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2025: Endlich dieselben Osterfeiertage für alle

18. April 2025

An diesem Wochenende feiern Christen aller Konfessionen das Osterfest. Orthodoxe in Deutschland sind dafür dankbar. Und hoffen auf mehr.

In der antiochenisch-orthodoxen Kirche St. Grigorios in Berlin-Mitte brennen an Palmsonntag viele der typischen schlanken Wachskerzen. Im Mittelpunkt steht ein einfaches Kreuz.
In der antiochenisch-orthodoxen Kirche St. Grigorios in BerlinBild: Christoph Strack/DW

Gotteshäuser voller Ikonen und prachtvoller Wandbilder, mit Kerzenschein und Weihrauch. Gottesdienste in griechischer oder arabischer Sprache, in Serbisch, Bulgarisch oder Ukrainisch, Russisch oder Rumänisch, auch in Aramäisch, der Sprache, die einst Jesus sprach. Millionen orthodoxe Gläubige leben in Deutschland und bereiten sich auf  Osternam Wochenende vor.

Denn in diesem Jahr feiern alle christlichen Kirchen weltweit das Osterfest an denselben Tagen. Rund zwei Milliarden katholische, evangelische und orthodoxe Christen gedenken des Kreuzestodes Jesu, feiern dessen Auferstehung. Dass die Kirchen des Westens und des Ostens zeitgleich feiern, kommt nur alle paar Jahre vor.

Der serbisch-orthodoxe Metropolit GrigorijeBild: Miodrag Soric/DW

"Jedes Mal, wenn alle Christen weltweit gemeinsam Ostern feiern, weckt das in uns eine tiefe Sehnsucht", sagt Bischof Grigorije Duric (57), Metropolit der serbisch-orthodoxen Christen in Deutschland, der DW. Das stärke den "Willen, den Weg zur Einheit der Kirchen weiterzugehen". Grigorije ist einer von vier orthodoxen Bischöfen in Deutschland, mit denen die DW über das Thema sprach.

Der Vollmond und die Kalender

Aber warum feiern die Kirchen des Westens, vor allem Katholiken und die Kirchen der Reformation - und die Kirchen des Ostens meist zu unterschiedlichen Terminen Ostern? Dazu muss man in die ganz große Kirchengeschichte blicken.

In diesem Jahr jährt sich das Konzil von Nicäa im Jahr 325 zum 1700. Mal. Es war - vor dem Auseinandergehen der Kirchen, vor Trennung und auch Feindschaft - eines der wichtigsten Kirchentreffen überhaupt und wurde von allen Kirchen akzeptiert. Und Nicäa bestimmte als Oster-Termin den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond.

Doch Ende des 16. Jahrhunderts reformierte der römische Papst Gregor XIII. (1502-1585) wegen mancher Details bei Schaltjahren den Kalender. Für die Westkirchen gilt seitdem der sogenannte Gregorianische Kalender. Viele orthodoxe Kirchen bleiben indes beim sogenannten Julianischen Kalender, der sogar noch auf Julius Caesar (100-44 vor Christus) zurückgeht. Seitdem können die Ostertermine von westlichen und östlichen Kirchen bis zu fünf Wochen auseinander liegen.

In den vergangenen Jahren beschworen Kirchenführer die Rückkehr zu einem gemeinsamen Ostertermin aller Christen. Papst Franziskus wirbt seit langem dafür, auch der griechisch-orthodoxe Patriarch Bartholomaios, der koptische Papst Tawadros, kürzlich auch der Weltkirchenrat. Diesen frommen Wunsch, diese Vision umzusetzen, das scheint aber ein Ding der Unmöglichkeit.

"Hauptsache ist, dass Menschen feiern"

"Für mich ganz persönlich spielt es keine Rolle, ob wir zusammen feiern oder nicht", sagt Hanna Haikal (57), seit 1999 Priester der arabisch geprägten antiochenisch-orthodoxen Kirche in Berlin, seit 2011 Bischof dieser Kirche. "Die Hauptsache ist, dass es noch Menschen gibt, die diese Ereignisse der Ostertage feiern und sich darüber freuen. Ob wir das eine Woche vorher oder nachher machen, spielt überhaupt keine Rolle."

Haikals Gemeinde in Berlin-Mitte boomt. Sie ist heute zwei oder drei Mal so groß wie vor dem Sommer 2015. Am Palmsonntag war das einst evangelische Gotteshaus in Berlin-Mitte brechend voll. Weit über hundert Gläubige warteten während der Feier vor dem Haupteingang auf der Straße, um bei der anschließenden Palmprozession gemeinsam um den Straßenblock zu ziehen. Ihnen begegneten staunende, auch irritierte Blicke von Touristen und Berlinern. 

Aber auch Haikal ist unter ganz praktischen Aspekten froh um den gemeinsamen Ostertermin. "Wenn unser Karfreitag ein staatlicher Feiertag ist, können die Menschen leichter zur Kirche kommen, egal ob am Vormittag oder am Nachmittag", sagt er der DW. Das gleiche gelte für den Ostermontag. "Ansonsten müssen wir für den Gottesdienst spätabends feiern." So zog die Karfreitags-Prozession im vorigen Jahr erst in der Dunkelheit durch das abendliche Kneipenviertel.

