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PolitikTunesien

Oppositionspolitiker in Tunesien festgenommen

6. September 2023

Schon länger wird befürchtet, dass sich Tunesien zu einer Autokratie wandelt. Immer wieder wird gegen Kritiker vorgegangen. Nun wurden zwei führende Oppositionelle ins Visier genommen.

Ennahda-Interimschef Mondher al-Wanissi auf einer Pressekonferenz
Mondher al-Wanissi führt die Oppositionspartei Ennahda als Interimschef (Archivbild)Bild: Jihed Abidellaoui/REUTERS

In Tunesien gehen die Behörden erneut gegen die Opposition vor. Die Polizei nahm zwei hochrangige Funktionäre der islamischen Ennahda-Partei fest - der größten Oppositionskraft im Land. Betroffen ist nach Angaben der Partei Interimschef Mondher al-Wanissi. Die Festnahme erfolgte, nachdem eine Audioaufnahme durchgesickert war, die ihm zugeschrieben wird. Darin soll es um Konflikte innerhalb der Partei, ausländische Finanzierungen und Vereinbarungen über einen politischen Übergang im Land gegangen sein. Al-Wanissi bestritt jegliche Verbindung zu den Aufnahmen und sprach von einer Fälschung.

Auch Abdel Karim al-Harouni, Chef des Shura-Rates - dem höchsten Gremium der Partei -, wurde nach Parteiangaben festgenommen. Al-Harouni stand bereits seit Tagen unter Hausarrest.

Abdel Karim al-Harouni wurde ebenfalls festgenommen (Archivbild)Bild: WASSIM/PanoramiC/Imago

Der tunesische Präsident Kais Saied hatte in den vergangenen Monaten etliche Kritiker festnehmen lassen, darunter Oppositionelle, Aktivisten und Richter. Ihnen werden etwa Korruption und "Verschwörung gegen die Staatssicherheit" vorgeworfen. Auch mehrere Ennahda-Mitglieder sind betroffen, unter ihnen ist auch der prominenteste Kritiker Saieds, Ennahda-Anführer Rached Ghannouch.

Die einst beliebte Ennahda-Partei hat in der Bevölkerung stark an Zuspruch verloren. Viele Tunesier halten sie für korrupt. Seit den Umbrüchen nach der Revolution beim sogenannten Arabischen Frühling von 2011 wurden in Tunesien zunächst wichtige demokratische Reformen eingeleitet.

Sorgen um Tunesiens Demokratie

Doch Präsident Saied sicherte sich in den vergangenen Jahren immer mehr Macht in dem nordafrikanischen Land mit zwölf Millionen Einwohnern. Er löste dafür im Vorjahr auch das Parlament auf, deren stärkste Kraft die Ennahda war. Die Macht der als moderat geltenden Islamisten wurde erheblich beschnitten. Saied ließ später eine neue, deutlich geschwächte Volksvertretung wählen. Der Staatschef führte außerdem eine umstrittene neue Verfassung ein, dank der er auch eigenmächtig Richter ernennen und entlassen darf.

Tunesiens Präsident Kais Saied geht immer wieder gegen Kritiker vorBild: SPA/AFP

Saieds Gegner befürchten, dass der Präsident den letzten demokratischen Staat Nordafrikas in eine Autokratie umwandeln und die demokratischen Errungenschaften der Revolution des Arabischen Frühlings 2011, die in Tunesien ihren Anfang nahm, zurückdrehen will. Er selbst rechtfertigt sein Vorgehen damit, das Land aus der Krise führen zu wollen. Tunesien ringt mit großen wirtschaftlichen Problemen.

cwo/sti (dpa, rtr, epd)

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