Südafrikas früherer Paralympics-Star hat schon fast zehn Jahre wegen Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp abgesessen. Von nun an muss sich Oscar Pistorius einem recht strengen Bewährungssystem unterwerfen.
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Der frühere südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius ist auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Das gab die südafrikanische Strafverfolgungsbehörde in einer kurzen Mitteilung bekannt. Pistorius sei nun "zu Hause". Die Entlassung in eine fünf Jahre dauernde Bewährung erfolgte fast elf Jahre nach der Tötung von Pistorius' damaliger Freundin Reeva Steenkamp. Der als Sportidol geltende Pistorius hatte die damals 29-Jährige in der Nacht zum Valentinstag 2013 mit vier Schüssen durch die Toilettentür seiner Villa getötet. Für die Tat wurde der unterhalb beider Knie amputierte Sprintstar 2014 zunächst zu fünf, später wegen Totschlags zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.
Bilder des heute 37-Jährigen beim Verlassen des Gefängnisses in Pretoria gab es nicht: Die Strafverfolgungsbehörde hatte in den Tagen vor der Entlassung betont, Pistorius werde behandelt wie jeder andere auf Bewährung entlassene Häftling. "Häftlinge und auf Bewährung Entlassene werden niemals zur Schau gestellt", hieß es mit Blick auf all jene, die vielleicht hofften, Pistorius das Gefängnis verlassen zu sehen. "Medien, die außerhalb einer Haftanstalt campieren, werden nicht an ihrer Arbeit gehindert, aber es wird ihnen nicht möglich sein, Bilder oder Videos von Pistorius zu bekommen." Zahlreiche südafrikanische und internationale Fernsehteams und Fotografen hatten dennoch seit Mitternacht vor dem Gefängnis ausgeharrt.
Aggressionsbewältigung, kein Alkohol, keine Interviews
Für Pistorius, sechsmaliger Gold-Gewinner bei Paralympics und sechsmaliger Weltmeister, gelten strenge Auflagen. Er wird zunächst im Haus seines Onkels leben, das er ohne Erlaubnis der Behörden nicht verlassen darf. Seit der Bewilligung der Bewährung musste er in der Haftanstalt ein Reintegrationsprogramm durchlaufen. Zu den Bewährungsauflagen gehören eine Therapie zur Aggressionsbewältigung sowie gemeinnützige Arbeit im Bereich geschlechtsspezifischer Gewalt. Alkohol ist in der fünfjährigen Bewährungszeit für Pistorius tabu, Drogen sowieso. Er muss zu bestimmten Zeiten zu Hause sein und darf keine Medieninterviews geben.
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Das Leid der Eltern
Eine schriftliche Stellungnahme von Steenkamps Mutter June macht deutlich, dass die Wunden der Angehörigen auch nahezu elf Jahre nach der Bluttat nicht verheilt sind. Sie und ihr inzwischen verstorbener Ehemann Barry hätten sich nie mit dem Tod ihrer Tochter abfinden können, schreibt Steenkamp. Das weltweite Medieninteresse an dem Fall "bedeutete den Verlust unserer Privatsphäre und machte es schwierig, in Frieden zu trauern".
Freilassung bleibt umstritten
Unumstritten ist die Freilassung von Pistorius auf Bewährung nicht. Brenda Madumise-Pajibo, Leiterin einer Organisation zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, sprach im südafrikanischen Fernsehsender SABC von einem falschen Signal. Täter, die wegen brutaler geschlechtsspezifischer Straftaten verurteilt würden, sollten keine Möglichkeit erhalten, auf Bewährung freizukommen. Die Frauenorganisation des regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) forderte in einer Stellungnahme, die Bewährungsauflagen für Pistorius sollten sorgsam überwacht werden. "Wir können über die Schwere des Verbrechens von Oscar Pistorius nicht hinwegsehen", heißt es darin.
Gefallene Helden: vom Sportstar zur tragischen Figur
Diego Maradona, O. J. Simpson, Jan Ullrich und Co. haben als Athleten viel erreicht, nach der aktiven Karriere aber viel Ansehen verspielt. Ihre Geschichten weisen Parallelen auf.
Bild: picture-alliance/dpa/Tass/P. Kovalev
O. J. Simpson: Footballstar und Schauspieler
In den 1970er-Jahren ist Orenthal James "O. J." Simpson einer der besten American-Football-Spieler. Der Running Back wird 1973 zum Most Valuable Player gewählt, nachdem er als erster Spieler über 2000 Yards in einer Saison läuft. 1985 wird er in die Hall of Fame aufgenommen. Simpson macht als Schauspieler Karriere, spielt in der Fernsehserie Roots und den Nackte-Kanone-Filmen mit.
