Belgien bezieht in Palästinenserfrage klar Position
2. September 2025
"Palästina wird von Belgien bei der UN-Sitzung anerkannt werden", erklärte der belgische Außenminister und Vizepremier Maxime Prévot mit Blick auf die Vollversammlung der Vereinten Nationen im September. "Und gegen die israelische Regierung werden harte Sanktionen verhängt", fügte er an.
Dazu gehören ein Importverbot für Produkte aus israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland und in Ost-Jerusalem sowie eine Überprüfung staatlicher Geschäfte mit israelischen Unternehmen. Zudem ist geplant, zwei Minister aus Israel und gewalttätige israelische Siedler in Belgien zu "unerwünschten Personen" zu erklären.
Letzteres soll auch für Anführer der islamistischen Hamas gelten. Diese wird von Israel, den USA, Deutschland und zahlreichen anderen Staaten, darunter auch das EU-Land Belgien, als palästinensische Terrororganisation eingestuft.
"Formalisierung" nur bei Hamas-Entmachtung
Die "administrative Formalisierung" der Anerkennung eines Palästinenserstaates durch einen Erlass des belgischen Königs solle allerdings erst erfolgen, wenn - so Prévot - die letzte israelische Geisel freigelassen sei und die Hamas keine Kontrolle in den palästinensischen Gebieten mehr ausübe.
Belgien verweist auf "humanitäre Tragödie"
Prévot erläuterte, Belgien habe die Entscheidung wegen der "humanitären Tragödie" im Gazastreifen getroffen. "Angesichts der von Israel unter Verletzung des Völkerrechts begangenen Gewalt und seiner internationalen Verpflichtungen, einschließlich der Pflicht, jegliches Risiko eines Genozids zu verhindern, musste Belgien entschiedene Entscheidungen treffen, um den Druck auf die israelische Regierung und die Hamas-Terroristen zu erhöhen."
"Es geht nicht darum, das israelische Volk zu bestrafen, sondern darum, sicherzustellen, dass seine Regierung das Völkerrecht und das humanitäre Recht achtet und Maßnahmen ergreift, um zu versuchen, die Situation vor Ort zu ändern", unterstrich der belgische Außenminister auf der Online-Plattform X.
Das palästinensische Außenministerium nahm Prévots X-Post positiv zur Kenntnis. Man begrüße die Ankündigung aus Belgien, hieß es aus Ramallah im Westjordanland.
Anerkennung oder keine Anerkennung?
Weltweit haben schon mehr als 140 Länder einen Palästinenserstaat anerkannt, darunter mehrere EU-Mitglieder wie Spanien, Irland und Ungarn. Frankreich, Großbritannien und Kanada kündigten eine Anerkennung an oder stellten diese in Aussicht, was von Israel und den USA scharf kritisiert wurde.
Bundeskanzler Friedrich Merz betonte Ende August, Deutschland werde diesem Schritt in der Vollversammlung der Vereinten Nationen nicht folgen. Die Anerkennung eines Palästinenserstaats steht nach den Worten von Bundesaußenminister Johann Wadephul "eher am Ende" eines Verhandlungsprozesses.
Israel will Hamas ganz zerschlagen
Die Hamas hatte am 7. Oktober 2023 ein Massaker auf israelischem Gebiet verübt, dem nach Angaben des Militärs etwa 1200 Menschen zum Opfer fielen. Rund 250 Personen wurden damals in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer werden 47 Menschen von der Hamas festgehalten, mutmaßlich 27 davon sind bereits tot.
Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden, die nicht unabhängig überprüft werden können, inzwischen mehr als 63.500 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
Israel beharrt auf dem erklärten Ziel, die Hamas endgültig zu zerschlagen. Doch auch innerhalb des Landes gibt es großen Widerstand gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, deren rechtsextreme Partner auf einen harten Kurs pochen.
Vor allem Familien der Geiseln fordern indes ein Ende des Krieges. Sie argumentieren, eine weitere militärische Eskalation berge das Risiko, dass ihre entführten Angehörigen getötet würden. Die Hamas lehnt es ungeachtet der Kämpfe und des Elends im Gazastreifen weiterhin ab, die von ihr und verbündeten Gruppen festgehaltenen Geiseln bedingungslos freizulassen.
wa/AR/jj (afp, dpa, rtr)