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Politik

Option US-Intervention?

26. Februar 2019

Im Venezuela-Konflikt hat die Lima-Gruppe eine Militärintervention mehrheitlich abgelehnt. Doch wie lange halten sich die USA noch daran? Erinnerungen an dunkle Zeiten der US-Politik in Lateinamerika werden wach.

Florida Trump Rede zu Venezuela Krise
Bild: Reuters/K. Lamarque

Sieben Millionen US-Dollar stecken die USA in den chilenischen Präsidentschaftswahlkampf von 1970, doch es hilft nichts. Der Sozialist Salvador Allende gewinnt trotzdem die Wahlen. Daraufhin sollen die Militärs noch vor der Amtseinführung Allende stürzen, doch auch das misslingt. Massive Geheimoperationen der CIA folgen, Washington lässt sich diese zehn Millionen US-Dollar kosten.

"Lasst die chilenische Wirtschaft schreien", fordert US-Präsident Richard Nixon seine Berater auf, die chilenische Wirtschaft zu destabilisieren. Allende bleibt trotzdem an der Macht. Die Ultima Ratio: der von den USA politisch und finanziell unterstützte Militärputsch vom 11. September 1973. Die unliebsame linke chilenische Regierung wird gestürzt, eine rechte inthronisiert.

Wiederholt sich jetzt in Venezuela Geschichte?

"Alle Optionen liegen auf dem Tisch" hatte US-Präsident Donald Trump schon vor einem Monat in Richtung Caracas getönt, und das Drama um die gescheiterten Hilfslieferungen vom Samstag lässt die Option einer diplomatischen Lösung des Konfliktes immer unwahrscheinlicher werden.

"Eine Militärintervention würde der außenpolitischen Linie Trumps widersprechen" - Christian HackeBild: Picture alliance/dpa/D. Borm/WDR

Ist die Möglichkeit einer US-amerikanischen Militärintervention also im Gegenzug wahrscheinlicher geworden? "Auf keinen Fall" sagt der Politikwissenschaftler und USA-Experte Christian Hacke, "das würde der Trumpschen Außenpolitik mit Protektionismus als Leitlinie ebenso widersprechen wie der Stimmung in den USA selbst."

Trump will sich in Venezuela nicht die Finger verbrennen

US-Vizepräsident Mike Pence beließ es beim öffentlichkeitswirksamen Treffen mit dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó in Bogotá zunächst bei verbaler Unterstützung. Die USA würden so lange an der Seite Venezuelas stehen, "bis Demokratie und Freiheit wiederhergestellt sind, es gibt keinen Weg zurück." Für die USA heißt das: mit weiteren Sanktionen der Regierung von Nicolás Maduro immer weiter die Luft abschnüren.

"Der Moment ist gekommen, mehr zu tun" - US-Vizepräsident Mike Pence mit Juan GuaidóBild: picture-alliance/AP Photo/M. Mejia

Das US-Finanzministerium verhängte jetzt Strafmaßnahmen gegen die Gouverneure der Bundesstaaten Apure, Vargas, Carabobo und Zulia, die mitverantwortlich für die Blockade der Hilfslieferungen waren: kein Zugriff mehr auf ihre Konten in den USA, außerdem Einreiseverbote. "Die USA werden sicherlich auch ihre verdeckten geheimdienstlichen Aktivitäten verstärken, aber Trump wird sich trotzdem in Venezuela nicht die Finger verbrennen wollen", glaubt Hacke.

Machtkampf USA gegen China

"Venezuela ist Austragungsort eines größeren Machtspiels geworden", sagt Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Da sei zum einen die aufstrebende, energiehungrige Macht China und andererseits die USA, die keine Konkurrenz in ihrer sogenannten Hemisphäre dulden würden.

"Die USA erhöhen mit Sanktionen den Druck auf das Militär, die eigentlichen Nutznießer der Petro-Dollar" - Josef BramlBild: Privat

Der Autor des Buches "Trumps Amerika - Auf Kosten der Freiheit" erklärt: "In der Nationalen Sicherheitsstrategie vom Dezember 2017 wurde Chinas Präsenz in Lateinamerika als nationale Sicherheitsbedrohung der USA eingestuft, welche die Weltmacht notfalls mit allen Mitteln, auch militärischen, bekämpfen wird." Das China also, dass Venezuela im letzten Jahrzehnt mit 62 Milliarden Dollar Krediten im Austausch für Erdöl ausgeholfen hat und in ganz Lateinamerika seinen geopolitischen Einfluss sukzessive ausbaut.

Hinterhof Lateinamerika vernachlässigt

Die USA haben dagegen in den vergangenen 20 Jahren ihren selbst ernannten Hinterhof links liegen gelassen. Weder der Republikaner George W. Bush noch der Demokrat Barack Obama zeigten großes Interesse an der Region, China und auch Russland nutzten dieses Vakuum geschickt. Hinzu kommt: In Lateinamerika hat man den Militärputsch in Chile, den Kampf gegen die Sandinisten in Nicaragua oder auch die Entführung von Panamas Machthaber Manuel Noriega nicht vergessen.

Ziemlich beste Freunde? Barack Obama mit Hugo Chávez 2009 in Port of Spain, Trinidad und TobagoBild: picture-alliance/AP Photo/M. Kambon

Die antiimperialistische Propaganda von Nicolás Maduro verfängt deswegen immer noch und ist auch ein Grund, warum sich Venezuelas Präsident trotz Repression, einer hungernden Bevölkerung und einer katastrophalen medizinischen Versorgungslage an der Macht halten kann.

Alles auf die Karte Sanktionen

Die USA wollen keinen Flächenbrand in der Region riskieren und bauen darauf, dass durch die Sanktionen und die fehlenden Öleinnahmen Maduro bald das Geld fehlen wird, die ihm noch treu ergebenen Militärs zu bezahlen. Wechselt das Militär die Seiten, ist Maduro Geschichte, so die Strategie in Washington. Und gleichzeitig der Weg frei für Juan Guaidó, der mit einer Invasion wohl keine politische Zukunft mehr hätte.

Henry Kissinger, mittlerweile 95 Jahre alt, bei der Trauerfeier für den US-Politiker John McCainBild: Getty Images/AFP/S. Loeb

"Ich sehe nicht ein, weshalb es nötig sein sollte, still zu halten und zuzusehen, wie ein Land durch die Verantwortungslosigkeit seines Volkes kommunistisch wird" - hatte der damalige US-Sicherheitsberater Henry Kissinger über Chile gesagt. Ein halbes Jahrhundert später setzen die USA alles auf die Karte Sanktionen - und hoffen so wie damals in Chile dabei zusehen zu können, dass sich ihr "Problem" in Lateinamerika auf diese Art und Weise von selbst löst.

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