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Politik

Oskar Lafontaine kehrt Linkspartei den Rücken

17. März 2022

Ein langer Streit geht zu Ende: Oscar Lafontaine bricht mit der Linkspartei, die er vor rund 15 Jahren mitgegründet hat. Es ist nicht der erste Parteiaustritt in seiner Laufbahn.

Deutschland Saarbrücken | Letzte Plenardebatte für Oskar Lafontaine
Oskar Lafontaine nahm am Mittwoch an seiner Landtagssitzung in Saarbrücken teil Bild: BeckerBredel/IMAGO

Gerade erst hat er seine aktive Zeit als Politiker besiegelt, jetzt tritt er aus der Linkspartei aus: Oskar Lafontaine tritt mit einem großen Paukenschlag von der politischen Bühne ab. Der Partei, die er mitbegründet hat und deren Vorsitzender er einmal war, wolle er nicht mehr angehören, teilte er in Saarbrücken mit. "Ich wollte, dass es im politischen Spektrum eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit gibt, deshalb habe ich die Partei Die Linke mitgegründet. Die heutige Linke hat diesen Anspruch aufgegeben."

Spätestens 2015 habe die damalige Parteiführung begonnen, den politischen Kurs zu verändern, erklärte Lafontaine. "Im Zuge dessen wandelte sich die Linke allmählich zu einer Partei, die ähnliche Ziele verfolgt und sich um dasselbe Wählermilieu bemüht wie die Grünen", kritisierte er. Viele Arbeitnehmer und Rentner hätten sich daraufhin anderen Parteien zugewandt. "Es ist nicht mehr zu übersehen: Normal- und Geringverdiener oder auch Rentner fühlen sich von der Partei nicht mehr vertreten", erklärte Lafontaine.

Oskar Lafontaine, hier in seinem Landtagsbüro, hatte bereits im Februar seinen Rückzug aus der aktiven Politik angekündigtBild: Oliver Dietze/dpa/picture alliance

Er warf der Partei zudem vor, ihre "friedenspolitischen Grundsätze" aufzugeben. So hätten die Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow und andere Fraktionsmitglieder dafür plädiert, dem Antrag der Bundesregierung zum hundert Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr zuzustimmen.

Scharfe Kritik an Linken im Saarland

Im Saarland habe die Bundespartei über Jahre ein "Betrugssystem" zugelassen, bei dem "auf der Grundlage manipulierter Mitgliederlisten Bundestags- und Landtagsmandate vergeben werden". Ein Parteimitglied, das nicht in dieses System eingebunden sei, habe keine Chance auf ein Mandat.

Der 78-Jährige bezog sich damit auf eigene Vorwürfe gegen den Chef des saarländischen Landesverbands, Thomas Lutze. Demnach soll Lutze Lafontaine als ungeeignet dargestellt haben, die Partei im Bundestag zu vertreten. Gegen Lutze laufe ein Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung, erklärte Lafontaine. Zudem stimme Lutze bei zentralen Fragen inhaltlich nicht mit der Politik der Partei überein. Die Ermittlungen gegen den Parteifunktionär wurden inzwischen zum überwiegenden Teil eingestellt.

Lafontaine, bislang Chef der Linksfraktion im Saarland, drohte wegen innerparteilicher Streitigkeiten seit Monaten ein Parteiausschluss, dem er nun zuvorkam. Im Zuge des eskalierten Streits um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl im Saarland hatte Lafontaine dazu aufgerufen, die Partei nicht zu wählen. Dies wurde von Seiten der Linken scharf kritisiert. Auslöser der Auseinandersetzung war eine Kampfabstimmung, bei der die Mitglieder am Ende Lutze zum saarländischen Spitzenkandidaten wählten, während die Fraktion um Lafontaine den Abgeordneten Dennis Lander favorisierte.

Abschied aus der aktiven Politik

Lafontaine hatte im Herbst erklärt, bei der Landtagswahl im Saarland am Sonntag kommender Woche nicht erneut anzutreten. Die einst erfolgreiche Landespartei liegt in Umfragen nur knapp über der Fünfprozenthürde. Am Mittwoch erst war Lafontaine im Landtag mit vielen Dankesworten verabschiedet worden. Hatte er doch mit Unterbrechungen dem Landtag 31 Jahre lang angehört. Damit gingen für ihn gut 50 Jahre aktive Politik zu Ende.

Ein Wahlplakat der Linkspartei mit Lafontaine zur Bundestagswahl 2005 Bild: Wolfgang Moucha/dpa/dpaweb/picture-alliance

Es ist der zweite spektakuläre Bruch des heute 78-Jährigen mit einer Partei. Eine Art Déjà-Vu, das an den 11. März 1999 erinnert. Da hatte Lafontaine als damaliger SPD-Bundesvorsitzender und Bundesfinanzminister im Streit um den Sozialabbau der rot-grünen Regierungskoalition, der später in die Agenda 2010 mündete, seine Posten der SPD-Führung vor die Füße geworfen. Die SPD bebte. Aus der Partei trat er dann im Jahr 2005 aus.

Mitbegründer der Linkspartei

Lafontaine, der zwischen 1985 und 1998 Ministerpräsident im Saarland war, beteiligte sich später am Entstehen der Linkspartei. Diese prägte er als Partei- und Fraktionschef entscheidend mit. 2010 zog er sich nach einer Krebserkrankung von diesen Ämtern zurück, blieb aber Fraktionschef im Saarland.

Lafontaine ist mit der Linken-Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht verheiratet. Wagenknecht wollte sich zunächst nicht zum Austritt ihres Mannes äußern.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht (Archivbild)Bild: Jürgen Heinrich/imago images

Die Partei- und die Fraktionsspitze der Linken bezeichnete den Austritt als falsch und bedauerte ihn. Als Gründungsvorsitzender und langjähriger Fraktionsvorsitzender habe Lafontaine bleibende Verdienste für die Partei, erklärten die Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler und die Fraktionschefs im Bundestag, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch. Auch Parteiurgestein Gregor Gysi drückte sein Bedauern aus und nannte den Schritt bei Twitter "falsch".

kle/rb (afp, dpa)

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