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Opfer von Menschenhandel in der EU sind Europäer

Luisa Frey5. Februar 2014

Rumänen, Bulgaren und Ungarn werden in der EU am häufigsten Opfer von Menschenhandel. Frauen werden dabei besonders oft sexuell ausgebeutet.

Symbolbild Menschenhandel (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Menschenhandel ist die Sklaverei unserer Zeit." Diese Definition der Europäischen Union ist wahrscheinlich für die meisten Europäer keine Überraschung. Überraschend ist allerdings wohl für viele, dass der größte Teil der ausgebeuteten Menschen in Europa aus der EU selbst kommt.

"Wir denken oft, dass die Opfer Staatsangehörige von Drittländern sind, aber die Mehrheit sind EU-Bürger", sagt Myria Vassiliadou, Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels bei der Europäischen Kommission." Mit ihnen wird innerhalb der EU gehandelt, oft von kriminellen Netzwerken. Und die Kunden, die die Dienste dieser Opfer nutzen, sind oft EU-Bürger."

Nach einem Eurostat-Bericht von 2013 kommen 61 Prozent der identifizierten Opfer von Menschenhandel in der EU aus den Mitgliedsländern. Und auch in den meisten Fällen, die zwischen 2009 und 2013 von der europäischen Polizei Europol untersucht wurden, waren europäische Bürger die Opfer: 40 Prozent stammten aus Rumänien, 18 Prozent aus Ungarn und elf Prozent aus Bulgarien.

Frauen Opfer von sexueller Ausbeutung

Die meisten Menschenhandelsopfer in der EU sind Frauen und Mädchen - die Mehrheit wird sexuell ausgebeutet. Von allen von Eurostat zwischen 2008 und 2010 identifizierten Opfern waren 62 Prozent zu diesem Zweck missbraucht worden.

Myria Vassiliadou: "Wo es soziale Ausgrenzung und Armut gibt, gibt es Opfer."Bild: European Parliament

Neben Behörden spielen NGOs eine grundlegende Rolle bei der Identifizierung, dem Schutz und der Unterstützung von Betroffenen. In Deutschland sind 37 Organisationen und Fachberatungsstellen im Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess (KOK) zusammengeschlossen. "Es waren die Nichtregierungsorganisationen, die das Thema Menschenhandel schon vor vielen Jahrzehnten auf die politische Agenda gesetzt haben", betont Naile Tanis, Geschäftsführerin des KOK. Die Betroffenen werden zu Ärzten, Rechtsanwälten oder Behörden begleitet und unterstützt, wenn sie beispielsweise in ihre Herkunftsländer zurückkehren müssen.

Tanis bestätigt die offiziellen Zahlen. Die meisten Opfer, die vom KOK unterstützt werden, seien EU-Bürgerinnen. Es gebe auch Betroffene aus Drittstaaten, insbesondere Nigeria, aber überwiegend kämen sie aus Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Polen. Auch Deutsche seien innerhalb Deutschlands vom Menschenhandel betroffen.

Zusammenhang mit Prostitution

Egal, ob nationale Gesetze die Prostitution verbieten oder die Freier bestrafen - in allen 28 EU-Mitgliedsstaaten gebe es Menschenhandel und Prostitution, sagt die EU-Koordinatorin Vassiliadou. "Die Europäische Kommission sieht eine direkte Verbindung zwischen Menschenhandel und Prostitution. Prostituierte sind eine Hochrisikogruppe."

Nach sexueller Ausbeutung ist Zwangsarbeit der zweite Grund, warum in der EU mit Menschen gehandelt wird. Andere Zwecke sind die Entnahme von Organen, illegale Adoptionen oder Zwangsheirat.

80 Prozent der Opfer von Menschenhandel sind Frauen und MädchenBild: Fotolia/Artem Furman

Rechtspflicht

Auch wenn die Zahl der identifizierten Fälle von Menschenhandel in den letzten Jahren gestiegen ist, geht die EU von einer Dunkelziffer im sechsstelligen Bereich aus. Es müsse noch viel getan werden, fordert Vassiliadou, und verweist auf eine entsprechende EU-Richtlinie aus dem Jahr 2011 zur Bekämpfung des Menschenhandels. Derzufolge sollen Kriminelle effektiv verfolgt und die Opfer besser geschützt werden. Zwei Jahre hatten die Mitgliedsstaaten Zeit, die nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Brüsseler Verordnung anzupassen. Bis April 2013 hatten aber nur 20 der 28 EU-Staaten die vollständige Umsetzung vollzogen. Deutschland gehört bis heute nicht dazu.

Vassiliadou fürchtet, dass im nächsten Eurostat-Bericht zum Menschenhandel noch mehr Fälle registriert sein werden. Denn die aktuelle Wirtschaftskrise mache die Menschen verwundbarer und erhöhe das Interesse an günstigen Dienstleistungen. Für Vassiliadou macht es allerdings keinen Unterschied, ob die Betroffenen EU-Bürger sind oder nicht - alle sind Opfer. "Es ist zumindest unsere Rechtspflicht, etwas dagegen zu unternehmen."

Naile Tanis: "Die NGOs haben das Thema Menschenhandel auf die Agenda gesetzt."Bild: DW/H. Kiesel
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