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Georgische Außenministerin im Interview

Robert Schwartz23. Oktober 2014

Moskau möchte die abtrünnige georgische Region Abchasien durch einen Vertrag noch enger an sich binden. Die Regierung in Tbilisi aber wolle ihren pro-westlichen Kurs fortsetzen, sagt Außenministerin Maia Panjikidze.

Georgien Maya Panjikidze Außenministerin (Foto: DW/Amalia Oganjanyan)
Georgische Außenministerin Maia PanjikidzeBild: DW/A. Oganjanyan

"Georgien auf dem Weg der Integration mit dem Westen" – unter diesem Titel hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin zu einer Podiumsdiskussion mit der georgischen Außenministerin Maia Panjikidze geladen. Doch kurz vor der Veranstaltung wurde bekannt, dass Russland die separatistische georgische Region Abchasien noch enger an sich binden will. In dem neuen Vertrag ist auch eine vertiefte militärische Zusammenarbeit vorgesehen. Dieser neue Vorstoß Moskaus und die Sorge Georgiens vor einer möglichen Wiederholung des Krim-Szenarios beherrschten die Diskussionsrunde.

DW: Frau Panjikidze, mit der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens ist Europa Georgien im Juni ein Stück näher gerückt. Wie sicher fühlt sich Georgien vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und des jetzt bekannt gewordenen Vertrags?

Maia Panjikidze: Natürlich fühlen wir uns nicht sicher, weil dieser Vertrag, den die Russische Föderation der abchasischen De-Facto-Regierung angeboten hat, ein deutlicher Schritt in Richtung Annexion von Abchasien, sprich von Georgien, ist. Wie kann man da beruhigt sein? Aber was die europäische Integration betrifft, ist dies die Wahl des georgischen Volkes, der georgischen Regierung, und diesen Weg werden wir gehen.

Mit anderen Worten: Befürchten Sie eine Wiederholung des Krim-Szenarios in Abchasien?

Ich würde nichts ausschließen. Russland ist unberechenbar. Es ist ganz klar: Moskau ist gegen die West-Orientierung der ehemaligen Länder seines Einflussgebiets, wie Russland es sieht. Das haben wir in der Ukraine gesehen, das sehen wir mit dem Embargo in der Republik Moldau, das haben wir mit dem Krieg 2008 in Georgien gesehen. Ganz gleich, ob ein Land in die EU oder in die NATO will oder in beide Bündnisse, Russland hat etwas dagegen und wird versuchen, diese Ambitionen zu stoppen und diesen Weg mit Hindernissen zu verbauen. Daher muss man sehr vorsichtig sein, wenn man über die Zukunft dieser Länder spricht.

Georgien mit der abtrünnigen Region AbchasienBild: DW

Sie haben über die Wiederherstellung der territorialen Integrität Georgiens – mit Abchasien und Südossetien – gesprochen. Dies sei ein wichtiges Ziel Ihrer Regierung. Wie können Sie die Abchasen und Osseten davon überzeugen, dass Ihr Weg der richtige ist? Wie können Sie die Abchasen davon überzeugen, diesen Vertrag mit Russland nicht zu akzeptieren?

Das ist der einzig richtige Weg für unser Land, da sind wir uns ganz sicher. Die höchste Priorität unserer Außen- und Innenpolitik ist die Wiederherstellung der territorialen Integrität von Georgien. Und wir wissen dabei die ganze Welt auf unserer Seite, weil die überwiegende Mehrheit - bis auf drei Staaten, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkannt haben - die territoriale Integrität Georgiens nie in Frage gestellt hat. Aber Brücken zu bauen, Vertrauen zu bilden und wieder eine gemeinsame Sprache mit unseren abchasischen und ossetischen Bürgern zu finden - das ist natürlich auch eine schwierige Aufgabe für die georgische Regierung, die alles daran setzen will, dieses Vertrauen wiederherzustellen und auf dieser Basis eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.

Trotz der angespannten Lage in der Region gibt es - anders als in der Ukraine oder der Republik Moldau - Anzeichen für eine gewisse Entspannung in den georgisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen.

Ja, das ist richtig, aber dafür sind 20 Prozent unseres Landes von Russland okkupiert, Abchasien und Südossetien haben sich zu unabhängigen Staaten erklärt. Die wirtschaftlichen Beziehungen spielen für den russischen Markt vielleicht keine so große Rolle. Tatsächlich hat der Versuch, die Beziehungen zu normalisieren, zu einigen wirtschaftlichen Kontakten geführt, aber auch die kann man bei Bedarf als Hebel benutzen - und mit einem neuen Embargo der georgischen Wirtschaft wieder Schaden zufügen, wie das bereits 2006 passiert ist.

Ist unter diesen Umständen die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Tbilissi und Moskau möglich, die 2008 wegen des russisch-georgischen Kriegs um Südossetien abgebrochen wurden?

Auf gar keinen Fall. Es ist ausgeschlossen, solange, wie schon erwähnt, ein Fünftel des Landes okkupiert ist und Moskau zwei Gebiete Georgiens als unabhängige Staaten anerkennt.

Welche Unterstützung brauchen Sie jetzt von der Europäischen Union, von Deutschland, in dieser neuen Entwicklung?

In dieser neuen Situation brauchen wir eine starke politische Unterstützung für die Wahrung unserer territorialen Integrität und Souveränität sowie eine deutliche Sprache gegenüber Russland. Moskau muss gesagt werden, dass sein Vorhaben in Abchasien ein genauso schweres Verbrechen ist wie die Annexion der Krim und wie die Unruhen in der Ostukraine. Das muss man auf die gleiche Ebene stellen.

Das Interview führte Robert Schwartz.

Maia Panjikidze ist seit Oktober 2012 Außenministerin von Georgien.