Oppositionsführer Nikolic neuer Präsident in Serbien
20. Mai 2012
Alle Umfragen und alle Prognosen zur Präsidentenwahl hatten den langjährigen serbischen Präsidenten Boris Tadic von der Demokratischen Partei als sicheren Sieger gesehen. Doch der nationalistische Oppositionsführer Tomislav Nikolic von der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) schaffte in der Stichwahl am Sonntag das scheinbar Unmögliche. Nun löst er den bisher alles beherrschenden Spitzenpolitiker ab. "Ich beglückwünsche ihn zum Sieg", räumte Tadic in Belgrad seine Niederlage ein.
Niedrige Wahlbeteiligung
Das Zentrum für Freie Wahlen (CeSID) ermittelte aufgrund einer Auswahl von Wahllokalen für Nikolic einen Anteil von 49,4 Prozent der abgegebenen Stimmen, für Tadic nur 47,4 Prozent. In den letzten Umfragen vor der Wahl hatte der 54 Jahre alte Tadic deutlich vorne gelegen.
Die Wahlbeteiligung war niedrig, was für den 60-jährigen Nikolic von Vorteil gewesen sein dürfte. Nur rund 45 Prozent der 6,8 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Daneben soll es nach inoffiziellen Informationen bis zu 100.000 ungültig gemachte Stimmzettel gegeben haben. In den Stichwahlen 2004 und 2008 hatte sich Tadic jeweils gegen Nikolic durchgesetzt.
Europäischen Weg beibehalten
Nikolic bemühte sich noch in der Wahlnacht, Zweifel an seinem politischen Kurs zu zerstreuen. "Serbien wird nicht vom europäischen Weg abweichen", sagte er vor seinen jubelnden Anhängern und bekannte sich damit zu Tadics Bestreben, eine rasche Aufnahme Serbiens in die Europäische Union zu erreichen. Nikolic war einst ein erbitterter Gegner einer Annäherung an die EU. Tadic war es in den vergangenen Jahren gelungen, das einst politisch und wirtschaftlich isolierte Serbien an die EU heranzuführen. Seit März hat das Balkanland den Kandidatenstatus.
Wirtschaftsthemen dominierten den Wahlkampf
Bei der zeitgleich mit der ersten Runde der Präsidentschaftswahl abgehaltenen Parlamentswahl war Nikolics SNS stärkste Kraft geworden. Erstmals seit Jahrzehnten war der Wahlkampf nicht vom Balkan-Konflikt bestimmt, sondern vor allem von Wirtschaftsthemen. Die Arbeitslosigkeit liegt nach offiziellen Angaben bei 24 Prozent. Nikolic und seine Partei profitierten bei der Parlaments- und Präsidentschaftswahl vor allem von dem wachsenden Unmut der Bevölkerungsschichten, die von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffen werden.
pg/kle (dpa, dapd, rtr, afp)