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Politik

Orban wettert erneut gegen die EU

15. März 2019

Nur einen Tag, nachdem er die europäische Parteienfamilie EVP um Entschuldigung gebeten hat, hat Ungarns Regierungschef Orban nochmals mit der EU abgerechnet. Damit liefert er wieder ein Argument für den EVP-Ausschluss.

Ungarn Budapest - Nationalfeiertag: Viktor Orban
Bild: Reuters/L. Niesner

Wenige Tage vor der Abstimmung über einen möglichen Ausschluss seiner Fidezs-Partei (Ungarischer Bürgerbund) aus der Europäischen Volkspartei (EVP) hat der ungarische Ministerpräsident seine EU-skeptische Haltung bekräftigt. Er wolle, dass die im Mai anstehenden Europawahlen "ein Ende des Alptraums der Vereinigten Staaten von Europa sind, damit Europa wieder den Europäern gehört", sagte er in einer Rede zum ungarischen Nationalfeiertag. "Wir wollen starke Nationalstaaten, und wir wollen starke Führer an der Spitze Europas sehen."

Vor mehreren Tausenden Anhängern im Zentrum der Hauptstadt Budapest brüstete sich Viktor Orban damit "die Migranten-Invasion an den Südgrenzen Ungarns aufgehalten" zu haben und versprach: "Wir werden den Niedergang Europas aufhalten." Die EU-kritische Rede Orbans steht in einer Reihe mit anderen antieuropäischen aber auch antisemitischen Äußerungen, durch die der ungarische Regierungschef und sein Fidesz in der EVP ins Abseits geraten sind.

EVP-Ausschluss weiter auf der Agenda

13 Mitgliedsparteien der EVP fordern derzeit den Ausschluss des Fidesz. Nicht zuletzt wegen einer Anti-Brüssel-Plakatkampagne in dem die Orban-Regierung den aus der EVP kommenden EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und den liberalen US-Investor George Soros mit falschen Behauptungen über die Migration diffamiert hatte. Der EVP-Vorstand will am kommenden Mittwoch in Brüssel über den Ausschluss des Fidesz aus der Parteienfamilie entscheiden.

Tausende Anhänger lauschten der Rede Viktor Orbans am NationalfeiertagBild: Reuters/L. Niesner

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass Orban sich bei den 13 EVP-Parteichefs, die die Fidesz-Verbannung fordern, für seine Äußerung "nützliche Idioten" entschuldigt hat. Einige Parteichefs, wie etwa der Chef der konservative litauische Partei Vaterlandsunion, Gabrielius Landsbergis, plädieren trotzdem weiter für den Ausschluss oder die zeitweise Suspendierung von Fidesz."Meiner Meinung nach muss die Europäische Volkspartei eine Entscheidung über Ungarn treffen, weil das anhaltende Abfinden mit Populisten innerhalb der Partei auch andere Parteien der Familie berührt", sagte Landsbergis der Agentur BNS in Vilnius.

Fidesz-Ausschluss könnte Ziel der EVP gefährden

Der EVP-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Manfred Weber (CSU), betonte, dass weiter alle Optionen auf dem Tisch lägen. "Wenn es Viktor Orban nicht schafft, in den nächsten Tagen bei den EVP-Parteien und seinen Kritikern Vertrauen zu schaffen, dann wird es ein schwieriger Weg", sagte Weber dem Magazin "Der Spiegel". Dass sich Orban entschuldigt und umstrittene Plakate habe abhängen lassen, sei "ein Anfang, aber nicht mehr", sagte Weber.

Besuchte Anfang der Woche persönlich den ungarischen Ministerpräsidenten: EVP-Spitzenkandidat Manfred WeberBild: picture alliance/dpa/MTI/S. Kosticsak

Ein Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP-Fraktion hätte Auswirkungen auf die Mehrheitsverhältnisse im nächsten Europäischen Parlament nach den Europawahlen und könnte Webers Ziel, die Wahl zum Kommissionspräsidenten, gefährden. Orban hat bereits angekündigt, dass der rechts-nationale Fidesz im Falle eines  Ausscheidens aus der EVP eine Allianz mit der polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eingehen werde. Die PiS gehört momentan noch der EU-skeptischen EKR-Fraktion an.

Auch ungarische Gerichtsreform in der Kritik

Am Nationalfeiertag übten Orban und sein polnischer Kollege Mateusz Morawiecki schon einmal den Schulterschluss. Als Gastredner betonte Morawiecki, die seit mehr als 1000 Jahren in Freundschaft verbundenen Nationen der Ungarn und der Polen würden "für ein besseres Europa kämpfen". Ungarn und Polen unterstützen sich gegenseitig, um die gegen beide Länder wegen des Abbaus der Demokratie auf den Weg gebrachten Rechtsstaatsverfahren in der EU unwirksam zu machen.

Zudem ist Ungarn wie zuvor Polen wegen einer Gerichtsreform in den Fokus des Europarats gerückt. Mit den geplanten Gesetzen bekomme der Justizminister das letzte Wort bei der Ernennung von Verwaltungsrichtern, teilte die Venedig-Kommission des Europarates mit. Der Minister und einige wenige andere erhielten eine "sehr ausgedehnte Macht", während es keine Kontrollmechanismen gebe, die diesen Einfluss einschränkten. Die Experten empfehlen dem Land nun, das System zur Ernennung von Richtern für die Gerichte zu überarbeiten. Kritiker fürchten, dass Orban mit der Gerichtsreform die noch mehr oder weniger unabhängige Justiz  aushebeln will.

ww/se (dpa, rtr, ap)

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