Wer nach dem Ende der Baschir-Ära auf Besserung für das afrikanische Land hoffte, wird eines Schlechteren belehrt: Die Oppositionsproteste und die brutale Reaktion der Sicherheitskräfte drohen zum Dauerzustand zu werden.
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Im Sudan ist kein Ende der Gewalt in Sicht. Augenzeugen berichteten im britischen Rundfunksender BBC von anhaltendem Gewehrfeuer in der Hauptstadt Khartum. Soldaten und Milizen durchkämmten demnach Stadtviertel, drangen in Gebäude ein, vergewaltigten und plünderten. Das Internet wurde abgestellt. Die Opposition sprach von mindestens 60 Toten seit dem Überfall auf ein Protestcamp am Montag. Mehr als 300 Menschen hätten Verletzungen erlitten. Der Sprecher der sudanesischen Medizinerorganisation CCSD sagte der BBC, zudem seien 40 Leichen aus dem Nil geborgen worden.
Opposition lehnt Pläne für Neuwahlen ab
Anführer der Protestbewegung 'Kräfte für Freiheit und Wandel' verurteilten das "blutige Massaker" und riefen zu neuen Kundgebungen auf. Sie forderten ihre Anhänger zudem auf, sich einem "totalen zivilen Ungehorsam" anzuschließen, um den Militärrat unter Führung von General Abdel Fattah al-Burhan zu stürzen. Dessen Ankündigung, binnen neun Monaten Neuwahlen abhalten zu lassen, wird von der Opposition abgelehnt.
Ein Antrag Deutschlands und Großbritanniens im UN-Sicherheitsrat, die Ausschreitungen zu verurteilen, scheiterte in der Nacht am Veto Russlands und Chinas. Zuvor hatte der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, Nicholas Haysom, das höchste UN-Gremium über die Lage in dem nordostafrikanischen Land informiert. In einer Erklärung der deutschen Vertretung in New York hieß es, die sudanesischen Sicherheitskräfte müssten umgehend jede Art von Gewalt einstellen. Die einseitige Entscheidung der Junta vom Dienstag, Verhandlungen mit der Opposition aufzukündigen, sei besorgniserregend. Das brutale Vorgehen gefährde den Übergangsprozess im Sudan, hieß es in einer in New York veröffentlichten Erklärung Deutschlands und sieben weiterer EU-Staaten.
Dschandschawid-Milizen für Eskalation verantwortlich?
Hinter der Eskalation der Gewalt vermutet die Opposition vor allem Einheiten der sogenannten schnellen Unterstützungstruppen (RSF), die aus den berüchtigten Dschandschawid-Milizen bestehen. Diese hatten sich im Bürgerkrieg in Darfur zahlreicher Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht. Bislang ist weiter unklar, ob die Ausschreitungen auch mit einer Spaltung innerhalb der Junta zusammenhängen. Konservative Kräfte im sogenannten Militärrat hatten jede Zusammenarbeit mit der Opposition abgelehnt.
Sudan: Das Ende des Traums von der Demokratie?
Nach den gescheiterten Gesprächen über die Bildung einer Übergangsregierung hat das sudanesische Militär gewaltsam das zentrale Protestcamp der Opposition aufgelöst. Mindestens 35 Menschen sollen getötet worden sein.
Bild: picture-alliance/AP Photo
Gewalteskalation in Khartum
Es war früh am Montagmorgen, als Sicherheitskräfte im Zentrum von Sudans Hauptstadt Khartum auf den Platz vorrückten, auf dem Demonstranten in wochenlanger Sitzblockade ausgeharrt hatten. Nach Angaben von Augenzeugen und Aktivisten griffen die Soldaten mit Schlagstöcken, Tränengas und scharfer Munition an. Die Demonstranten versuchten, unter anderem mit brennenden Reifen, Barrikaden zu errichten.
Bild: Reuters
Viele Tote und Verletzte
Diese Demonstrantin scheint noch kampfeslustig - die meisten flohen aber angesichts des massiven Vorgehens des Militärs. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen, wie Menschen in den Straßen Khartums um ihr Leben rennen. Dem Zentralkomitee sudanesischer Ärzte zufolge wurden am Montag mehr als 35 Protestierende getötet, Hunderte weitere seien verletzt worden.
Bild: Getty Images/AFP/A. Shazly
Internationale Gemeinschaft entsetzt
Demonstranten versuchen sich mit allem Möglichen gegen das Militär zu schützen. Dessen Vorgehen wurde international scharf kritisiert. Der Präsident des militärischen Übergangsrats, Abdel Fattah Burhan, versprach daraufhin Medienberichten zufolge, die Vorfälle zu untersuchen. Deutschland und Großbritannien haben wegen der Krise im Sudan eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt.
Bild: Reuters
Militär kündigt Neuwahlen an
Unterstützer des Militärs halten ein Banner mit den Generälen Mohamed Hamdan Dagalo und Burhan hoch. Letzterer kündigte nach den blutigen Auseinandersetzungen an, alle bisherigen Zugeständnisse an die Opposition aufzuheben. Innerhalb von neun Monaten sollen dem Präsidenten des militärischen Übergangsrats zufolge außerdem "unter internationaler Beobachtung" Neuwahlen durchgeführt werden.
Bild: Getty Images/AFP/A. Shazly
Hoffnung auf politischen Wandel schwindet
Dieses Graffiti mit dem Wort "Freedom" (Freiheit) verkörpert die Aufbruchstimmung, die im Sudan herrschte, als die Armee Langzeitherrscher Omar al-Baschir im April nach monatelangen Massenprotesten entmachtete. Ein demokratischer Wandel schien vielen zum Greifen nah, man führte Gespräche mit dem Militär. Doch mit dessen brutalem Vorgehen vom Montag ist eine Einigung in weite Ferne gerückt.
Bild: picture-alliance/AA
Weitere Proteste angekündigt
Wochenlang hatten in Khartum Tausende die Straßen um das Armeehauptquartier besetzt. Die Sitzblockade trug maßgeblich zum Sturz al-Baschirs bei und wurde danach fortgeführt. Ihren Angriff auf das Protestcamp hat die Armee damit gerechtfertigt, dass es eine "Gefahr für die Sicherheit und den öffentlichen Frieden" darstelle. Die Opposition hat zu weiterem zivilen Ungehorsam aufgerufen.
Bild: Reuters/M. Nureldin Abdallah
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Mitte Dezember hatte die sudanesische Zivilgesellschaft, insbesondere die Mittelschicht, zunächst gegen steigende Brot- und Spritpreise protestiert. Die Demonstranten forderten jedoch bald den Rücktritt des seit fast 30 Jahren regierenden Präsidenten Omar al-Baschir. Am 11. April stürzte die Armee Al-Baschir und setzte einen Militärrat ein. Seither haben sich Militärführung und Opposition nicht auf die Bildung einer Übergangsregierung einigen können. Während die Junta die letzte Entscheidungsgewalt behalten will, fordert die Opposition eine mehrheitlich zivile Regierung.