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Oscars 2025: Wenig Politik, viel Glanz

Anastassia Boutsko
3. März 2025

Das Rennen um den begehrtesten Filmpreis der Welt gewann am Ende die Tragikomödie "Anora". Deutsche Trophäenhoffnungen wurden kaum erfüllt. Die Highlights im Überblick.

Junge Frau (Schauspielerin Mikey Madison) mit der goldenen Oscar-Tropäe
Mikey Madison gewann den Oscar für die beste HauptdarstellerinBild: Jordan Strauss/Invision/dpa/picture alliance

Die 97. Oscar-Nacht barg doch Einiges an Überraschungen: Zwar war abzusehen, dass die von der Kritik hochgelobte Independent-Produktion "Anora", die in sechs Kategorien nominiert war, nicht leer ausgehen wird, aber mit einem solchen Triumph hat doch kaum jemand gerechnet: Die Low-Budget-Produktion über die Liaison zwischen einer New Yorker Stripperin und einem russischen Oligarchensohn wurde in fünf Kategorien, darunter in der Königskategorie "Bester Film", ausgezeichnet.

Ferner gewann "Anora" in vier weiteren Sparten: Sean Baker wurde als bester Regisseur und Mikey Madison, die die Rolle der Anora spielt, als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Damit setzte sich die 25-jährige Madison gegen eine starke Konkurrenz durch: Mitnominiert waren Demi Moore ("The Substance"), Cynthia Erivo ("Wicked"), Karla Sofía Gascón ("Emilia Pérez") und Fernanda Torres ("I'm Still Here").

"Anora" ist der große Gewinner der 97. OscarsBild: Chris Pizzello/Invision/dpa/picture alliance

Der Regisseur Baker, der seine Filme vom Drehbuch über Casting bis hin zum Schnitt selbst gestaltet, erhielt die Trophäen in den Kategorien bestes Original-Drehbuch und bester Schnitt. Der Name "Anora" ist im Übrigen usbekischen Ursprungs und bedeutet "Licht". Nach Bakers Plot stammt die Stripperin Anora aus einer Familie mit postsowjetischem Hintergrund und spricht ebenso etwas Russisch.

Die einzige "Anora"-Nominierung, die keinen Preis erbrachte, war die für den aus Reutow bei Moskau stammenden Nebendarsteller Jura Borisov. Der Charakterdarsteller Borisov ist in Russland ein Star, der auch in propagandistisch gefärbten Streifen zu sehen ist. So spielte er die Hauptrolle in dem Blockbuster "AK-47" über den Erfinder des Sturmgewehrs "Kalaschnikow". Allein schon die Nominierung wurde als vorgezogene Annäherung beider Länder in zahlreichen russischen Medien gefeiert, noch vor Trumps Sieg im Präsidentenrennen.

Favoriten kämpfen mit der Enttäuschung

Einige vielversprechende Favoriten gingen (fast) leer aus: Von dreizehn Nominierungen hat das spanischsprachige Musical "Emilia Pérez" über eine transsexuelle mexikanische Kartellchefin nur zwei Oscars gewonnen, darunter Zoe Saldaña für beste Nebendarstellerin. Im Vorfeld sorgte Karla Sofía Gascón für Negativ-Schlagzeilen. Grund waren rassistische und islamfeindliche Aussagen, die sie in der Vergangenheit auf Twitter gepostet hat. Deshalb wurde die Hauptdarstellerin des Musical-Thrillers aus der Oscar-Werbekampagne von Netflix gestrichen.

"Der Brutalist", der zu den größten Film-Hits 2024 zählte, wurde dreimal geehrt: Adrien Brody bekam den Preis als bester Hauptdarsteller.

"Der Brutalist": Adrien Brody mit seiner Film-Frau Felicity Jones Bild: A24/AP/picture alliance

Für den 51 Jahre alten US-Schauspieler war es der zweite Oscar in seiner Karriere nach "Der Pianist" vor über 20 Jahren. Im Film von Brady Corbet spielt Brody einen ungarischen Architekten und Holocaust-Überlebenden, der in die USA emigriert. Doch das Versprechen des American Dream zerbricht und wird zu einem Alptraum aus Antisemitismus und Gewalt.

Deutsche Erwartungen nicht erfüllt

Die deutschen Oscar-Kandidaten gingen hingegen fast leer aus: Der Regisseur Edward Berger war mit seinem Vatikan-Thriller "Konklave" in acht Oscar-Kategorien im Rennen. Einen Preis gab es lediglich in der Nebenkategorie "bestes adaptiertes Drehbuch" für den Autor Peter Straughan. 