Schulunterricht am Karfreitag

Ähnlich äußert sich Metropolit Grigorije von den Serben. Wenn sich das Osterdatum der orthodoxen Christen "mit dem der Mehrheitskirchen deckt, sind nicht nur viele von der Arbeit, sondern auch die Kinder vom Schulunterricht befreit", betont er. Das erleichtere die gemeinsame Feier im Familienkreis und mache vielen die Teilnahme am Gottesdienst überhaupt erst möglich. Wenn aber "unser Karfreitag ein ganz normaler Werktag ist", werde alles viel schwieriger.

Und der koptische Bischof Anba Damian (70), sagt: "Es tut gut, dass wir zum selben Zeitpunkt dieselben Emotionen wie die anderen Christen in Deutschland haben und nicht fasten, wenn die anderen essen, und umgekehrt. Und unsere Freude ist unendlich groß, weil wir uns nicht mehr beeilen müssen, weil die Leute am nächsten Tag arbeiten müssen. Wir dürfen ohne Stress und ohne Hektik feiern, weil wir nicht alleine sind und nicht aus dem Rahmen fallen."

Damian erwartet zum Oster-Gottesdienst in der "St. Antonius und St. Schenouda Kirche" in Berlin-Hohenschönhausen rund 1500 Gläubige. Der Bau, der vor 120 Jahren als evangelische Kirche entstand, ist die größte orthodoxe Kirche in der deutschen Hauptstadt. Und wie bei den meisten orthodoxen Gottesdiensten in Deutschland gilt (nicht nur an Ostern): Noch lange nach der Feier sitzen die Gläubigen zusammen, erzählen, essen gemeinsam, feiern. Egal ob bei Serben, Kopten oder den antiochenisch-orthodoxen Christen aus dem Süden der Türkei oder dem angrenzenden Syrien: Die große Zahl an Familien fällt auf.

Bischof Haikal (rechts) bei der Palmsonntags-Prozession in Berlin-MitteBild: Christoph Strack/DW

Bischof Haikal, der bei seinen Gottesdiensten in deutscher Sprache predigt und mit den Gläubigen das "Vater Unser" auch mal in mehreren Sprachen betet,  betont noch einen weiteren Aspekt. Zu seinen Feiern kämen nicht nur orthodoxe Kirchenmitglieder, sondern auch einzelne Gläubige anderer Konfessionen aus der Herkunftsregion, auch einige Katholiken. "Und wir haben viele Misch-Ehen. Für eine Familie, in der zum Beispiel die Frau orthodox und der Mann katholisch ist oder umgekehrt, ist es eine große Freude, wenn sie Ostern zusammen feiern."

Weltweit gibt es rund zwei Milliarden Christinnen und Christen. In Deutschland bekennt sich etwa die Hälfte der rund 83 Millionen Menschen zum christlichen Glauben. Neben 19,7 Millionen Katholiken und knapp 18 Millionen Protestanten leben mittlerweile rund 4,5 Millionen orthodoxe Christen im Land. In den großen Städten gibt es viele orthodoxe Kirchen. Aber auch auf dem Land finden sich orthodoxe Gemeinden, in der Uckermark im Nordosten Deutschlands beispielsweise, in der Eifel im Westen der Republik, auch im tiefen Bayern.

"Wir hoffen, dass das gemeinsame Feiern des höchsten christlichen Festes in Zukunft immer häufiger und nicht mehr nur zufällig, sondern als sichtbarer Ausdruck wachsender Nähe geschieht", sagt der Serbe Grigorije. Ähnlich Bischof Damian: "Natürlich sind wir bestrebt, am selben Tag und für immer gemeinsam Ostern zu feiern." Er sagt zum Schluss dann noch einen Satz, den Bischof Hanna Haikal wohl ähnlich formulieren würde und der so viel aussagt über den Weg dieser Kirchen: "Wir danken Gott, dass wir in einem christlichen Land leben dürfen, wo wir auch über die Auferstehung reden dürfen."

Warum der Blick zum Papst geht

Anruf in Bonn, in der Metropolie der griechisch-orthodoxen Kirche, der Zentrale für Deutschland. Metropolit Augoustinos Lambardakis ist seit 1972 Bischof. Wenn der 87-Jährige prägnant und humorig-pointiert erzählt, meint man, mit einem Mittvierziger zu telefonieren. Es sei "etwas Großartiges", dass nun alle am selben Termin Ostern feierten. "Wir freuen uns."

Metropolit Augoustinos im Januar 2024 bei einer Feier in BerlinBild: Christian Ditsch/epd/picture alliance

Aber dann kommt Augoustinos, der für sein ökumenisches Engagement bekannt ist, auf die Grundfrage einer Annäherung auf Weltebene, auf die Erinnerung an dieses Konzil von Nicäa im Jahr 325 und das aktuelle Gedenken im Jahr 2025. "Es gab ein Gerücht, dass dieser Papst mit dem ökumenischen Patriarchen Bartholomaios nach Nicäa fahren wird und Franziskus dort sozusagen ein Geschenk macht, indem er sagt: In Zukunft werden die Katholiken so feiern wie die Orthodoxen. Das wäre wirklich großartig", meint Augoustinos. Immer wieder war der 26. Mai als Reisetermin des katholischen Kirchenoberhaupts nach Nicäa, unter dem türkischen Namen Iznik rund 150 Kilometer südöstlich von Istanbul gelegen, genannt worden.

Und dann schließt er an: "Jetzt ist der Papst krank. Und keiner weiß, was passieren wird." So werden am Oster-Wochenende nicht nur katholische Gläubige darauf schauen, in welcher Verfassung sich der 88-jährige Franziskus präsentiert.

 

 

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