"Das ist so typisch!" Stereotype von Menschen, die exemplarisch für eine Bevölkerungsgruppe stehen, gibt's in allen Ländern. In Deutschland ist eines der sogenannte Alman. Jenipher Camino Gonzalez begegnet ihm dauernd.
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In den USA heißt der Typus Karen: Das Internet ist voll von Videos und Social-Media-Posts zu weißen, selbstgerechten Mittelklasse-Frauen, die bei jeder Kleinigkeit "den Geschäftsführer" verlangen, das Tragen einer Atemschutzmaske verweigern und das Privileg ihrer Hautfarbe erbarmungslos gegen Nichtweiße ausspielen. Karen ist ein virales Phänomen, ein Meme.
Gibt es Karens auch in Deutschland? Wahrscheinlich. Aber als Meme, als Code für eine bestimmte Gruppe? Nicht wirklich. Solche Codes reflektieren Aspekte der jeweiligen Gesellschaft und funktionieren in jedem Land anders. Aber es gibt einen Begriff für eigensinnige und engstirnige weiße Mittelklasse-Deutsche, Frauen wie Männer, der ursprünglich aus dem Türkischen stammt: der Alman.
Almans gibt es - wie Karens - schon immer. Aber in dem Maße, in dem Deutschland sich zu einer multikulturellen Gesellschaft wandelt, beginnen ihre als typisch deutsch verschrienen Schrullen und Eigenarten hervorzustechen. Es ist unmöglich, keinem Alman zu begegnen - sie sind überall und sie haben dauernd Bedenken!
Almans - die Regel-Durchsetzer
Almans sind sehr beunruhigt über Leute, die die Regeln nicht befolgen. Du willst bei Rot über die Straße gehen? Es könnte ein Alman daherkommen und dich daran erinnern, dass du "eine schreckliche Person bist, die Kindern ein schlechtes Beispiel gibt!"
Einmal fuhr ich irgendwo im Nirgendwo über eine deutsche Autobahn, und ein Alman machte mir mit Zeichensprache unmissverständlich klar: Ich befand mich zu lange auf der mittleren Spur. Die ist zum Überholen da, nicht zum entspannten Fahren!
Wenn es um ein Ärgernis geht, wollen die Almans in Deutschland nicht (wie die Karens in den USA) "den Geschäftsführer" sprechen - sondern dich. Als ich beim Verstauen meiner Lebensmitteleinkäufe in meinem Auto Zeugin wurde, wie zwei Almans sich einen Parkplatz streitig machten, wandte einer von ihnen sich an mich, um mich in einem endlosen Sermon davon zu überzeugen, dass er im Recht sei.
Polizisten als Lautstärke-Regulierer
Almans sind ziemlich speziell und strikt, wenn es um Geräusche geht und wann sie gemacht werden dürfen. Sie haben die Regeln auf ihrer Seite, denn in den meisten deutschen Kommunen muss zwischen 22 Uhr und 6 oder 7 Uhr die Nachtruhe eingehalten - das heißt, vermeidbarer Lärm vermieden - werden.
Aber weil Lautstärke sehr subjektiv empfunden wird, entscheiden Almans nach eigenem Gusto, was "zu laut" ist - und dann hauen sie echt auf den Putz wegen Ruhestörung! Sie rufen die Polizei schon um 22.03 Uhr an, wenn dein Lärmpegel sie ärgert.
Fahren, fahren, fahren auf der Autobahn
Vor 102 Jahren wurde die Avus eingeweiht, die erste reine Autostraße der Welt. Ein Überblick über alles, was es auf deutschen Autobahnen zu beachten gilt.
Bild: Imago/Horst Galuschka
Nur der Himmel ist die Grenze
Deutschland verfügt über ein hervorragendes Straßennetz, das geradezu dazu einlädt, es zu erforschen. Das Mindestalter zur Erlangung eines Auto-Führerscheins ist 17 Jahre. Ohne Begleitung eines Erwachsenen darf man aber erst mit 18 ans Steuer.
Bild: Imago/Horst Galuschka
Achtung Stau
Wer denkt, auf deutschen Autobahnen geht es stets schnell voran, wird enttäuscht sein. 2020 verzeichnete der ADAC 513.500 Staus - dank Corona 28 Prozent weniger als im Vorjahr. Verursacht werden Staus nicht durch mehr Autos im Straßenverkehr, sondern vor allem durch zahlreiche Baustellen. Also machen Sie sich gefasst auf lange Wartezeiten - vor allem im Umkreis von Städten.
