Nach Oprah Winfreys Rede bei den Golden Globes wird sie als nächste US-Präsidentin gehandelt. Sie wäre nicht der erste Medienstar im Weißen Haus, denn Popularität hilft im Wahlkampf. Doch was, wenn es ans Regieren geht?
Doch neben den "Oprah 2020"-Rufen wurden auch Gegenstimmen laut, die davor warnen, sich mit der Medienfrau eine linke Version des jetzigen Amtsinhabers ins Weiße Haus zu holen. Zur Erinnerung: Auch der Immobilientycoon Donald Trump wurde als Gastgeber einer Reality-Show zum TV-Star.
Reagan und Schwarzenegger: Politiker made in Hollywood
Der US-Journalist David Roberts warnte davor, sich von der Idee blenden zu lassen, dass man nur erfolgreich und charismatisch sein müsse, um dieses Amt auszuüben. "Wenn die Trump-Jahre etwas gezeigt haben, dann dass die Präsidentschaft ein tatsächlicher Beruf ist", schreibt Roberts auf Twitter.
Der Weg von Hollywood ins Weiße Haus ist in den USA aber schon lange kein Novum mehr: Ronald Reagan hatte den Wandel vom Schauspieler und Medienprofi zum Staatsoberhaupt bereits in den 1980er Jahren vollzogen. Damals noch eine absolute Sensation, sind politische Ambitionen in Hollywood spätestens seit Arnold Schwarzeneggers Karriere als Gouverneur von Kalifornien etabliert.
Experte: "Wahlen gewinnen reicht nicht"
Doch der Politologe Laurenz Ensser-Jedenastik von der Universität Wien warnt vor einem Trugschluss: Politiker würden in der Öffentlichkeit oft auf eine einzige Frage reduziert: "Können sie eine Wahl gewinnen?" Wählerinnen und Wähler ansprechen zu können, sei zwar eine zentrale Fähigkeit für Politikerinnen und Politiker, aber "nur eine von vielen, die einen guten Politiker oder eine gute Politikerin ausmachen".
Ob und wie ein Mensch mit politischen Ambitionen seinen Weg in öffentliche Ämter findet, hängt von dem demokratischen Prozess und der Rolle der Parteien ab, mit dem eine Gesellschaft ihre Führung wählt. Und der ist von Land zu Land sehr unterschiedlich.
Promis in der Politik
Sie waren Schauspieler, Sportler, Unternehmer oder Autoren. Mit Politik hatten sie in ihrer früheren Karriere wenig am Hut. Trotzdem schafften es Schwarzenegger, Trump und Co. in hohe politische Ämter.
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Vom Terminator zum Governator
Arnold Schwarzenegger gehört zweifelsohne zu den berühmtesten Kandidaten, die es von der Leinwand auf die Bühne der Politik geschafft haben. Von 2003 bis 2011 ist er Gouverneur von Kalifornien. Während er anfangs einen rigoros republikanischen Kurs fährt, verschärft er später die Waffengesetze und hebt den Mindestlohn an. Heute macht er sich außerdem für den Umweltschutz stark.
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"Make America great again" - Das Original
Durch die Schauspielerei macht Ronald Reagan früh erste Gehversuche in der Politik: Ab 1941 engagiert er sich gewerkschaftliche bei Warner Bros. und wird Präsident der Gewerkschaft der Filmschaffenden. Später wendet er sich den Republikanern zu, für die er zunächst in Kalifornien regiert und 1981 ins Weiße Haus einzieht. Sein damaliger Wahlslogan, ein alter bekannter: "Make America great again."
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Kommunalpolitisches Intermezzo
Mit Kalifornien hat auch Clint Eastwoods Politkarriere zu tun - offenbar haben die Bewohner des bevölkerungsreichsten US-Staats ein Faible für Männer aus dem Showbizz. Von 1986 bis 1988 ist der Schauspieler und Regisseur Bürgermeister seiner Wohngemeinde Carmel-by-the-Sea. Seit 1973 ist er Mitglied der Republikanischen Partei - und spricht sich 2016 sodann auch für unseren nächsten Promi aus...
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... Donald Trump: Aus dem Baugewerbe an die Spitze einer Weltmacht
So kennt man ihn von früher: glamouröse Partyauftritte (hier 1989 mit Ex-Ehefrau Ivana), Milliardeninvestitionen in Luxusbauten, Ratgeber zum Reichwerden, brachiale Sprüche, mit denen er sich rühmt. Berühmt - und berüchtigt - ist Donald Trump in den USA schon lange. Heute bekleidet er das Amt des 45. Präsidenten und hält seitdem die Welt mit provokanten Tweets und Äußerungen in Atem.
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Eine Frau vom Fach
Im Gegensatz zu Trump ist Melina Merkouris Weg in die Politik naheliegend. Ihr Vater: einst griechischer Innenminister, der Großvater Bürgermeister von Athen. Zwar singt und schauspielert Merkouri erfolgreich - unter anderem wird sie für ihre Rolle in "Sonntags nie" (1959) in Cannes geehrt - doch macht auch sie Politik. Ab 1981 prägt sie über viele Jahre das Amt der griechischen Kulturministerin.