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O. J. Simpson: unter Mordverdacht
1994 werden Simpsons Ex-Frau Nicole Brown Simpson und ihr Freund Ron Goldman erstochen aufgefunden. Die Staatsanwaltschaft Los Angeles klagt O. J. wegen Mordes an. Die Geschworenen sprechen ihn frei. Im folgenden Zivilprozess wird er dazu verurteilt, 29 Millionen Euro Schadenersatz an die Opferfamilien zu zahlen. Nach einer neunjährigen Gefängnisstrafe wegen eines Raubes kommt Simpson 2017 frei.
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Diego Maradona: der Weltmeister
Diego Maradona gewinnt mit Argentinien die Fußballweltmeisterschaft 1986 im Finale gegen Deutschland (3:2) und wird zum besten Spieler des Turniers gewählt. Mit dem SSC Neapel holt er den UEFA-Pokal 1989 und zwei italienische Meisterschaften.
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Diego Maradona: Drogen und Alkohol
Schon als Spieler kokst Diego Maradona. Nach der aktiven Karriere machen seine Drogen- und Alkoholsucht und sein Übergewicht Schlagzeilen. Während der Fußball-WM 2018 in Russland sorgt seine schlechte Verfassung erneut für Aufsehen: Er tanzt wirr, macht unflätige Gesten, schläft auf der Tribüne ein. Seine Begleiter müssen ihn auf dem Weg in die VIP-Loge stützen.
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Tonya Harding: die Eiskunstläuferin
Die US-Amerikanerin Tonya Harding (l.) gewinnt 1991 bei der Weltmeisterschaft im Eiskunstlaufen in München die Silbermedaille. Rechts im Bild: Ihre Rivalin aus dem eigenen Land: Nancy Kerrigan.
Bild: picture-alliance/dpa
Tonya Harding: Ex-Mann sabotiert Rivalin
Im Training zur US-Meisterschaft 1994 schlägt ein Attentäter Hardings ärgste Konkurrentin Nancy Kerrigan mit einer Eisenstange aufs Knie. Hardings damaliger Ehemann, Jeff Gillooly, hatte ihn beauftragt. Harding wird wegen Behinderung der Ermittlungen zu drei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von rund 140.000 Euro verurteilt. Die Filmbiografie "I, Tonya" gewinnt 2018 einen Oscar.
Vier Olympiasiege, sechs Weltmeistertitel, zwei Siege bei der Vierschanzentournee und 46 Weltcup-Siege machen den Finnen Matti Nykänen zum erfolgreichsten Skispringer der 1980er-Jahre.
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Matti Nykänen: Popstar, Stripper, Gewalttäter
Nach Nykänens (l.) Skisprung-Karriere folgen erfolglose Auftritte als Popsänger und Stripper. Der Tiefpunkt: 2004 sollen Nykänen und seine vierte Ehefrau, Mervi Tapola (r.), im Alkoholrausch gemeinsam einen Freund niedergestochen haben. Nykänen plädiert vor Gericht auf Notwehr und wird zu 26 Monaten Haft verurteilt. Weitere Haftstrafen wegen Gewalttaten gegen Frauen folgen. 2019 stirbt Nykänen.
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Marion Jones: Olympia-Gold in Sydney 2000
Marion Jones ist der weibliche Superstar der Olympischen Spiele 2000 in Sydney. Die Leichtathletin gewinnt dreimal Gold in den Sprints über 100 Meter, 200 Meter und in der 4x400-Meter-Staffel sowie zweimal Bronze in der 4x100-Meter-Staffel und im Weitsprung.
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Marion Jones: Haft und Medaillenverlust
Vor einem New Yorker Gericht gibt Sprinterin Marion Jones 2007 zu, vor den Olympischen Sommerspielen 2000 Steroide genommen und bei früheren Untersuchungen die Ermittler darüber belogen zu haben. Das Gericht verurteilt Jones zu einem halben Jahr Haft. Das Internationale Olympische Komitee erkennt ihr die Medaillen ab. Schulden zwingen sie 2006 zum Verkauf ihrer Immobilien.
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Lance Armstrong: dominiert den Radsport
Erst besiegt Lance Armstrong den Krebs. Dann wird er Jan Ullrichs größter Widersacher. Zwischen 1999 und 2005 gewinnt Armstrong siebenmal in Folge die Tour de France.