Bild: Getty Images/S. Gallup
Raser und Drängler
Sogar wenn man selbst im Höchsttempo fährt, hat man manchmal den Eindruck, dass es anderen Autofahrerinnen und Autofahrern immer noch nicht schnell genug geht. Besonders rücksichtslose Personen fahren eng auf und versuchen mit Lichthupe, Sie von der Bahn zu drängen. Schließlich soll die linke Fahrbahn eigentlich nur als Überholspur dienen. Trotzdem sollten Sie sich nicht terrorisieren lassen!
Bild: imago/Jochen Tack
Ein Lächeln für die Kamera
Hüten Sie sich vor Radarkontrollen! Kameras zur Geschwindigkeitskontrolle sind in Deutschland weit verbreitet, sowohl auf den Autobahnen als auch im innerstädtischen Verkehr. Die verhassten Geräte stehen am Wegesrand, aber meist bemerkt man sie erst, wenn es schon zu spät ist! In diesem Falle wird man Ihnen ein sogenanntes "Knöllchen" zuschicken - mitsamt einem Foto von Ihnen am Steuer.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Galuschka
Handys strikt verboten!
Nicht nur das Telefonat während der Fahrt ist verboten (es sei denn mit Freisprecheinrichtung), sondern auch, ein Handy auch nur in der Hand zu halten. Falls Sie erwischt werden, kann das zwischen knapp 130, knapp 180 (bei Gefährdung) oder sogar knapp 230 Euro (bei Sachbeschädigung) kosten. Außerdem bekommt man 1 bis 2 Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Klose
Aus dem Weg!
Streng geahndet wird auch die Blockade von Rettungsfahrzeugen. Bei Staus und Unfällen muss eine Rettungsgasse für Krankenwagen, Polizei und Feuerwehr gebildet werden. Wer sich nicht daran hält, dem drohen eine Strafe von mindestens 200 Euro, ein Monat Fahrverbot und zwei Punkte in Flensburg. Die Rettungsgasse muss zwischen der ganz linken und der daneben liegenden Fahrbahn gebildet werden.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte
Warndreieck
Im Falle eines Unfalls oder einer Panne müssen Autofahrerinnen und Autofahrer ein orange aufleuchtendes Warndreieck ein paar Meter hinter dem Auto auf der Fahrbahn aufstellen und sich selbst eine Jacke in Leuchtfarbe anziehen. Beides - sowie auch ein Nothilfeset, unter anderem mit Verbandsmaterial - müssen Sie stets im Auto mit an Bord haben.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch
Promille beachten!
Fahranfängerinnen und Fahranfänger, unter 21-Jährige sowie Berufsfahrerinnen und -fahrer dürfen überhaupt keinen Alkohol konsumieren. Für alle anderen gilt eine Begrenzung von 0,5 Promille. Fahrradfahren ist bis 1,6 Promille erlaubt. Wer einen Führerschein besitzt, könnte neben der Freiheits- oder Geldstrafe auch Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot - auch fürs Fahrradfahren - bekommen.
Bild: picture-alliance/dpa
Winterreifen
Winterreifen oder auch Allwetterreifen sind in Deutschland Vorschrift, sobald Eis, Schnee oder Matsch auf den Straßen auftauchen. Das kann zwischen Oktober und Ostern jederzeit vorkommen. Das Fahren auf einer vereisten Straße ohne korrekte Bereifung kann teuer werden. Im Falle eines Unfalls könnte dann auch der Versicherungsschutz entfallen.
Bild: picture-alliance/dpa
Immer mit der Ruhe
Der beste Ratschlag für das Fahren auf deutschen Straßen und Autobahnen lautet: Keine Hektik! Nehmen Sie sich Zeit und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Davon mal ganz abgesehen verfügt Deutschland über ein hervorragendes Netz öffentlicher Verkehrsmittel. Überlegen Sie sich also, ob Sie überhaupt unbedingt Auto fahren müssen oder nicht lieber in einem Zug entspannen!
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte
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Wenn du eine Party planst, hinterlässt du deinen Alman-Nachbarn besser eine Nachricht: "Zur Kenntnis: Wir feiern eine Party." Dennoch bist du nachts der Gnade des Alman-Lärmempfindens ausgeliefert.
Paradies Mallorca
Almans haben einen fest eingeteilten Tagesablauf, aber wenn's um den Urlaub geht, dann gibt es ein unverzichtbares Ziel, an dem sie sich entspannen und alle Hemmungen fallenlassen: Mallorca.
