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Strippenzieher

Meike Scholz6. Januar 2008

Die meisten Staaten halten sich eine Armee, aber in Pakistan hält sich die Armee einen Staat, lautet ein berühmtes Bonmot über das Land, dessen amtierender Präsident aus den Reihen der Militärs stammt.

Militärpatrouille in Karachi, Quelle: AP
Die Armee - die eigentliche Macht in PakistanBild: AP Photo

Ende November gab General Pervez Musharraf den Posten des Armeechefs ab, tauschte die Uniform gegen einen Designeranzug ein und ließ sich anschließend als Staatspräsident Pakistans vereidigen. Für seine Anhänger war dies ein weiterer Schritt in Richtung Demokratie. Für seine Kritiker war es das Gegenteil: Für sie bedeutete es, dass Musharraf seine Macht weiter absicherte, dass er Unrecht mit Unrecht legitimieren wollte.

So einfach, wie viele befürchten, wird es Musharraf künftig jedoch nicht haben, sagt der Militärexperte Hassan Askari Rizvi: "Seine Position ist geschwächt. In Krisenzeiten muss er sich künftig mit dem Armeechef abstimmen." Mit General Ashfaq Kayani sei zwar ein enger Vertrauter Musharrafs nachgerückt, er sei aber auch sehr professionell, sagt Rizvi, "ein Soldat, der sich bislang nicht mit der Politik befasst hat." Und das hält er für ein gutes Zeichen: Schließlich sei Pakistans Armee nicht irgendeine: Die 1,4 Millionen Mann starke Truppe verschlingt rund 20 Prozent des Staatshaushalts.

Musharraf braucht das Militär

Braucht den Rückhalt des Militärs: MusharrafBild: picture-alliance/ dpa

“Wir erwarten nicht, dass die Militärs künftig weiter an der Macht bleiben wollen. Die Armee wurde in der jüngsten Zeit immerhin oft kritisiert und darüber ist man sehr verärgert. Wir glauben deshalb, dass die Armee die Entwicklung vom Rande aus beobachten wird. Doch wenn die Lage eskaliert, dann wird das Militär Musharraf auffordern, die Sache in Ordnung zu bringen oder ihn sogar zum Rücktritt bewegen”, vermutet Rizvi.

Und letzteres wäre die bessere Wahl, davon ist auch Shafqat Mahmood überzeugt. Einst war er Politiker, jetzt führt er den sogenannten zivil-militärischen Dialog. Von daher weiß er, was Generäle und Menschen in Pakistan denken: "Wenn Musharraf nicht abdankt, wird er das Militär brauchen. So wird es immer wieder in die Politik hinein gezogen." Seiner Meinung nach sollte sich die Armee besser im Kampf gegen den Terrorismus engagieren als in der Politik.

Die Interessen der Armee

Doch dafür habe das das Militär zu viele Interessen: "Sie befürchten, dass eine zivile Regierung sich in ihre Angelegenheiten einmischen könnte. Dazu gehören auch die Wirtschaftsinteressen - das, was sie als 'Wohlfahrtsprojekte' bezeichnen. Zum Beispiel die Verteilung von Land an Offiziere oder die vielen Industriebetriebe. Es handelt sich um ein regelrechtes Unternehmens-Imperium, und ich glaube, dass die Generäle nicht sehr erfreut wären, wenn man ihnen ihre Privilegien wegnimmt und anfängt, zu privatisieren."

Pakistan trauert um Benazir BhuttoBild: AP

Military Inc. - so nennen viele in Pakistan ihre Armee, weil sie der größte Unternehmer im Land ist. Doch sie wurden in der Vergangenheit auch wegen ihres so genannten Anti-Terror-Kampfes kritisiert, so Rizvi. Der nämlich wurde, trotz vieler Versprechen, nur halbherzig geführt - in der Regierung, beim Geheimdienst und in der Armee. "Man dachte, dass diese Gruppen nicht in Pakistan, sondern nur in Afghanistan kämpfen. Und da gab es dann Leute in der Regierung und bei der Armee, die Sympathien für diese Gruppen pflegten. Man wollte ihnen genug Raum lassen, schließlich dachten viele, man könnte sie noch brauchen. Aber seitdem diese Terrorgruppen auch gegen die pakistanische Regierung kämpfen, hat sich die Politik ihnen gegenüber geändert."

Die ewige Krise?

Im Swat-Tal in den Stammesgebieten an der afghanischen Grenze und in Belouchistan führt die pakistanische Armee jetzt Krieg gegen Terroristen und Abtrünnige - und leidet: Viele Soldaten sterben im Kampf oder bei Bombeanschlägen. Und daran, so Hassan Askari Rizvi, seien die ehemaligen Militärmachthaber nicht ganz unschuldig. Der Kampf gegen die gewaltbereiten Islamisten sei zu spät begonnen worden, sagt der Militärexperte. Die hätten sich vor langer Zeit schon in Pakistan etabliert und es zu einem intoleranten Land gemacht. Und vor allem davor hat Hassan Askari Rizvi Angst.

"Pakistan muss in das Milieu zurückfinden, in dem die Pluralität akzeptiert wird - und das betrifft soziale und kulturelle, als auch politische und religiöse Werte", fordert er. Das sei in Pakistan verloren gegangen, und wenn man nicht dorthin zurück kehrte, so fürchtet er, "dann wird die jetzige Krise andauern - egal ob wir Wahlen abhalten oder nicht.”

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