Rezepte gegen die Krise
24. September 2009Die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise haben Deutschland seit Monaten fest im Griff. Zwar gibt es erste zaghafte Signale dafür, dass es mit der Wirtschaft langsam wieder aufwärts geht, aber es gibt noch viel zu viele Unsicherheiten und niemand kann genau vorhersagen, ob das Konjunkturbarometer tatsächlich schon wieder dauerhaft nach oben zeigt. Das prägte auch den Bundestagswahlkampf. Es habe eben jede Zeit ihre Aufgaben, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es gehe jetzt darum, die Wachstumskräfte zu mobilisieren und da gebe es hinreichend Unterschiede auch zwischen den Parteien.
Union oder SPD - Wer hat die besseren Rezepte?
Doch wer kann das Ruder herumreißen und die deutsche Wirtschaft wieder fit machen? Sowohl CDU/CSU, als auch die SPD erheben bei dieser Frage einen Führungsanspruch.
Ob Opel, Karstadt, oder Hypo Real Estate - glaubt man dem SPD-Kanzlerkandidaten und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, dann kamen in den vergangenen Monaten die meisten Vorschläge und Konzepte von der SPD. Sozialdemokratische Minister hätten Konjunkturpakete, Investitionsprogramme und die Verlängerung der Kurzarbeit trotz Widerstand in der Koalition durchgesetzt.
Ist der Staat der bessere Unternehmer?
Streit gab und gibt es zwischen Union und SPD vor allem über die Frage, wie stark der Staat in die Wirtschaft eingreifen darf. Sind Politiker etwa die besseren Banker und Manager? Muss der Steuerzahler für die Fehler der Wirtschaftsbosse bezahlen? Wie hoch kann, muss, soll staatliche Finanzhilfe für angeschlagene Unternehmen ausfallen?
Bei der Immobilienbank Hypo Real Estate stellten sich alle diese Fragen auf einmal. Ihr Zusammenbruch im Herbst 2008 markierte so etwas wie die Stunde Null der Krise in Deutschland. Die Regierung entschied sich dafür, die HRE zu verstaatlichen, sie existiert nur noch, weil Bund und Banken die Pleite-Bank mit Garantien über 100 Milliarden Euro am Leben halten. Eine richtige Entscheidung? Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bejaht diese Frage bis heute. Es sei im September/Oktober 2008 nicht nur darum gegangen, eine Bank zu retten, sondern einen Kollaps des Finanzsystems in Deutschland mit sehr weitreichenden Konsequenzen darüber hinaus zu verhindern.
Dann Opel und Arcandor
Die Rettung der HRE war jedoch nur der Anfang. Hilferufe kamen auch von Opel und Arcandor. Im ersten Fall entschied sich die Regierung dafür, mit 1,5 Milliarden Euro Überbrückungskredit in die Bresche zu springen und weitere drei Milliarden Euro als Bürgschaft in Aussicht zu stellen. Das Votum der Regierung fiel allerdings nicht einstimmig aus. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hätte - und das machte er auch unmissverständlich klar - eine Insolvenz des Rüsselsheimer Autobauers vorgezogen. Der gerade frisch ins Amt erhobene Minister konnte sich in der Regierung jedoch nicht durchsetzen. Die Aussicht, im Wahljahr an den vier deutschen Opel-Standorten tausende Arbeitsplätze zu riskieren, war den meisten Koalitionären viel zu heikel.
Anders sah der Fall Arcandor aus. Als dort und damit auch bei der Warenhauskette Karstadt die Lichter auszugehen drohten, zeigte sich die Regierung nicht so spendabel. Zwar gab es bei der SPD viel Unterstützung für die protestierenden Belegschaften der Kaufhauskette, doch da von Seiten Arcandors kein schlüssiges Zukunftskonzept vorgelegt wurde und der Konzern schon vor der Krise in einer Schieflage war, gab es keine staatlichen Hilfen.
Kritik von der Opposition
Ob die Rettungsstrategien der Bundesregierung in allen Fällen richtig waren und ob sie den Weg aus der Wirtschaftskrise weisen, das wird von der Opposition stark bezweifelt. FDP, Grüne und Linke haben allerdings sehr unterschiedliche Ansichten darüber, wie man es besser machen könnte. Bei den Grünen und den Linken besteht zumindest Einigkeit darüber, dass die Banken ihrer Ansicht nach viel stärker an den Zügel genommen werden müssten.
Die Finanzkrise, so sagt der linke Parteivorsitzende Oskar Lafontaine, könne sich unter den derzeitigen Umständen jederzeit wiederholen, da bis jetzt keine durchgreifende Regulierung des Finanzsektors auf den Weg gebracht worden sei. Das Geschäft laufe weiter wie bisher, nur jetzt mit Steuergeldern.
Wer soll das alles bezahlen?
Die wohl gravierendste Folge der Finanzkrise manifestiert sich im Bundeshaushalt. Das Staatsdefizit wächst, es ist abzusehen, dass die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden im kommenden Jahr sprunghaft auf 1,75 Billionen Euro anwachsen werden. Für diesen Schuldenberg müssen Zinsen gezahlt werden und zwar in Milliardenhöhe. Schon jetzt sind diese Zinsen der zweitgrößte Posten im Haushalt. Daher wird Sparsamkeit das oberste Gebot der kommenden Bundesregierung sein. Die Regierungsarbeit wird eine Gratwanderung sein zwischen notwendigen Ausgaben und dem Versuch, den Bundeshaushalt wieder in den Griff zu bekommen. Wie sich das mit der noch nicht ausgestandenen Wirtschaftskrise vertragen wird, muss sich noch zeigen.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Kay-Alexander Scholz