Auf dieser schönen spanischen Insel haben sie eine Art Strandkolonie errichtet, in der sie unter sich sein können. Ein Ort, den sie liebevoll "Deutschlands 17. Bundesland" nennen. Andere Deutsche, Nicht-Alman-Typen, runzeln die Stirn über Mallorcas Ballermann, die Vergnügungsmeile, die sie geschmacklos, unanständig und dekadent finden. Aber Almans haben sich nie die Mühe gemacht, ihre Hasser zu beachten.
Auf Mallorca lauschen sie ihren Lieblingsschlagern, sprechen Deutsch, trinken heftig über den Durst, sind laut (ja!) und kriegen sich in die Haare wegen der Liegestühle am Strand. Das Alman-Paradies!
Die Dinge spitzten sich zu, als Mallorca nach der Corona-Pause kürzlich die Urlaubssaison eröffnete. Almans strömten auf die Insel, trugen keine Atemschutzmasken und missachteten die Abstandsregeln, sodass die Behörden die Lokale wieder dichtmachten. Im Radio war eine Alman-Touristin zu hören, die sinngemäß sagte: "Ich bin hier im Urlaub. Wenn ich eine Maske tragen und Regeln einhalten wollte, wäre ich zu Hause geblieben." Eben.
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Die Ungeduld der Almans
Vermutlich mögen Almans Mallorca so, weil es billigen Spaß verspricht - und wenn es etwas gibt, das sie lieben, sind es Schnäppchen. Als notorische Sparfüchse leben sie für Discounter wie Aldi und würden wahrscheinlich den Aufstand proben, wenn die Fleischpreise erhöht würden - ein schmerzhaftes Thema in der deutschen Politik.
Apropos Lebensmitteleinkauf: Dabei kann man ganz großartig eine wesentliche Eigenschaft der Almans beobachten - Ungeduld. Lange Schlangen und Warten sind nichts für Almans. An der Supermarktkasse lassen sich Beklemmung und Anspannung spüren. Sie starren dich eindringlich an, wenn du deine Einkäufe nicht so schnell wie möglich verstaust. Aber der echte Moment von Erleichterung, Erregung und Adrenalinstoß kommt, wenn eine neue Kasse öffnet - nur der beste Alman erreicht sie als erster.
Almans sind beliebt
Das Meme Alman ist mittlerweile zu einer Kategorie geworden, mit der sich weiße Deutsche definieren oder sich damit aufziehen. Almans werden in einem "offiziellen" Instagram-Account karikiert und bei YouTube erklärt.
Der Zuwachs an Popularität geht einher mit einem Zuwachs an Kritik. Manche fragen, ob das Alman-Meme nicht rassistisch gegenüber weißen Deutschen ist. Die Debatte darüber hält an. Die Frage ist auch, ob Almans sich eines Tages in Karens verwandeln werden, wenn es um die Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft geht.
Derweil setzen wir uns weiterhin auf der Straße oder in unseren Mietshäusern mit Almans auseinander. Gegen Borniertheit hilft nur ein Mittel: Geduld.
11 nützliche Tipps für den deutschen Supermarkt
Wo liegen die Eier? Warum sind die Einkaufswagen aneinander gekettet? Die folgenden Hürden müssen nach Deutschland Zugezogene beim ersten Besuch in einem deutschen Supermarkt überwinden.
Bild: DW/E. Grenier
Kenne Dein Ziel
Die Lebensmittelgeschäfte in Deutschland sind kategorisiert, was Neuankömmlinge verwirren kann. Einige Ketten sind Supermärkte, andere heißen Discounter. Hinzu kommen Bio-Märkte, die nur Bio-Lebensmittel verkaufen. Für Rezepte aus dem Nahen Osten empfehlen sich türkische und arabische Märkte, für die asiatische Küche der, na? Asiamarkt! Ist doch gar nicht so schwer, wenn man weiß, was man will.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
Vielfalt gegen Preis
Während typische Supermärkte eine größere Auswahl an Produkten anbieten, bieten Discount-Ketten weniger Marken und Waren an, was die Suche frustrierend enden lassen kann. Trotzdem hat sich der Sparfuchs-Ansatz der deutschen Discounter zum Exportschlager entwickelt. Lidl und Aldi haben Filialen in der ganzen Welt eröffnet.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat
Ohne Kleingeld kein Einkaufswagen!
Viele Auswanderer amüsieren sich über die aneinander geketteten Einkaufswagen. 50 Cent, ein oder zwei Euro sind zum Entsperren notwendig - und könnten wohl niemanden ernsthaft vom Diebstahl abhalten. Darum geht es aber nicht: Der Pfand soll die Kunden motivieren, die Wagen nach ihrem Gebrauch ordentlich zurückzustellen. Erst, wenn der Wagen wieder angeschlossen ist, wird die Münze freigegeben.