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Botschafter am Zufluchtsort
Politisch nicht aktiv zu werden, scheint bei Antonio Skármetas Lebensweg geradezu ausgeschlossen: 1974 zwingt ihn der Militärputsch in seiner Heimat Chile zur Flucht nach Berlin. Das Fremdsein, das Leben im Exil werden zu Lebensthemen in seinen Schriften. Nach 16 Jahren kehrt er in seine Heimat zurück. Von 2000 bis 2003 kommt er nochmal nach Berlin - diesmal als Botschafter der Republik Chile.
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Aus dem Boxring in die Politarena
Sein erster Weltmeistertitel - legendär: Gerade mal vier Minuten und fünf Schläge braucht Vitali Klitschko für den Sieg. Sein Spitzname: "Dr. Eisenfaust". Doch wer denkt, bei Vitali handelt es sich um einen tumben Klischeeschläger, der irrt. Der Ukrainer ist eloquent und politisch aktiv: 2013 unterstützt er die Proteste auf dem Maidan, 2014 wird er zum Bürgermeister von Kiew gewählt.
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In den USA hat laut Ensser-Jedenastik der Einfluss von Parteien auf diesen Prozess stark abgenommen: "Sonst hätte jemand wie Donald Trump nie im Leben Präsident werden können." Trump sei an seiner eigenen Partei vorbei Präsident geworden. Wäre der Nominierungsprozess nicht durch die Vorwahlen mitentschieden worden, hätten ihn die Republikaner vielleicht gar nicht als Kandidaten aufgestellt, sagt der Politologe: "Parteien wollen Wahlen gewinnen, aber sie wollen ja auch regieren und Dinge umsetzen." Kandidaten dürfen also nicht nur gut im Stimmenfang sein, sie müssen nach einer gewonnen Wahl auch ihr Amt ausüben können.
Oxford und ENA: Europas politische Kaderschmieden?
Doch welche Qualifikationen muss ein politisch ambitionierter Mensch mitbringen, um ein öffentliches Amt auch ausüben zu können? Gibt es eine perfekte Ausbildung für Politiker?
Mit der Gründung der École Nationale d'Administration (ENA) hat der ehemalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle versucht, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Die ENA ist eine spezielle Hochschule für öffentliche Ämter, in der Beamte für den höheren Dienst ausgebildet werden. Emmanuell Macron, François Hollande und Jacques Chirac, aber auch zahlreiche Minister, Aufsichtsräte und Führungskräfte internationaler Organisationen haben hier studiert.
Auch im Vereinigten Königreich gibt es einen interdisziplinären Studiengang aus Philosophie, Politik und Wirtschaft (engl. Kürzel: PPE), dessen Absolventen überdurchschnittlich oft ihren Weg in öffentliche Ämter finden: "PPE: Der Oxford-Abschluss der Großbritannien regiert", überschrieb die britische Zeitung "The Guardian" ihre Recherche zu den Verflechtungen des Studiengangs mit dem politischen System Großbritanniens.
Ein Erfolgsgarant seien einschlägige Studiengänge wie in Frankreich und Großbritannien ohnehin nicht, meint Ennser-Jedenastik: "Das sind alles Kanäle, die in die Politik führen, aber nicht notwendigerweise auf die Politik vorbereiten", sagt er. "Politik ist ein Lehrberuf. Das lernt man On-the-Job." Politische Erfahrung müsse man sammeln, in Gremien, Institutionen und Parteiarbeit. "Die Frage ist: Haben wir Systeme, in denen Leute an die Spitze kommen, die ausreichend Erfahrung sammeln können."
Was für ein Ausnahmefall Trump ist, zeigt insofern auch der Vergleich mit Reagan und Schwarzenegger. Wie Trump haben sie zwar für die Republikanische Partei kandidiert, aber sie engagierten sich früh und jahrelang und testeten ihre Fähigkeiten in vergleichsweise kleineren Ämtern.
Frisches Blut im eingefahrenen Polit-Betrieb
Quereinsteiger sind aber nicht grundsätzlich schlecht, sagt Politologe Ennser-Jedenastik. So könnten "frisches Blut in den politischen Kreislauf bringen, in den sie Perspektiven oder Expertisen einbringen, die dort nicht so vorhanden sind." Eine wichtige Qualität für jeden Politiker sei Lernbereitschaft. "Wer bereit ist, aus seinen eigenen Erfahrungen und Fehlern und auch den Fehlern anderer im Geschäft zu lernen, der hat sicher einen Vorteil", sagt der Experte.
