Seit Jahrhunderten dienen Seewege dem Austausch von Menschen, Waren und Wissen. Das lief nicht immer reibungslos ab. In der Hamburger Ausstellung "Streamlines" werfen Künstler einen kritischen Blick auf die Weltmeere.
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"Streamlines" - Ozeane in der Kunst
Der Transport von Menschen, Produkten und Ideen auf dem Meer führte schon lange vor dem 21. Jahrhundert zu Konflikten. Eine internationale Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen zeigt kritische Kunst über Ozeane.
Bild: Imago/Westend61
Kleine Geschichte der Seefahrt
Die Geschichte der Meere ist auch die Geschichte der menschlichen Zivilisation. Der Dichter und Naturforscher Albert von Chamisso nahm von 1815 bis 1818 an einer Weltumsegelung teil - und inspirierte die deutsche Künstlerin Ulrike Ottinger 2011 zur Landkartencollage "Floating Floods" (deutsch: Schwebende Fluten). Zu sehen ist sie in der Ausstellung "Streamlines" in den Hamburger Deichtorhallen.
Bild: Ulrike Ottinger
Der sechste Kontinent
Flucht, Migration, Handel: globale Phänomene, die seit Erfindung der Seefahrt auf den Ozeanen stattfinden. Der "sechste Kontinent" mit seinen Menschen- und Warenströmen ist das zentrale Thema der Ausstellung. 16 Künstler aus Hafenregionen in der ganzen Welt beteiligen sich an der Schau. Der Chilene Alfredo Jaar macht das Spiel von Licht und Schatten auf dem Meer zu seinem Thema.
Bild: Alfredo Jaar
Welthandel auf dem Meer
"Streamlines" zeigt Kunst aus Teilen der Welt, die eine historische Handelsbeziehung mit Hamburg verbindet. Der Handel auf den Weltmeeren ist auch Thema bei Abdoulaye Konaté. Der Installationskünstler aus Mali ist vor allem für seine Textilarbeiten bekannt. Eine davon ist "Coffee Beans - Container" (deutsch: Kaffebohnen - Container). Kaffee gehört zu den Exportschlagern der Südhalbkugel.
Bild: Abdoulaye Konaté
Kapitalismus im Container
Der Überfluss kommt mit dem Schiff: 2014 wurden im Hamburger Hafen rund 145 Millionen Tonnen Ware umgeschlagen. Er gilt als der viertgrößte Containerhafen der Welt. In den Deichtorhallen wird die Massenware symbolisch dargestellt von Thomas Rentmeister. Schlüsselbegriffe wie "Konsum", "Aktion" und "Umgestaltung" führen den Besucher durch die Ausstellung.
Bild: VG Bild Kunst
Guerillakrieg auf dem Niger
Nicht jeder ist einverstanden mit dem Handel, der über die Meere kommt. Der Amerikaner Mark Boulos thematisiert in seiner Videoinstallation "All That Is Solid Melts Into Air" (deutsch: Was fest ist, wird zu Luft) problematische Folgen der Globalisierung. Der Film zeigt nigerianische Rebellen, die gegen den billigen Kauf lokaler Ölressourcen durch internationale Firmen kämpfen.
Bild: Mark Boulos
Wem gehören die Meere?
Auf dem Meer findet nicht nur Austausch statt. Die Ozeane sind geopolitische Zankäpfel: Nationen kämpfen um unsichtbare Grenzen, Regierungen streiten über die Ursachen von Migrationsströmen. Um das Chaos auf dem Meer geht es in Peter Buggenhouts Projekt "The Blind Leading The Blind" (deutsch: Die Blinden führen die Blinden). Der Belgier fertigte dafür riesige Skulpturen aus Schrott und Staub.
Bild: Peter Buggenhout
Moderner Kolonialismus?
Der Kolonialismus kam über die Meere. Kader Attia, Franzose mit algerischen Wurzeln, beschäftigt sich in seinem Werk mit dem historischen und modernen Einfluss westlicher Kultur auf afrikanische und arabische Gesellschaften. "Streamlines" zeigt seine Fotoserie "Rochers carrés" (deutsch: Steinquader).
Bild: VG Bild Kunst
Von Helmond nach Afrika
Auch in Wendelien van Oldenbourghs "La Javanaise" (deutsch: Die Javanesin) ist der Kolonialismus ein zentrales Motiv. Der Film porträtiert das niederländische Textilunternehmen Vlisco, das Stoffe für den afrikanischen Modemarkt fertigt. Im 19. Jahrhundert exportierte die in Helmond gegründete Firma Ware in die Kolonie Niederländisch-Indien. Heute beschäftigt Vlisco rund 1800 Mitarbeiter in Afrika.
Bild: Wendelien van Oldenborgh
Faszination Wasser
Noch immer gelten 95 Prozent der Ozeane als unerforscht. Auch die Schönheit von Wasser und die Konfrontation mit dem Unbekannten spielen in der Hamburger Gruppenausstellung eine Rolle – etwa bei "The Cloud" (deutsch: Die Wolke), einer Arbeit des chilenischen Architekten, Installationskünstlers und Filmemachers Alfredo Jaar.
Bild: Alfredo Jaar
Die Welt zu Gast in Hamburg
"Streamlines" bringt Kunstwerke von fünf Kontinenten in die Hamburger Deichtorhallen. Die ehemaligen Markthallen der Hansestadt gelten seit ihrer Umgestaltung 1989 als eines der bedeutendsten Häuser für zeitgenössische Kunst und Fotografie in Europa. Die Schau ist vom 4. Dezember 2015 bis zum 13. März 2016 in der Halle für aktuelle Kunst zu sehen.
Bild: Imago/Westend61
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Sie sind wissenschaftliche Rätsel und Taucherparadiese, Ökosysteme und Schauplätze des globalen Handels: die fünf Ozeane der Erde. Ohne Weltmeere keine Kolonialzeit, kein westlicher Kapitalismus, keine Globalisierung - auch in der Flüchtlingkrise spielen Meere eine besondere Rolle. Fünfzehn zeitgenössische Kunstprojekte gehen in der Hamburger Ausstellung "Streamlines" der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung der Ozeane auf den Grund.
Hamburg - Tor zur Welt
Aber nicht nur die Weltmeere, auch andere Wasserwege beschäftigen die Künstler. In Fotografien, Videos und Installationen greifen sie vielfältige Themen auf - von der Schönheit der Meere bis hin zum Guerillakampf von Rebellen auf dem Niger. Dass "Streamlines" ausgerechnet in Hamburg gezeigt wird, ist kein Zufall. Auch wenn die Arbeiten aus der ganzen Welt stammen: Viele Künstler thematisieren die historische, aktuelle und zukünftige Situation der Hansestadt als "Tor zur Welt" mit seinem berühmten Containerhafen.
Internationale Künstler aus Hafenregionen
Ursprünglich sollte die Ausstellung Hamburg als Ort präsentieren, der mit allen Ozeanen verbunden ist. Kuratorin Koyo Kouou aus Dakar machte die Stromlinien zum Thema und lud internationale Künstler aus Hafenregionen ein. Einige Arbeiten wurden speziell für die Schau gefertigt und greifen aktuelle Themen wie Flucht und Migration auf. "Streamlines" ist vom 4. Dezember 2015 bis zum 13. März 2016 in den Deichtorhallen zu sehen.