Ende des 20. Jahrhunderts war das Panzernashorn akut vom Aussterben bedroht. Durch konsequenten Schutz der Lebensräume hat sich der Bestand deutlich erholt. Und die Pandemie sorgte für einen regelrechten Baby-Boom.
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Es ist eine Erfolgsnachricht, die Hoffnung macht: Das fast ausgestorbene Indische Panzernashorn ist erst einmal gerettet, die Bestände erreichen ein neues Rekordhoch. Ende des 20. Jahrhunderts gab es weltweit nur noch weniger als 100 Exemplare, jetzt leben nach Angaben der Internationalen Nashorn-Stiftung wieder über 4000 Panzernashörner in freier Wildbahn.
Dies zeigte eine Zählung im Auftrag der Regierung der ostindischen Provinz Assam, wo 70 Prozent der weltweit frei lebenden Indischen Panzernashörner zu finden sind. Aber auch die Bestände in Nepal, dem einzigen Land neben Indien mit frei lebenden Panzernashörnern, haben sich deutlich erholt, dort wurden im Vergleich zum Vorjahr 274 Tiere neu erfasst.
Konsequente Schutzmaßnahmen
Offenkundig haben sich die strengen Schutzmaßnahmen ausgezahlt. Finanziert wurden die Schutzprogramme auch durch private Spendengelder und die Unterstützung etwa der International Rhino Foundation. So wurden zum einen die geschützten Habitate für Panzernashörner deutlich ausgebaut. Allein die Regierung von Assam weitete die Schutzzone von 430 auf 1040 Quadratkilometer aus. Auch der Orang Nationalpark in Indien wird um weitere 200 Quadratkilometer ausgeweitet. Zum anderen wurden aber auch die Strafen für Wilderer noch einmal deutlich verschärft.
Dass sich die Bestände jetzt so bemerkenswert erholt haben, hängt aber auch mit der Corona-Pandemie zusammen: Viele der Schutzgebiete waren vollständig geschlossen. Und diese Ruhe führte zu einem signifikanten Baby-Boom bei den Panzernashörnern.
Das Nasenhorn der Tiere ist ein begehrter Bestandteil der traditionellen asiatischen Medizin und ist teilweise mehr wert als Gold - auch wenn der Handel mit der Hornsubstanz international verboten ist. Im Gegensatz zu seinem afrikanischen Verwandten hat das Indische Panzernashorn nur ein einzelnes Horn, das bis zu 50 Zentimeter lang werden kann und aus Keratin besteht.
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Gewichtig und schnell
Nach dem Elefanten und dem Breitmaulnashorn ist das Indische Panzernashorn das drittgrößte Landsäugetier der Erde. Es erreicht ein Höchstalter von rund 40 Jahren.
Ein ausgewachsener Bulle kann fast zwei Tonnen wiegen und wird über drei Meter lang. Panzernashörner ernähren sich vor allem von Gräsern, aber auch von Schilf und Bambus. Trotz der gewaltigen Körpermasse können Panzernashörner Geschwindigkeiten von bis zu 60 Kilometern pro Stunde erreichen. Ihr enormes Gewicht wird von weichen Sohlenpolstern abgefedert; die breiten Füße verhindern das Einsinken in den weichen Boden.
Gezeichnete Haut
Zwar ist die Haut beim Panzernashorn sehr dick, aber doch nicht wirklich ein Panzer, wie sein Name vermuten lässt. Oftmals ist die Haut von Revierkämpfen mit Artgenossen gezeichnet, im Kampf setzen die Tiere neben dem Horn auch die langen Schneidezähne ein.
Zu Kämpfen kommt es vor allem während der Paarungszeit, denn nur dann kommen die nachtaktiven Einzelgänger mit ihren Artgenossen zusammen. Eine Panzernashorn-Kuh wirft nur alle drei Jahre - nach rund anderthalb jähriger Tragzeit - ein Junges, das bei der Geburt rund 70 Kilogramm wiegt und von der Kuh alleine aufgezogen wird.
Neue Hoffnung für das Nördliche Breitmaulnashorn
Fatu und Najin sind die letzten ihrer Art - einen Bullen gibt es nicht mehr. Durch künstliche Befruchtung will ein internationales Forscherteam das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben retten.
Bild: Ami Vitale
Trügerisches Idyll
Hier grasen die beiden weiblichen Nördlichen Breitmaulnashorn-Weibchen Najin (vorne) und Fatu (Mitte), im Hintergrund das Südliche Breitmaulnashorn Tauwo. Doch die Idylle im kenianischen Naturschutzgebiet täuscht: Najin und Fatu sind die letzten ihrer Art. Nur Wissenschaft und Medizin können die ausgerottete Art noch vor dem vollständigen Aussterben bewahren.
Bild: Ami Vitale
Von Wilderern ausgerottet
Diese imposanten Nördlichen Breitmaulnashörner lebten früher in großer Zahl in Ost- und Zentralafrika. Wilderer dezimierten aber den gesamten Bestand. Seit 2008 sind sie in freier Wildbahn bereits ausgestorben. 2018 musste das letzte überhaupt noch lebende Männchen namens Sudan wegen Altersschwäche eingeschläfert werden.