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Lance Armstrong: scheitert sportlich
Dopinggerüchte begleiten stets die Karriere des Lance Armstrong. Denn seine Leistungen erscheinen übermenschlich. 2012 überführt die US Anti-Doping Agentur (USADA) Armstrong des systematischen Dopings. Die Union Cycliste Internationale (UCI) erkennt ihm alle Tourerfolge ab.
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Jan Ullrich: Gerichtsprozesse, Alkohol, Drogen
August 2018, Frankfurt am Main: Die Polizei nimmt Ulrich fest. Er soll eine Escort-Dame auf seinem Hotelzimmer gewürgt haben. Die Beamten weisen ihn in die Psychiatrie ein. Zuvor auf Mallorca: Im Drogenrausch randaliert Ullrich auf dem Grundstück von Till Schweiger. Die Polizei nimmt ihn fest. 2014: Ullrich verletzt bei einer Alkoholfahrt zwei Menschen. Das Urteil: 21 Monaten Haft auf Bewährung.
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Jan Ullrich: der erste deutsche Tour-Sieger
Jan Ullrich ist bis heute einer der erfolgreichsten deutschen Radrennfahrer. 1997 gewinnt er als bislang einziger Deutscher die Tour de France. Zudem holt er 2000 in Sydney olympisches Gold im Straßenrennen und schnappt sich die Silbermedaille im Zeitfahren. Sein Abstieg beginnt während der Karriere: Mehrfach des Dopings überführt, zeigt sich Ullrich jahrelang uneinsichtig.
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Oscar Pistorius: der Blade Runner
Dem südafrikanischen Sprinter Oscar Pistorius werden im Alter von 11 Monaten seine unterentwickelten Unterschenkel amputiert. Bei der Leichtathletik WM im koreanischen Degu 2011 läuft er auf Prothesen mit der 4x400-Meter-Staffel zur Silbermedaille. In London startet er 2012 als erster Mensch mit beidseitig amputierten Beinen bei den Olympischen Spielen.
Bild: picture-alliance/dpa
Oscar Pistorius: der Mörder
Im Februar 2013 erschießt Oscar Pistorius seine Partnerin, das Modell Reeva Steenkamp, in seinem Haus in Pretoia durch eine geschlossene Tür. Er beteuert, sie für eine Einbrecherin gehalten zu haben. Nach einer Reihe von Gerichtsprozessen verurteilt ihn das Oberste Berufungsgericht Südafrikas 2017 zu 15 Jahren Haft wegen Mordes.
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Dennis Rodman: der Rebound-König
Bad Boy Dennis Rodman gewinnt mit den Detroit Pistons und den Chicago Bulls insgesamt fünf Meisterschaften in der Nordamerikanischen Basketballliga (NBA), wird zwei Mal als bester Defensivspieler der Liga ausgezeichnet und sichert von 1992 bis 1998 sieben Saisons in Folge die meisten Rebounds (Abpraller). Er ist Mitglied der Hall of Fame.
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Dennis Rodman: als "Diplomat" in Nordkorea
Nach der aktiven Laufbahn verhaftet die Polizei Rodman mehrfach wegen Alkoholfahrten, häuslicher Gewalt und Ruhestörung. Die wiederholten Besuche des exzentrischen Ex-Basketballers bei Nordkoreas Diktator Kim Jong-un machen Schlagzeilen. Rodman sieht sich dabei in diplomatischer Mission: Über Twitter teilt der US-Amerikaner mit, dass er versuchen wolle Frieden zwischen beiden Nationen zu bringen.
Bild: picture-alliance/AP Photo/KCNA
Boris Becker: plötzlich ein Star
1985 beginnt der kometenhafte Aufstieg des Boris Becker: Mit 17 Jahren gewinnt er als bislang jüngster Tennisspieler in Wimbledon. Im Finale bezwingt er Kevin Curren. Insgesamt holt Becker sechs Grand-Slam-Titel und 1992 in Barcelona eine olympische Goldmedaille im Doppel mit Michael Stich.
Bild: picture-alliance/ dpa
Boris Becker: Insolvenz trotz Trainer-Erfolge
2017 erklärt ein Londoner Gericht Becker für Pleite. Um dem Insolvenzverfahren zu entgehen, beruft er sich im Juni auf seine diplomatische Immunität als Sport-Attaché der Zentralafrikanischen Republik bei der EU. Außenminister Charles Armel Doubane spricht von einem gefälschten Diplomatenpass. Als Trainer hat Becker mehr Erfolg als im Privatleben: Er führte Novak Djokovic zu vielen Erfolgen.