Ozeankonferenz in Nizza: Staaten ringen um mehr Meeresschutz
9. Juni 2025
Überhitzt, übersäuert, vermüllt: Die Weltmeere befinden sich im Stresszustand. Nun droht auch noch wachsender Tiefseebergbau. Dabei gibt es viele Gründe, sorgsam mit den empfindlichen Ozeanen umzugehen.
Um die Meere zu schützen, nehmen die Vereinten Nationen nun einen weiteren Anlauf. Bis zum Freitag wollen 130 Staaten in Nizza im Süden Frankreichs jahrzehntelangen Versprechungen konkrete Taten folgen lassen. Auf der 3. UN-Ozeankonferenz (UNOC) am Mittelmeer geht es um einen Rettungsplan für die Meere.
Gastgeber Emmanuel Macron forderte zum Auftakt an diesem Montag ein entschlossenes Vorgehen beim Schutz der Meere: "Es braucht schnelles Handeln, kein Zurückweichen", rief der französische Präsident den Vertretern der Weltgemeinschaft zu.
Hochseeabkommen in Sicht
Macron stellte in Aussicht, dass das seit langem geplante Hochseeabkommen der Vereinten Nationen schon bald wirksam wird. Etwa 15 weitere Staaten hätten sich verpflichtet, das Abkommen bis Ende des Jahres zu ratifizieren. Damit werde die Schwelle von 60 Ländern erreicht, sodass die Vereinbarung in Kraft treten könne. "Das Abkommen wird umgesetzt werden, das ist geschafft", sagte Macron am Montag in Nizza.
Die Vereinbarung würde es ermöglichen, Schutzgebiete in internationalen Gewässern auszuweisen, die bislang ein weitgehend rechtsfreier Raum waren. Dies ist eines der Themen, die auf der bis Freitag dauernden UN-Ozeankonferenz in Nizza debattiert werden.
Nach Einschätzung des gemeinnützigen Marine Conservation Instituts sind aktuell gerade einmal 2,7 Prozent der Ozeane effektiv vor zerstörerischen Rohstoffabbauaktivitäten geschützt. Das ist weit weniger als das im Rahmen der 30x30-Initiative vereinbarte Ziel, so das Glen Ellen in Kalifornien ansässige Institut.
Die 30x30-Initiative sieht vor, 30 Prozent der Land- und Meeresflächen bis zum Jahr 2030 zu schützen. "Die Hohe See darf nicht zum neuen Wilden Westen werden", betonte UN-Generalsekretär António Guterres in Nizza.
Macron und die Manganknollen
Der französische Präsident forderte zum Beginn der UNOC ein Moratorium für den Tiefsee-Bergbau. Der Meeresboden ist an vielen Orten rohstoffreich. Aber das Ökosystem der Tiefsee, wo Pflanzen und Tiere hohem Wasserdruck in absoluter Dunkelheit trotzen, gilt als äußerst empfindlich. Flora und Fauna dort sind noch weitgehend unerforscht, die Auswirkungen von menschlichem Einwirken kaum abzuschätzen.
Frankreich und bislang 30 weitere Länder fordern beim Bergbau am Grund der Ozeane zunächst innezuhalten. "Es wäre verrückt, eine wirtschaftliche Ausbeutung des Tiefseebodens zu starten, die die Artenvielfalt zerstören würde", mahnte Macron. Ein Moratorium sei daher "eine internationale Notwendigkeit", so der französische Präsident.
Einen Seitenhieb gegen die USA, die nach langem Zögern einen Vertreter nach Nizza geschickt haben, konnte sich Macron in diesem Zusammenhang nicht verkneifen: "Der Meeresgrund steht nicht zum Verkauf, genau so wenig wie Grönland zu haben ist", sagte der Gastgeber mit Blick auf Bestrebungen von US-Präsident Donald Trump, Tiefseebergbau voranzutreiben und die größte Insel der Welt zu annektieren.
Auf der Konferenz an der Côte d'Azur soll die Koalition der 31 Staaten weiter ausgebaut werden, die für eine vorsorgliche Pause beim Tiefsee-Bergbau eintreten. Auch Deutschland unterstützt dies. Wissenschaftler befürchten, dass der Abbau sogenannter Manganknollen unberührte Unterwasser-Ökosysteme dauerhaft zerstören könnte.
Deutschland kündigt Selbstverpflichtung an
"Die Ozeane sind die blaue Lunge des Planeten. Sie erzeugen Sauerstoff, versorgen uns Menschen mit Nahrung und sind das größte zusammenhängende Ökosystem der Welt", betonte der deutsche Umweltminister Carsten Schneider in Nizza. Die internationale Zusammenarbeit zum Schutz der Meere sei unverzichtbar.
Schneider will in Nizza mehrere Selbstverpflichtungen der Bundesregierungen vorlegen. Dazu zählt etwa die Bergung von Altmunition aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg in Nord- und Ostsee. Zudem sollen Partnerländer, darunter Brasilien, Indonesien und der Senegal, dabei unterstützt werden, Schutzgebiete auf der Hohen See auszuweisen.
Auf der UN-Konferenz geht es außerdem darum, die im August anstehende Verhandlungsrunde für ein Plastikabkommen vorzubereiten. "Was wir Menschen den Meeren zurückgeben, ist viel zu oft nur unser Plastikmüll. Das muss sich ändern", so der Bundesumweltminister. Es sei gut, dass der Ozean mit der UN-Konferenz "endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient".
Um das Hochseeabkommen zu ratifizieren, müssen in Deutschland gleich zwei Gesetze verabschiedet werden. Ob dies bis Ende des Jahres geschehen kann, ist unklar. "Ziel ist es, bei der ersten Vertragsstaatenkonferenz dabei zu sein", sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Diese könne im August 2026 in New York stattfinden.
Schutz vor Schleppnetzen
Großbritannien kündigte am Montag an, die Schleppnetzfischerei weiter einzuschränken. Denn diese Art Fischfang schädigt den Meeresboden und setzt zudem klimaschädliches CO2 frei. Die britischen Schutzgebiete, in denen Schleppnetzfischerei verboten ist, sollen ausgeweitet werden: von derzeit 18.000 auf 48.000 Quadratkilometer.
Gastgeber Frankreich hatte ebenfalls angekündigt, die Schleppnetzfischerei einzuschränken - allerdings auf niedrigerem Niveau: Sie soll künftig in vier Prozent der französischen Gewässer verboten sein, statt wie bisher in 0,1 Prozent. Umweltschützer bezeichnen das als unzureichend.
AR/pgr (afp, dpa, rtr)
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