Bild: DW/E. Grenier
Verblüffe Deine Heimat mit billigen Preisen
Ein Pudding in einem Discounter sorgte für einen diplomatischen Aufruhr, als ein Israeli auf der inzwischen gelöschten Facebook-Seite Olim L'Berlin ("Lasst uns nach Berlin ziehen") seinen Kassenbon als Beleg für die unschlagbar günstigen Lebenshaltungskosten in der deutschen Hauptstadt postete. Israelische Politiker reagierten wütend, weil die Menschen "Israel für einen Pudding verlassen" könnten.
Bild: DW/E. Grenier
Eier liegen nicht in der Kühltheke
Jeder Nordamerikaner würde auf der Suche nach Eiern das Kühlregal ansteuern. In Deutschland liegen sie im ganz normalen Regal. Warum? Um Salmonellen zu verhindern, werden Eier in den USA desinfiziert, bevor sie in die Läden kommen. Der Prozess zerstört jedoch die äußere Schutzschicht, weshalb die Eier gekühlt werden müssen. In der EU bleiben die Eier unbehandelt, hier werden die Hühner geimpft.
Bild: picture-alliance/Eibner-Pressefoto
Für Sonntag im Voraus planen
Füllen Sie den Kühlschrank im Voraus, denn die Geschäfte haben sonntags geschlossen. Die Öffnungszeiten sind gesetzlich geregelt, damit Arbeitnehmer einen garantierten Ruhetag haben. Eine Alternative sind Kioske und Tankstellen, die sonntags geöffnet sind und das Nötigste anbieten. Und es gibt Ausnahmen: An verkaufsoffenen Sonntagen - besonders vor Weihnachten - dürfen alle Läden die Türen öffnen.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst
Lange Wochenenden sind wie die Apokalypse
Feiertage wie Ostern und Weihnachten begehen deutsche Familien wie auch andernorts oft mit festlichen Mahlzeiten. Beim Einkauf kurz davor herrscht im Supermarkt eine Atmosphäre wie vor einem drohenden Atomangriff. Wenn Sie an so einem Tag nur Brot oder Schokolade benötigen: Gehen Sie zum Bäcker, in den Kiosk oder verzichten Sie am besten komplett darauf! Wirklich, das ist ein gut gemeinter Rat!
Bild: picture-alliance/imageBROKER
Eine neue Kasse führt zu Chaos
Die klischeebeladene deutsche Ordnung landet schnell über Bord, sobald eine weitere Supermarktkasse öffnet. Vorrang hat nicht, wer bereits am längsten in einer der schon bestehenden Schlangen wartet, stattdessen bricht ein Wettrennen aus, bei dem der Einsatz von Ellbogen und Einkaufswagen als Hilfsmittel erlaubt scheinen. Wenn es darum geht, ein paar Minuten zu sparen, kennen die Deutschen nichts.
Bild: DW/E. Grenier
Die Bedeutung der Warentrenner
Mal ehrlich: Hätten Sie gewusst, wie dieses zollstocklange Ding heißt, das die Waren der Kunden voneinander trennt? Sollten Sie Ihren Einkauf aufs Band legen und denken, es bliebe noch Zeit, den Warentrenner einzusetzen, weil es ja noch ein paar Meter bis zur Kasse sind: Vergessen Sie's! Böse Blicke sind Ihnen sonst sicher, eine Zurechtweisung möglich. Manche Priorität sollte man nicht anzweifeln.
Bild: DW/E. Grenier
Kassierer sind auch im Sitzen effektiv
Wer aus anderen Teilen Europas nach Deutschland kommt, stolpert hier nicht über einen kulturellen Unterschied - anders als Nordamerikaner, die aus den Supermärkten ihrer Heimat stehende Kassiererinnen und Kassierer gewöhnt sind. In Deutschland sitzt man an der Kasse. Diese Tatsache hindert Kassierer nicht daran, äußerst effektiv zu sein.
Bild: picture alliance/dpa/O. Berg
Schnell einpacken!
Unter Zugezogenen ist es längst ein Running Gag: Schnelle Abfertigung + wenig Platz zum Einpacken = Stress! Erinnern Sie sich an den Warentrenner? Eben noch so wichtig, spielt der plötzlich keine Rolle mehr, die Kassierer schieben die Waren des nächsten Kunden einfach in Ihren Einkauf rein. Wer langsam packt, ist selber Schuld.