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OSZE-Bericht zum Menschenhandel in Serbien

25. Juni 2004

– Immer mehr Serbinnen fallen Frauenhandel zum Opfer

Bonn, 23.6.2004, DW-RADIO/Serbisch, Ivica Petrovic

Die OSZE-Mission in Serbien und Montenegro hat heute in Belgrad ihren Bericht über Menschenhandel in Serbien vorgestellt. Die Untersuchung über den Menschenhandel in Serbien führte die "Gesellschaft für Opfer von Gewalttaten" für die OSZE-Mission durch. Dieses Projekt befasst sich erstmals allumfassend mit sämtlichen Formen, Charakteristika und Dimensionen dieser Erscheinung in Serbien. Vesna Nikolic Ristanovic, Forscherin bei der "Gesellschaft für Opfer von Gewalttaten", erklärte, die meisten Angaben für die Feldforschung in 17 Städten in Serbien seien von der Polizei, Journalisten und Nicht-Regierungsorganisationen zusammengetragen worden. "Wir haben in unsere Untersuchung auch Daten über Prostitution als verdeckte Erscheinung gesammelt und über Betteln, Schwarzarbeit und über alle Erscheinungen, die in enger Verbindung mit dem Menschenhandel stehen und wo sich ebenfalls ein enorm hoher Risikofaktor verbirgt", so Vesna Nikolic Ristanovic.

Sanja Copic von der "Gesellschaft für Opfer von Gewalttaten" zufolge kann aufgrund der in den vergangenen zwei Jahren durchgeführten Untersuchung behauptet werden, dass Frauenhandel in Serbien eine verbreitete Erscheinung ist: "Wir sind auf etwa 750 Fälle von Frauenhandel gestoßen, unter all diesen Fällen befanden sich zirka 960 Opfer von Frauenhandel. Dabei muss auch diese Zahl verhalten betrachtet werden, weil sie wahrscheinlich viel höher ist, in Anbetracht der Tatsache, dass eine hohe Zahl der Opfer von Frauenhandel noch immer unentdeckt bleibt". Bei den Opfern handelt es sich um Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren, in den meisten Fällen sind es Staatsbürgerinnen von Moldova, Rumänien und der Ukraine. Davon sind 96 Frauen aus Serbien, darunter befinden sich 15 Roma-Frauen.

Biljana Mihic, ebenfalls von der "Gesellschaft für Opfer von Gewalttaten", merkte zum Kinderhandel an, die Forscher hätten 94 solcher Fälle registriert. Der Kinderhandel geschieht mit der Absicht, sie sexuell zu missbrauchen, sie betteln zu schicken und zu verheiraten: "Am häufigsten werden die Kinder von den Eltern, Verwandten oder Vertretern der Roma-Gemeinschaft verkauft. In Anbetracht dessen, dass insbesondere der Verkauf von Kindern zu Heiratszwecken dient, fällt diese Art des Kinderhandels unter kulturelle Bräuche der Roma oder Walachen in Ost- und Südost-Serbien".

In Serbien sind auch neun Fälle entdeckt worden, bei denen über 100 Männer Opfer des Handels wurden, so die Forscher der Gesellschaft. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse analysiert Vesna Nikolic Ristanovic die Position Serbiens in der Menschenhandelskette: "Den uns vorliegenden Angaben zufolge glaube ich sagen zu können, dass Serbien vornehmlich ein Transitland und eine Zwischenstation für Frauen ist. Es sieht allerdings so aus, dass Serbien zunehmend auch das Herkunftsland der Frauen ist. Ich glaube ferner, nachdem wir uns nach langer Isolation wieder der Welt zugewandt haben, dass nun Kinder, die nicht über wahrheitsgetreue Informationen verfügen und auch keine wirkliche Perspektive haben, entscheidend dazu beitragen können, dass diese Erscheinung weiter zunimmt". Sie machte ferner darauf aufmerksam, dass Organisationen, die sich mit diesem Problem befassen, unzufrieden seien mit der Höhe der Strafen und dem Schutz der Opfer, auch wenn Menschenhandel in immer mehr Prozessen nach einem neuen Gesetzesartikel als Form der organisierten Kriminalität behandelt wird. Es träten ferner zahlreiche Probleme auf, wenn diese Straftaten vor Gericht verhandelt würden, zudem arbeiteten Polizei und Staatsanwaltschaft schlecht zusammen. (md)