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Politik

Ostasien versucht versöhnlichen Jahresabschluss

23. Dezember 2019

Bei ihrem jährlichen Dreier-Gipfel wollen China, Japan und Südkorea die gegenseitigen Beziehungen verbessern. Indirekt sitzt auch Nordkorea mit am Tisch.

Südkorea, Japan und China beraten über Nordkorea
Li Kequiang, Shinzo Abe und Moon Jae In auf dem Dreier-Gipfel in Tokio 2018Bild: Getty Images/AFP/E. Hoshiko

Die drei großen Nationen in Ostasien steuern auf einen versöhnlichen Jahresausklang zu. Trotz aller Rivalitäten nähern sich China und Japan weiter aneinander an, auch die lange Zeit schlechten Beziehungen zwischen Südkorea und China haben sich zuletzt verbessert. Darüber hinaus mehren sich die Anzeichen, dass Japan und Südkorea aufeinander zugehen und ihre Streitigkeiten beilegen könnten.

Wenn sich Chinas Premier Li Keqiang, Japans Regierungschef Shinzo Abe und Südkoreas Präsident Moon Jae In am Dienstag (24. Dezember 2019) im südchinesischen Chengdu treffen, dürften sie vor allem Fragen der Handels- und Sicherheitspolitik besprechen, darunter die Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den USA und China, ihren Plan für einen eigenen Freihandelsvertrag sowie die Warnung aus Nordkorea vor einem "Weihnachtsgeschenk" an die USA.

Entspannungssignal aus Tokio

Die größte Aufmerksamkeit gilt allerdings wohl nicht dem Dreiertreffen, sondern einer bilateralen Begegnung am Rande. Premier Abe und Präsident Moon setzen sich in Chengdu erstmals nach 15 Monaten Funkstille zusammen. Bei den letzten Begegnungen in Osaka im Juni und in Bangkok im November schüttelte man sich nur die Hände. Die Gespräche dauerten allenfalls Minuten. Aber diesmal soll es einen intensiveren Austausch geben. Das sehen Medien beider Länder trotz mancher Skepsis als Chance für eine Wende.

Wegen eines Konflikts über Entschädigungszahlungen für koreanische Zwangsarbeiter in der Kriegs- und Kolonialzeit ist das Verhältnis zwischen Tokio und Seoul so frostig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Als Reaktion auf Gerichtsurteile in Südkorea erschwerte Japan den Export von Chemikalien für die südkoreanische Halbleiterindustrie, dann strichen sich beide Länder gegenseitig von der Liste der bevorzugten Handelspartner. Auf Druck der USA verzichtete Südkorea erst in letzter Minute darauf, einen Pakt mit Japan über den Austausch von militärischen Informationen zu beenden.

Im August 2019 forderten koreanische Demonstranten vor der japanischen Botschaft in Seoul die Entschädigung von Zwangsarbeitern Bild: Reuters/K. Hong-Ji

Vor dem Treffen von Abe und Moon sandte Japan ein Entspannungssignal. Das Handelsministerium erlaubte die umfassende Ausfuhr von Fotolack, eine der drei Chemikalien, für die Restriktionen eingeführt wurden. Allerdings bestritt das Ministerium einen Zusammenhang mit dem bevorstehenden Treffen der beiden Staatschefs. Doch Abe und Moon stehen unter Handlungsdruck von Seiten ihres gemeinsamen Sicherheitspartners USA. Zudem könnte das Oberste Gericht in Seoul bald entscheiden, ob Vermögenswerte von japanischen Unternehmen in Südkorea zwangsweise liquidiert werden dürfen, um die Entschädigungen an die Ex-Zwangsarbeiter zu finanzieren. Dann würde der Streit eskalieren.

Vorbereitung von Xi-Besuch in Japan

Japans Regierungschef Abe will seinen Abstecher nach China auch nutzen, um die Beziehungen zum Gastgeber zu verbessern. Als Folge des Handelsstreits zwischen den USA und China sind sich Tokio und Peking in den letzten anderthalb Jahren nähergekommen. Im Oktober 2018 fuhr Abe zu Präsident Xi Jinping in die chinesische Hauptstadt Beijing, nun planen beide Länder einen Gegenbesuch von Xi im März oder April in Tokio. Es wäre die erste Staatsvisite eines chinesischen Präsidenten in Japan seit rund zwölf Jahren.

Nach unbestätigten Informationen möchte Japan bei dem Besuch von Xi einen Partnerschaftsvertrag mit China unterzeichnen, der das gegenseitige Verhältnis auf eine neue Stufe bringen und für die kommenden zwanziger Jahre neu definieren soll. Bisher haben sich beide Länder in der gemeinsamen Erklärung von 2008 zu einer "strategischen Beziehung zum gegenseitigen Nutzen" verpflichtet. Zur Vorbereitung des neuen diplomatischen Dokuments will Abe zunächst mit Präsident Xi in Peking sprechen, bevor er sich anschließend in Chengdu mit Premier Li zusammensetzt.

Nordkoreas Ultimatum schürt Sorgen

Ohnehin scheint Chinas Staatschef der heimliche Dreh- und Angelpunkt dieses Ostasien-Treffens zu sein. Auch Südkoreas Präsident Moon reist wegen eines Treffens mit Xi über Peking nach Chengdu. Die beiden Länder haben ihre Auseinandersetzung um die Stationierung einer US-Raketenabwehrstation vor drei Jahren in Südkorea weitgehend überwunden. Anfang Dezember besuchte Chinas Außenminister Wang Yi Seoul und bezeichnete Südkorea als "engen Freund und Partner".

Nordkorea hat wegen fehlender Fortschritte in den Gesprächen mit den USA ein besonderes "Weihnachtsgeschenk" angekündigt. Experten rechnen mit einem RaketentestBild: picture alliance/AP Images/Agencia Noticiosa Central Coreana

Daher dürften Moon und Xi vor allem über die Lage auf der koreanischen Halbinsel sprechen. China hatte vergangene Woche im UN-Sicherheitsrat auf eine Lockerung der Sanktionen gegen Nordkorea gedrängt, während Nordkoreas Führer Kim Jong Un Südkorea seit einiger Zeit auf Distanz hält, obwohl sich Moon intensiv um Vermittlung zwischen Pjöngjang und Washington bemühte.

Das Gespräch von Xi und Moon findet zu einem kritischen Zeitpunkt statt. Nordkorea hat den USA ein Ultimatum bis zum Jahresende gesetzt, einen Lösungsvorschlag für den Fortgang der Abrüstungsgespräche zu machen. Die USA erkennen diese Frist nicht an. Daher erwarten einige Beobachter bereits zum 25. Dezember den Start einer nordkoreanischen Interkontinentalrakete. Japan stellt sich auf einen Abschuss um Neujahr herum ein und stationiert deswegen zwei Zerstörer mit Aegis-Abwehrraketen im Japanischen Meer.