Bild: Ami Vitale
Erfolgreiche Premiere
Im August 2019 konnten Wissenschaftler – unter anderem aus Deutschland - den beiden Nashornweibchen Najin und Fatu in einem einzigartigen Eingriff insgesamt zehn Eizellen entnehmen. Italienische Experten haben diese mit gefrorenem Sperma des verstorbenen Männchens künstlich befruchtet. So konnten sie im Labor zwei lebensfähige Embryonen erzeugen.
Bild: Justin Mott
Wir beschützen Dich!
Das Verfahren erwies sich als sicher und reproduzierbar. Mitte Dezember haben die Tierärzte das Prozedere wiederholt. Sie konnten einen weiteren Embryo erzeugen, was die Chancen auf eine erfolgreiche Nachkommenschaft deutlich erhöht. Die Zeit für die Eizellentnahme drängte, denn die Weibchen sind nicht mehr die jüngsten.
Bild: Justin Mott
Enge Verbundenheit
Die Wächter und Pfleger haben zu Najin und Fatu eine sehr enge Beziehung aufgebaut. Vor der Eizellenentnahme und der dafür nötigen Trennung der beiden tröstet ihr Pfleger Zacharia Mutai die beiden mit kleinen Leckereien. Im Zoo frisst ein Nashorn täglich 50 kg Heu, 5 kg Hafer, 3 kg Pellets, 2 kg Möhren und 1 kg Äpfel.
Bild: Ami Vitale
Nicht nur medizinische Hürden
Möglich wurde die Rettungsaktion durch eine internationale Zusammenarbeit, bei der nicht nur die veterinärmedizinischen Herausforderungen, sondern auch zahlreiche bürokratische Hürden bei der Eizellen-Ausfuhr und dem Eingriff überwunden werden mussten. Jan Stejskal vom Zoo im tschechischen Dvůr Králové und Frank Göritz von Leibniz-IZW (links) vervollständigen hier die geforderten Genehmigungen.
Bild: Ami Vitale
Punktgenaue Schwerstarbeit
Nachdem die Beruhigungsmittel verabreicht wurden, arbeiteten Wächter und Pfleger Hand in Hand, um eine ideale Position für den Eingriff zu gewährleisten. Geprobt wurde der heikle Eingriff an Weibchen des artverwandten Südlichen Breitmaulnashorns. Von denen gibt es noch rund 20.000.
Bild: Ami Vitale
Alle mal anpacken!
Viele Hände sind nötig - von Forschern, Tierärzten und Pflegern. Das Veterinärteam kontrolliert die Tiere nach der Sedierung sorgfältig, damit der überlebenswichtige Eingriff ohne Risiko für die Tiere beginnen kann.
Bild: Ami Vitale
Routinierter Eingriff
Die Forscher führten die Eizellenentnahme mit einer speziell entwickelten Sonde unter Ultraschallführung durch. Die Anästhesie und die Eizellenentnahme verliefen reibungslos und ohne Komplikationen. Der heikle Eingriff glückte bei Najin und Fatu bereits zweimal. Wie zuvor auch mehrere Dutzende Male bei südlichen Breitmaulnashörnern in europäischen Zoos durch das BioRescue-Team.
Bild: Justin Mott
Prüfender Blick
BioRescue-Projektleiter Prof. Thomas Hildebrandt (Leibniz-IZW) inspiziert die gesammelte Ovarienflüssigkeit, um die wertvollen Eizellen abzutrennen, die im Labor der Spezialfirma Avantea im italienischen Cremona befruchtet werden sollen.
Bild: Justin Mott
Alles gut überstanden
Nachdem die Prozedur beendet ist, wird Najin aus der Sedierung zurückgeholt und beginnt langsam aufzustehen. Die Nashornkuh hat die Narkose und die Eizellenentnahme gut überstanden.
Bild: Ami Vitale
Samentransport nach Deutschland
Zusätzlich zur Eizellenentnahme wurde auch der Samen des letzten männlichen nördlichen Breitmaulnashorns für den Transport von Kenia nach Deutschland vorbereitet. In speziellen mit flüssigem Stickstoff gefüllten Transportbehältern gelangte das Sperma sicher zum Leibniz-IZW, wo seine Verwendbarkeit für zukünftige In-vitro-Embryonen untersucht wird.
Bild: Justin Mott
Jetzt aber schnell!
Die entnommenen Eizellen sowie die tiefgefrorenen Samenproben mussten in kürzester Zeit aus Kenia nach Europa geflogen werden. Prof. Thomas Hildebrandt und Dr. Frank Göritz, beide vom Leibniz Institut für Zoo und Wildtierforschung, tragen den wertvollen Transportbehälter zum Flugzeug.
Bild: Ami Vitale
Zur Befruchtung nach Italien
In dem italienischen Labor wurden die kostbaren Eizellen künstlich befruchtet. Das verwendete Sperma wurde seit Jahren in flüssigem Stickstoff konserviert. Hier der Entwicklungsprozess des neu entstandenen Embryos im Geri-Inkubator.
Bild: Cesare Galli/Avantea
Hoffnung für die Zukunft
In den nächsten Monaten sollen die Eizellen einer Südlichen Breitmaulnashorn-Kuh eingepflanzt werden - so wie diese mit ihrem Jungen. Sie soll dann ein Nördliches Breitmaulnashorn als Leihmutter austragen. Noch gibt es also Hoffnung, dass Nördliche Breitmaulnashörner nicht vollständig von unserem Planeten verschwinden.