Und wie stehen die Chancen von Oprah Winfrey? Dass sie lernwillig und vielseitig ist, hat die Moderatorin, Schauspielerin und Geschäftsfrau in ihrer bisherigen Karriere hinreichend belegt. In der demokratischen Partei ist sie engagiert, im Wahlkampf 2008 hatte sie den damaligen Kandidaten Barack Obama aktiv unterstützt. "Das hatte einen echten Effekt, der seine Unterstützung im demokratischen Lager gestärkt hat", sagt Politologe Ennser-Jedenastik. Aber die echte Arbeit beginnt eben erst, wenn man selbst ein politisches Amt ausübt.
Oprah Winfrey hat alles erreicht - will sie noch mehr?
25 Jahre hat Oprah Winfrey vor einem Millionenpublikum ihre Talkshow moderiert, sie ist eine schwerreiche Medienmogulin - und scheint nun mit 63 Jahren politische Ambitionen zu haben.
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Ausgezeichnet für ihr Lebenswerk
Bei den Golden Globes erhielt Oprah Winfrey den Cecil-B.-DeMille-Preis für ihr Lebenswerk - als erste schwarze Frau. In ihrer Rede hielt die 63-Jährige ein Plädoyer für die Gleichberechtigung, betonte Frauen- und Bürgerrechte und erhielt von der versammelten Hollywood-Prominenz stehende Ovationen. Ihre Rede gilt vielen Beobachtern als erster Schritt zur Präsidentschaftskandidatur.
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Zweifelhafter Freund
Bei den Globes dankte sie besonders jenen Frauen, die über die sexuellen Übergriffe des Produzenten Harvey Weinstein gesprochen hatten. Ob sie selbst nichts davon wusste? Bei zahlreichen Anlässen zeigten sich beide vertraut, hier bei der Premiere des von Weinstein produzierten Biopics "Der Butler", in dem Winfrey mitspielte. Eine Verbindung, die ihren politischen Ambitionen im Weg stehen könnte?
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Der Aufstieg
1984 war die damals 30-Jährige gerade aus Baltimore nach Chicago gezogen, um die Moderation der Talkshow zu übernehmen, die sie zum Megastar machte. Sie verkörpert den amerikanische Traum. Denn Winfrey stammt aus ärmlichen Verhältnissen, ist das uneheliche Kind einer Putzfrau, wurde sexuell missbraucht, verlor mit 14 ein Kind nach der Geburt, sie nahm Drogen und hatte eine Essstörung.
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Erfolg im Kino
Kurz nach ihrem Talkshow-Debüt wagte Winfrey ihren ersten Ausflug ins Filmgeschäft - natürlich überaus erfolgreich: 1985 spielte sie in Steven Spielbergs Verfilmung des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Bestsellers "Die Farbe Lila" neben Whoopi Goldberg - und erhielt im Folgejahr eine Oscar-Nominierung.
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Spiritueller Partner
Seit 1986 ist der Unternehmer Stedman Graham der Mann an ihrer Seite. Das Paar verlobte sich und wollte 1992 heiraten, entschied sich dann aber, in einer spirituellen Verbindung zu leben - ohne Trauschein. Graham ließ die Medien nach der Globe-Rede seiner Lebensgefährtin bereits wissen, dass sie für die Präsidentschaftskandidatur bereit sei.
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Stimme der Bürgerrechtsbewegung
Neben dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush und seinem Vorgänger Bill Clinton sprach Winfrey im November 2006 über die Bürgerrechtsbewegung und das Vermächtnis von Martin Luther King. Bei anderen Anlässen schoss die Moderatorin schon mal über das Ziel hinaus: So warf sie Mitarbeitern eines Kaufhauses Rassismus vor, weil die sie 15 Minuten nach Ladenschluss nicht mehr bedienen wollten.
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Politische Unterstützerin
Als eine der einflussreichsten Personen der US-Medienindustrie unterstützte Winfrey 2008 die Präsidentschaftskandidatur von Barack Obama. Bei der vergangenen Wahl setzte sie sich für die demokratische Kandidatin Hillary Clinton ein, deren Ehemann Bill mehrfach Gast in Oprahs Talkshow war.
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Die Welt zu Gast bei Oprah
Viele Promis saßen schon bei "Oprah" auf dem Sofa, hier im Jahr 2000 der damals amtierende US-Vizepräsident Al Gore. Mitunter geriet Winfrey in die Kritik, sie gehe zu unkritisch mit ihren Gästen um. Dem Publikum gefiel es: Rund 20 Millionen Zuschauer schalteten ein, das "Forbes Magazine" wählte sie 2009 zur einflussreichsten Prominenten - mit einem Jahreseinkommen von 315 Millionen Dollar.
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Hat gut lachen
Nach dem Ende ihrer Talkshow 2011 gründete Winfrey einen eigenen TV-Sender, sie gibt die Frauenzeitschrift "O, The Oprah Magazine" heraus und leitet die Produktionsfirma Harpo (Oprah rückwärts), die Reality-Trash-TV ebenso produziert wie Kinofilme über die Bürgerrechtsbewegung, zuletzt 2014 das Drama "Selma". Ihr Vermögen wird auf 2,8 Milliarden Dollar geschätzt.