Vatikan von Innen: Ralph Fiennes als Cardinal Lawrence in einer Szene aus dem Film "Konklave"Bild: picture alliance/dpa/Leonine Studios/Focus Features

Auch der in Deutschland produzierte Film "Die Saat des heiligen Feigenbaums" des im Exil lebenden Iraners Mohammad Rasoulof ging leer aus. Der Film dreht sich um die Massenproteste im Iran nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. 

Jubeln konnte hingegen Gerd Nefzer, der mit seinem Können im technischen Bereich erneut die Jury überzeugen konnte: Mit seinem Team gewann er bereits seinen dritten Oscar für die besten visuellen Effekte - hier für "Dune 2" von Denis Villeneuve.

Wenig Politik auf dem roten Teppich

Das politische Geschehen kam angesichts der aktuellen Weltlage erschreckend kurz. Moderationen und Reden blieben eher allgemein. Den Namen des US-Präsidenten sprach - anders als in früheren Verleihungen - niemand aus. Doch völlig unpolitisch bliebt die Oscar-Nacht auch nicht: So ging eine der begehrten Trophäen an den Dokumentarfilm "No Other Land" eines palästinensisch-israelischen Teams, der von der Räumung palästinensischer Dörfer im Westjordanland erzählt. Der Film war auch bei der Berlinale 2024 ausgezeichnet worden, den Machern wurde einseitige Positionierung im Nahost-Konflikt und auch Antisemitismus vorgeworfen.

Der israelisch-palästinensische Dokumentarfilm "No Other Land" dokumentiert das Leid der Menschen im WestjordanlandBild: TFS/Capital Pictures/IMAGO

Bei der Preisverleihung in Los Angeles sagte der palästinensische Filmemacher Basel Adra: "Unser Film spiegelt die harte Realität wider, die wir seit Jahrzehnten ertragen und gegen die wir uns immer noch wehren". Er sei vor etwa zwei Monaten Vater geworden und hoffe, dass seine Tochter nicht das gleiche Leben wie er gerade führen müsse. Der israelische Co-Regisseur Abraham kritisierte die Außenpolitik der USA: "Wir haben diesen Film gemacht, Palästinenser und Israelis, denn gemeinsam sind unsere Stimmen stärker". Er sprach sich für nationale Rechte für beide Völker aus - und kritisierte in diesem Kontext die Außenpolitik der USA, ohne Präsident Donald Trump namentlich zu erwähnen. Er forderte "eine politische Lösung ohne ethnische Vorherrschaft, mit nationalen Rechten für unsere beiden Völker", und ergänzte: "Und wie ich hier stehe, muss ich sagen: Die Außenpolitik in diesem Land trägt dazu bei, diesen Weg zu blockieren."

Der russische Krieg in der Ukraine blieb hingegen weitestgehend unausgesprochen: Lediglich die Schauspielerin Daryl Hannah erinnerte auf der Bühne an das Leid der Menschen in der Ukraine.

Erster Oscar für Brasilien

Das riesige Sambadrom von Rio de Janeiro brach am Sonntag in lautem Jubel aus, als bekannt wurde, dass Brasilien seinen ersten Oscar gewonnen hat, und das mitten am ersten Tag seiner berühmten Samba-Paraden. "I'm Still Here" erhielt den ersten brasilianischen Oscar in der Kategorie "Bester internationaler Film" und löste einen nationalen Eifer aus, der normalerweise dem Karneval in Rio oder der Fußballweltmeisterschaft vorbehalten ist. "Der Oscar gehört uns", rief ein Sprecher über die Lautsprecher, und die Nachricht wurde von etwa 70.000 Menschen mit Schreien und Umarmungen begrüßt. Im Drama des brasilianischen Regisseur Walter Salles geht es um eine schmerzvolle Familiengeschichte während der Militärdiktatur. 

…und "Die einzige Frau im Orchester"

In der Kategorie bester Dokumentar-Kurzfilm ging die Oscar-Auszeichnung an "Die einzige Frau im Orchester" ("The Only Girl in the Orchestra") von Molly O'Brien und Lisa Remington. Die jungen Filmemacherinnen portraitieren scharfsinnig und pointiert die Kontrabassistin Orin O'Brien. 1966 wurde die Musikerin als erste Frau von Leonard Bernstein für die New Yorker Philharmoniker engagiert.

 

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