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Film

Oscar-Nominierungen: Zu weiß und zu männlich

Bettina Baumann
7. Februar 2020

Männer mit weißer Hautfarbe haben die besten Aussichten auf einen Oscar. Frauen und People of Color wurden auch 2020 bei den Nominierungen vernachlässigt. Trotz Kritik bewegt sich nur wenig.

Vor der 92. Oscarverleihung (picture-alliance/dpa/AP/Invision/C. Pizzello)
Bild: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa/picture alliance

Es ist eine altehrwürdige Tradition: Kurz vor der Verleihung der Oscars lädt die Oscar-Academy ihre Nominierten zu einem gemeinsamen Mittagessen ein. So auch in diesem Jahr. Kurz darauf veröffentlichte sie auf Twitter ein Gruppenfoto der Gäste.Die große Mehrheit der Abgebildeten darauf sind weiß und männlich. Sofort gab es Protest. 

Nicht nur Twitter-Nutzer ärgerten sich über die Nominierungen für die 92. Oscarverleihung, sondern auch amerikanische Medien wie die New York Times. Im Internet titelte das Blatt: "Sehr männlich, sehr weiß: Lasst uns über die Oscar-Nominierungen sprechen".

Wurde wider Erwarten nicht für die Beste Regie nominiert: Greta GerwigBild: picture-alliance/AP Images/AP/Invision/J. C Ryan

Schauspielerin und Filmemacherin Issa Rae, die die Nominierten am 13. Januar im US-Fernsehen verkündete, sagte ganz bewusst, sie gratuliere all diesen Männern, nachdem sie die Anwärter in der Sparte Beste Regie verlesen hatte. Denn anders als erwartet tauchten in der Kategorie weder Greta Gerwig noch andere Regisseurinnen auf. Nur Männer wurden verlesen: Todd Phillips ("Joker"), Martin Scorsese ("The Irishman"), Sam Mendes ("1917"), Quentin Tarantino ("Once Upon a Time in Hollywood") und Bong Joon-ho ("Parasite").

Immerhin: Mit Bong Joon-ho, der aus Südkorea stammt, ist in der Kategorie wenigstens eine Person of Color (PoC) vertreten - die insgesamt, genau wie die Frauen, in den 24 Oscar-Kategorien auch in diesem Jahr spärlich Erwähnung finden. Die Protestbewegungen #OscarsSoMale und #OscarsSoWhite gewinnen 2020 weiter an Brisanz. 

Zahlen sprechen eine klare Sprache

Die Zahlen sprechen für sich: Lässt man die Darsteller-Kategorien außen vor (hier treten die Geschlechter ohnehin getrennt voneinander an), so sind von den insgesamt 193 Nominierten knapp 30 Prozent weiblich und 70 Prozent männlich.

Der Blick auf die Sparten im Einzelnen zeigt, dass der Frauenanteil in vier Kategorien sogar unter 20 Prozent liegt, in vier weiteren geht er gegen Null: Die Sparten Beste Regie, Bester Ton, Beste Kamera und Beste visuelle Effekte machen die Männer unter sich aus.

In lediglich drei Kategorien haben die Männer das Nachsehen bei den Nominierungen: Beim Besten animierten Kurzfilm, dem Besten dokumentarischen Kurzfilm und dem Besten Kostümdesign können mehr Frauen auf eine Oscar-Trophäe hoffen - allerdings ist selbst in diesen Kategorien das Geschlechterverhältnis eher ausgewogen als eindeutig zugunsten der Frauen. 

Frauen Jahrzehnte lang außen vor gelassen

Bestimmte Kategorien bleiben besonders hartnäckig von Männern dominiert. In der gesamten Oscar-Geschichte - 1929 fand die erste Verleihung statt - nominierte die Jury nur fünf Frauen für die Beste Regie. Die letzte war Greta Gerwig im Jahr 2018 und allein Kathryn Bigelow gelang es, den Oscar in dieser Kategorie auch tatsächlich zu gewinnen. 

Die Sektion Beste Kamera ist ebenfalls fest in Männerhand. Mit Rachel Morrison war vor zwei Jahren die erste und einzige Frau überhaupt in dieser Kategorie nominiert. 

1997 gewann Rachel Portman als erste Frau den Oscar für die Beste Filmmusik; Anne Dudley gelang das Kunststück ein Jahr später. 

Die isländischen Cellistin und Komponistin Hildur Guðnadóttir, die den Soundtrack zum großen Oscar-Favoriten "Joker" geschrieben hat, könnte in diesem Jahr die dritte Frau sein, die die Kategorie für sich entscheidet. Die Jury der Golden Globes hat sie mit ihren traurigen Cello-Klängen bereits überzeugen können.Historisches Hoch für Frauen

Was die Nominierungen und Vergabe von Preisen an People of Color angeht, so war man bei der Oscar-Academy schon mal fortschrittlicher. Im vergangen Jahr wurden so viele People of Color wie noch nie ausgezeichnet. Auch die Jahre 2017 - hier war die Hälfte der Gewinner in den Darsteller-Kategorien schwarz - und 2018 - zwei People of Color wurden als Beste Nebendarsteller geehrt - sahen besser aus als 2020.

Der Frauenanteil, so niedrig die diesjährigen 30 Prozent auch weiterhin sein mögen, ist allerdings der höchste in der Oscar-Geschichte. In Hollywood bewegt sich etwas - wenn auch langsam, wie die Zahlen belegen.  

Vor vier Jahren etwa veränderte die Oscar-Jury, die inzwischen rund 8500 Mitglieder zählt, ihre Besetzung: Um für mehr Diversität zu sorgen, nahm sie mehr Frauen und People of Color auf und vergrößerte sich um 35 Prozent. Im vergangenen Jahr bestand die Hälfte der Neumitglieder zudem aus Frauen. Dennoch bleibt die Jury, die über die begehrten Oscar-Trophäen entscheidet, zu 68 Prozent männlich und zu 84 Prozent weiß. Das ist möglicherweise einer der Gründe, warum Männerthemen bei den meisten nominierten Filmen dominieren und ausschließlich weiße nominierte Schauspieler in den diesjährigen Darsteller-Kategorien auftauchen. 

Es ist also davon auszugehen, dass die Oscar-Academy sich an diesem Sonntag, wenn es heißt, "And the Oscar goes to...", erneut den Vorwürfen #OscarsSoMale und #OscarsSoWhite stellen muss.   

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