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Politik

OSZE: Angst vor Manipulation mobilisiert US-Wähler

Michael Knigge
1. November 2018

Der Streit um die Wählerregistrierung könnte laut Tana de Zulueta die US-Zwischenwahlen beeinflussen. Auch die Sicherheit von Journalisten spiele eine Rolle, so die Leiterin der OSZE-Beobachtermission im DW-Interview.

USA Early Voting in McAllen, Texas
Bild: Reuters/C. Barria

DW: Wie ist es dazu gekommen, dass das Amt für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Kongresswahlen in den USA beobachtet?

Tana de Zulueta: Dies ist bereits die achte OSZE-Wahlbeobachtungsmission in den Vereinigten Staaten, es handelt sich also um eine langjährige Zusammenarbeit, die Teil der Selbstverpflichtung der USA und aller anderen teilnehmenden Staaten ist -  darunter Deutschland, wo ich im vergangenen Jahr die Wahl beobachtet habe.

Jede von uns entsandte Mission entspricht speziellen Anforderungen, die im Vorfeld in einem Gutachten festgelegt werden. Bei den diesjährigen US-Zwischenwahlen wurde uns empfohlen, eine sogenannte begrenzte Wahlbeobachtungsmission zu schicken. Das bedeutet, dass am Wahltag selbst nicht systematisch beobachtet wird, sondern Beobachter langfristig im Einsatz sind. Seit dem 3. Oktober reisen 36 unserer Wahlbeobachter durch die USA.

Sie wurden also von der Trump-Regierung eingeladen, die Zwischenwahlen zu beobachten?

Ja, wir wurden wie üblich vom US-Außenministerium eingeladen.

In Ihrem Zwischenbericht, der nach den Reisen der Wahlbeobachter durch die USA im Vorfeld der Zwischenwahlen veröffentlicht wurde, ist von Auseinandersetzungen um die Registrierung und Identifikation von Wählern die Rede - ein kontroverses Thema, das Gegenstand laufender Rechtsstreitigkeiten ist. Befürchten Sie, dass dies einen Einfluss auf die Wahl haben könnte?

Es ist wichtig, festzuhalten, dass die Wahl längst begonnen hat und sie ein andauernder Prozess ist. Ein Großteil der Wähler gibt derzeit schon seine Stimme ab. Gestern habe ich ein Wahllokal in Atlanta besucht und ja, es stimmt, dass es noch ungeklärte Fragen und andauernde Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einem Thema gibt, das sehr sensibel ist, weil es aus historischen Gründen eine tief verwurzelte Angst vor Diskriminierung in diesem Land gibt.

Diesen Streitpunkt gibt es schon lange und ja, er beeinflusst die Debatte rund um diese Wahl. Die Angst vor dem, was wir hier Wahlbehinderung nennen, scheint allerdings auch Wähler mobilisiert zu haben. In Georgia wurde uns mitgeteilt, dass die Wahlbeteiligung schon jetzt der bei einer Präsidentschaftswahl entspricht, obwohl es bei dieser Wahl nur um den Kongress und lokale Ämter auf Landesebene geht.

Ein weiteres zentrales Thema sind Cyberangriffe und die Integrität der Wahl. In Ihrem Bericht heißt es zwar, die meisten Beobachter hätten sich zuversichtlich geäußert, dass die Wahl-Infrastruktur einwandfrei und die Bemühungen, Sicherheitsrisiken einzudämmen, erfolgversprechend seien. Allerdings gebe es zugleich "Befürchtungen hinsichtlich möglicher und angeblicher Cyberattacken und welchen Einfluss diese auf das öffentliche Vertrauen haben könnten". Wie überzeugt sind Sie von der Sicherheit und Integrität des Wahlsystems?

Unser Bericht, der am 26. Oktober veröffentlicht wurde, ist ein Halbzeitbericht, der sich mit dieser Thematik beschäftigt hat. Auf das Thema Cybersicherheit haben unsere Gesprächspartner uns schon vor unserer Ankunft aufmerksam gemacht und wir haben versucht, es genau zu untersuchen. Dafür haben wir mit Menschen, die damit zu tun haben, sowie mit Interessenvertretern, Wählern, Parteien und Kandidaten gesprochen.

Es sind neue Regeln und neue Koordinationsebenen eingeführt worden und tatsächlich sind die Ausgaben zur Verbesserung der Sicherheit der Wahl-Infrastruktur signifikant gestiegen, seit dies im vergangenen Jahr zum strategischen Plus erklärt wurde. Dazu muss man sagen, dass die US-Regierung die Verbesserung der Sicherheit vorangetrieben hat - etwas, was es vorher nicht gegeben hat, weil Wahlen in den Vereinigten Staaten auf Länderebene und in den meisten Fällen auf Bezirksebene durchgeführt werden.

Die Sicherheit von Medienschaffenden sei ein auch Thema, das die Mission beobachte, erklärt Tana de ZuluetaBild: OSZE

Wir haben es also mit einer unglaublichen Fragmentierung von Bedingungen, Regeln und Prozessen zu tun, und das wurde als Schwachstelle wahrgenommen. Aber mit der Erklärung, dass die Wahl-Infrastruktur von nationaler Bedeutung sei, scheint die Unterstützung lokaler Behörden das Vertrauen in das System gestärkt zu haben. Inzwischen haben die Menschen das Gefühl, dass man dieses spezielle Problem ganz gut im Griff hat. Aber wir werden sehen, die Wahl ist ja noch lange nicht beendet.

Sie gehen in Ihrem Bericht auch auf die zunehmend polarisierte politische Stimmung in den USA und auf Befürchtungen hinsichtlich möglicher Desinformationskampagnen ein. Der Bericht ist vor den Ereignissen der vergangenen Woche erschienen, darunter das Verschicken von Paketbomben und der Angriff auf eine Synagoge in Pittsburgh. Wie schätzen Sie das momentane politische Klima ein und wie sehen Sie die zunehmenden Angriffe auf Journalisten und die Medien, auf die Sie in Ihrem Bericht ebenfalls eingehen?

Auch das ist ein Thema, das wir beobachten. Es ist ein andauerndes Problem und wir werden darüber berichten, weil es das Klima rund um diese Wahl beeinflusst. Die Legitimität von Medienschaffenden, die dafür sorgen, dass Wähler gute und verständliche Informationen erhalten, wird infrage gestellt. Durch diese Paketbomben war auch in einigen Fällen die persönliche Sicherheit von Journalisten in Gefahr.  Es hat sogar Fälle gegeben, bei denen Reporter von Politikern angegriffen wurden oder es zumindest zu Handgreiflichkeiten kam. Wir werden diese Problematik beobachten, weil die Fähigkeit von Journalisten, ihre Arbeit korrekt und unter sicheren Bedingungen zu machen, einer der Faktoren ist, über die wir berichten müssen.

Tana de Zulueta leitet die für die US-Zwischenwahlen zuständige OSZE-Wahlbeobachtungsmission.

Das Gespräch führte Michael Knigge.

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