsversorgung und Bildungsmöglichkeiten.
Bild: Displacement Solutions /Beni Knight
Geteilt und überflutet
Auf der Insel Henua Aiku werden die Folgen des Klimawandels besonders deutlich: Meerwasser drang bis in die Mitte der Insel vor und teilte sie in zwei Stücke. Das gleiche Schicksal droht auch anderen Inseln.
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Mehr als eine steife Brise
Nicht nur der Meeresspiegel setzt der Insel zu. Auch verheerende Stürme, die vom Klimawandel verursacht werden, fordern ihre Opfer in den Dörfern des Atolls.
Bild: Displacement Solutions /Beni Knight
Schwächelnde Pflanzen
Patron Laliana versucht, die Zehrwurzel-Pflanze anzubauen. Doch der Boden lässt das nicht zu: Er ist von Natur aus schon nährstoffarm, durch das aufsteigende Wasser wird er außerdem viel zu salzig.
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Was bleibt, ist die Erinnerung
Sarah Abora hat ihr gesamtes Leben auf Otong Java verbraucht. Dort, wo das Dorf zur ihrer Kindheit stand, ist heute nichts - außer Wasser. Das Dorf wurde von den Wellen und Strömungen einfach weggewaschen.
Bild: Displacement Solutions /Beni Knight
Mehr als ein Streifen Sand.
Früher war hier ein blühendes Dorf mit 40 Häusern und einem Friedhof. Heute bleibt davon nur ein schmaler Streifen weißen Sandes auf einer Landzunge.
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Traditionen stehen auf dem Spiel
Die Bräuche und Traditionen auf Otong Java sind zum großen Teil mit der Natur und den Inseln verknüpft. Viele Einwohner meinen: Die Inseln aufgeben, bedeutet auch, ein Stück der eigenen Identität zu verlieren.
Bild: Displacement Solutions/Beni Knight
Ein Keim der Hoffnung
Es wird immer wahrscheinlicher, dass die Menschen von Otong Java umgesiedelt werden müssen. Aber sie haben noch nicht aufgegeben, wollen dort bleiben, wo schon vor 2000 Jahren ihre Vorfahren lebten. Klimaflüchtlinge werden wollen sie nicht.
Bild: Displacement Solutions /Beni Knight
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Wer hat schon von Ontong Java gehört? Wohl kaum jemand. Dabei ist das Atoll eines der größten weltweit! Eshört zum Inselstaat der Salomonen und liegt 2000 Kilometer nordöstlich von Australien, mit dem Flugzeugen nicht erreichbar. Nur ab und zu kommt ein Versorgungsschiff vorbei, um die 3000 Menschen dort zu versorgen. Die trotzen dort tapfer dem ansteigenden Meeresspiegel und starken Stürmen, wollen ihr Volk und ihre Kultur bewahren.
Das ringförmige Atoll besteht aus 120 Inseln, verteilt über eine Fläche von 1400 Quadratkilometern. Die Inseln selbst sind relativ klein, sie liegen nicht höher als drei Meter über dem Meeresspiegel. Deshalb sind sie vom steigenden Meeresspiegel besonders betroffen.
Die Menschen auf dem Otong-Java-Atoll waren schon immer Wind und Wellen ausgesetzt. Aber ihren Lebensstil, der seit Jahrhunderten zum größten Teil auf Selbstversorgung beruht, können sie nun kaum noch beibehalten.
In den vergangenen Jahren wurde es immer schwieriger, verlässliche Nahrungsmittelquellen zu finden. Die Küsten erodieren, die Inseln versalzen. Das Drohszenario, auf andere, höher gelegene Inseln fliehen zu müssen, ist daher stets präsent.
Durch starken Wind und hohe Wellen wird Salz auf die Insel getrieben. Aufgrund des steigenden Meeresspiegels bricht das Meerwasser an vielen Stellen durch den porösen, aus Korallensedimenten bestehenden Boden. "Es ist, als ob die Insel ein Leck hätte", sagt ein Bewohner.
Chris Keungi ist der Sohn eines früheren Oberhaupts der Insel Pelau, auf der 600 Menschen leben. Der 40-Jährige steht am südlichsten Punkt der Insel und zeigt über die Spitze hinaus. Dort stand einmal ein Dorf. Das ist schwer vorstellbar, denn gerade sieht man nichts anderes als Wellen.
"Als ich zehn Jahre alt war, standen dort ein Menge Häuser", erzählt Keungi. "Aber als ich zehn Jahre später zurückkam, war alles anders: Der Boden war erodiert, die meisten Häuser waren durch den steigenden Meeresspiegel weggewaschen".
Der Meeresspiegel ist nur eine von vielen Bedrohungen, mit denen die Bewohner des Atolls zu kämpfen haben. Im Juni 2015 fegte zum Beispiel der Zyklon Raquel mit Windgeschwindigkeiten von 125 Kilometern pro Stunde über die Gegend hinweg. Zwei riesige Wellen krachten auf die südlichen Inseln. Auf Luaniua, der größten, Heimat von 2000 Menschen, wurden 80 Gebäude zerstört.
Keungi, seine Familie und der Rest der Menschen auf dem Atoll haben nur wenige Optionen, um sich vor dem Klimawandel zu retten. Pläne, auf die Insel Malaita in Melanesien umzusiedeln, sind gescheitert. Die Bewohner von Otong Java sehen zwar, dass es allmählich nötig wird zu fliehen, aber die meisten harren trotzdem aus. Wenn der Tag dann irgendwann doch kommt, wollen viele am liebsten auf nach Santa Isabel umziehen, eine Insel, die 300 km südlich liegt. Kultur und Lebensgewohnheiten sind dort ähnlich, sodass die Klimaflüchtlinge hoffen, auf Santa Isabel willkommen zu sein und ihre Traditionen wenigstens teilweise weiter pflegen zu können.
Im Dezember werden 196 Staaten in Paris zusammenkommen und versuchen, einen neuen Klimavertrag auszuhandeln. Wenn die UN-Mitgliedsstaaten es schaffen, neue, strikte Regeln zu vereinbaren, die den Ausstoß von Schadstoffen drastisch senken, könnte dieses Treffen eine neue Perspektive für die Bewohner von Ontong Java eröffnen.
Aber wenn die größten Klimasünder - wie zum Beispiel das benachbarte Australien - den Vertrag verwässern und dadurch immer mehr fossile Brennstoffe genutzt werden, wird die Zukunft eine andere sein. Denn geht der Klimawandel unvermindert weiter, werden die 3000 Menschen von Ontong Java gezwungen sein, die Inseln zu verlassen, die sie seit Generationen ihr Zuhause nennen.
Im Juni und Juli 2015 schickte die Nichtregierungsorganisation 'Displacement Solutions' den Fotojournalisten Beni Knight nach Ontong Java, um das Leben der Menschen, ihre Kultur und ihre Meinungen festzuhalten. DW veröffentlicht hier den exklusiven Essay und die Fotos.