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GlaubePakistan

Pakistan: Christen-Viertel nach Ausschreitungen abgeriegelt

17. August 2023

Die Behörden in Pakistan bemühen sich nach dem heftigen Angriff in der Stadt Jaranwala um eine Beruhigung der Lage. Ein Mob hatte am Mittwoch Kirchen und Häuser von Christen verwüstet.

Polizisten vor einem ausgebrannten Gebäude
Polizisten inspizieren die ausgebrannte Salvation Army-Kirche in Jaranwala Bild: Aamir Qureshi/AFP/Getty Images

Nach den schweren Ausschreitungen in einem christlich geprägten Viertel von Jaranwala in der pakistanischen Provinz Punjab haben Sicherheitskräfte das Stadtviertel abgeriegelt. Alle Zu- und Ausgänge seien mit Stacheldraht blockert worden, berichtete ein Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters. Die Provinzregierung teilte mit, paramilitärische Truppen seien zur Unterstützung der Polizei abkommandiert worden.

Sondereinheit zum Schutz religiöser Minderheiten

Die englischsprachige pakistanische Tageszeitung "Dawn" (Morgendämmerung) berichtete unter Berufung auf die Behörden, als Konsequenz aus den Übergriffen sei eine Polizeieinheit zum Schutz religiöser Minderheiten ins Leben gerufen worden. Künftig sollten in Pakistans Hauptstadt Islamabad 70 Beamte der Sondereinheit die Gemeinden religiöser Minderheiten schützen. Ob ähnliche Einheiten auch in anderen Landesteilen gebildet werden, war zunächst unklar. Außerdem verhängten die Behörden laut "Dawn" ein siebentägiges Versammlungsverbot.

Auch dieses Gotteshaus in Jaranwala wurde zerstörtBild: K.M. Chaudary/AP Photo/picture alliance

Am Mittwoch waren nach Angaben von Einwohnern des Christen-Viertels in Jaranwala mehrere Tausend Muslime unter Führung örtlicher Geistlicher in ihren Stadtteil eingedrungen und marodierend durch die Straßen gezogen. Sie seien mit Stöcken, Eisenstangen und Messern bewaffnet gewesen. Mindestens fünf Kirchen wurden zerstört und zahlreiche Häuser von Christinnen und Christen verwüstet. Polizisten seien während der Attacken vor Ort gewesen, hätten aber nichts unternommen, hieß es weiter. Die Sicherheitskräfte wiesen die Vorwürfe zurück und nahmen nach eigenen Angaben bisher 129 mutmaßliche Verdächtige fest.

Ein Christ in seinem völlig verwüsteten Haus Bild: K.M. Chaudary/AP Photo/picture alliance

Die aufgebrachte Menge forderte die Herausgabe zweier Einwohner des Christen-Viertels, denen vorgeworfen wurde, den Koran - die heilige Schrift des Islams - entwürdigt zu haben. Die Gesuchten waren aus ihren Häusern geflohen. Anführer der islamistischen Partei Tehreek-e Labbaik Pakistan (TLP) stachelten dann ihre Anhänger auf. Die Polizei ging am Donnerstag davon aus, dass die Vorwürfe konstruiert waren und es mehr um einen Streit zwischen einem Ladenbesitzer und zwei jungen Christen ging.

Gotteslästerung ist ein äußerst sensibles Thema in dem vorwiegend muslimischen Pakistan. Immer wieder gibt es Fälle tödlicher Gewalt im Zuge von Blasphemievorwürfen. Die Gesetze sehen im äußersten Fall den Tod für die Beleidigung des Islams oder des Propheten Mohammed vor.

USA fordern Aufklärung

Die US-Regierung rief die pakistanischen Behörden auf, die Vorwürfe, die zu den Ausschreitungen geführt hätten, "vollständig" zu untersuchen und zur Ruhe zu mahnen. Sein Land unterstütze zwar die freie Meinungsäußerung, aber "Gewalt oder die Androhung von Gewalt ist niemals eine akzeptable Form der Meinungsäußerung", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel.

Die Expertin von Amnesty International für Südasien, Rahab Mahamoor, erklärte, solche Angriffe verstärkten das Klima der Diskriminierung und Angst für religiöse Minderheiten. Pakistans Behörden müssten das Thema der Straflosigkeit bei Angriffen auf religiöse Minderheiten angehen, empfahl die Menschenrechtlerin.

se/kle (rtr, dpa, ap, afp, epd)