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Politik

Opium-Boom auch unter Taliban-Regierung?

9. Dezember 2021

Armut und Arbeitslosigkeit in Afghanistan treiben noch mehr Menschen in die Opiumproduktion. Ein Verbot können und wollen die Taliban nicht durchsetzen. 

Afghanistan | Opium-Anbau in der Jalalabad Provinz
"Opiumproduktion in Afghanistan wird steigen"Bild: Rahmat Gul/AP/picture alliance

Der Anbau von Schlafmohn als Heilpflanze hat eine lange Tradition in Afghanistan und der weiteren Region. Der aus den Samenkapseln gewonnene Milchsaft wird durch Trocknung zu Rohopium, ein wirksames Mittel gegen starke Schmerzen. Heute dient Opium vor allem als Rauschmittel und als Rohstoff für die Herstellung stärkerer Drogen wie Heroin. In der letzten Erntesaison, die im Juli endete, wurden laut einem Bericht des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) geschätzt 6800 Tonnen Opium produziert, eine Steigerung um acht Prozent gegenüber 2020. 

Laut Berechnungen der UN-Behörde werden im Jahr 2021 im Opiumgeschäft zwischen 1,8 und 2,7 Milliarden US-Dollar in Afghanistan umgesetzt worden sein, rund ein Zehntel der afghanischen Wirtschaftsleistung.

Afghanistan: Das Geschäft mit Opium

03:07

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"Die andauernde wirtschaftliche Unsicherheit seit August 2021 (der Machtübernahme durch die Taliban - Anm.d.Red.) hat die Opiumpreise im August und September in die Höhe getrieben; das stärkt den Anreiz für den Opiumanbau", heißt es in dem UN-Bericht weiter. Bis zu 90 Prozent der Weltproduktion von Opium stammen aus Afghanistan.  

Sichere Einnahmequelle 

"Die Opiumproduktion in Afghanistan wird weiter steigen; der Anbau vom Opium ist eine sichere Einnahmequelle für Bauern und viele Arbeitslose, die nun aus den Städten in ihren Dörfern zurückkehren", sagt ein ehemaliger Offizier der afghanischen Armee im Telefonat mit der DW. Bis zur Machtübernahme der Taliban gehört er zu einer Spezialeinheit der afghanischen Armee, deren Aufgabe der Kampf gegen die Drogenkriminalität war. Angesichts der jüngsten Exekutionen und Entführungen von afghanischen Sicherheitskräften möchte er seinen Namen nicht nennen. 

"Wir hatten nicht alles unter Kontrolle damals", gibt der Offizier zu. "Vor allem in abgelegenen Gebieten hatten die Taliban mehr Einfluss und schützten die Bauern, die Schlafmohn anbauten. Wenn die Taliban wollen, können sie die Opiumproduktion zurückfahren, das haben sie schon einmal gezeigt." Während der ersten Herrschaftsphase der Taliban 1996-2001 setzten sie ein weitgehendes Ende der Drogenproduktion durch, die 2001 infolgedessen auf 185 Tonnen sank. Nach dem Sturz der Taliban Ende 2001 schoss die Opiumproduktion wieder in die Höhe.

Auch heute wollen die Taliban nach eigenen Angaben den Opiumanbau und den Drogenhandel in Afghanistan bekämpfen. Sie kündigten nach ihrer Machtübernahme im August an, die Produktion vom Opium auf "null" reduzieren zu wollen. Allerdings hatten sie in den 90-er Jahren mit dem Schlafmohnverbot viel Sympathien unter den Bauern in den ländlichen Gebieten verloren. Als Terrormiliz stiegen sie wieder ins Drogengeschäft ein und erzielten laut US-Regierung bis zu 60 Prozent ihrer Jahreseinnahmen aus dem Anbau und Handel mit Drogen.  

Der Westen tat wenig gegen die Opiumwirtschaft

Thomas Ruttig vom "Afghanistan Analysts Network" weist darauf hin, dass die Taliban weder den Opium- noch den Heroinschmuggel kontrollierten. Der sei illegal sei; Steuern könnten nur erhoben werden, wenn einzelne Straftäter erwischt werden. Durchaus aber könnten individuelle Taliban in die Drogenkriminalität involviert sein.

Dies sei auch bei der vorherigen Regierung der Fall gewesen. "Die vorherige Regierung rang mit den Taliban um Einfluss in den ländlichen Gebieten, und viele ihrer Leute waren direkt am Drogenschmuggel beteiligt, oft auch die Polizei." Der Afghanistan-Experte Ruttig ergänzt: "Die westlichen Truppen waren mit vielen Warlords, Kommandeuren, Staatsoffiziellen verbunden, von denen sie sogar wussten, dass sie in den Drogenschmuggel involviert waren, und sie haben nur in wenigen Einzelfällen wirklich etwas dagegen unternommen." 

Die jetzige Ankündigung der Taliban, die Opiumproduktion auf null reduzieren zu wollen, kann man laut Ruttig nicht ernst nehmen: "Sie wollen und sie können das nicht durchsetzen, weil sie damit wichtige Unterstützer in den ländlichen Gebieten verlieren könnten."  

Taliban finanzieren sich mit illegalen Aktivitäten

01:51

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