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Gesellschaft

Papst akzeptiert Kardinal-Rücktritt in Chile

23. März 2019

Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche in Chile geht weiter: Kardinal Ricardo Ezzati ist von seinem Posten zurückgetreten. Ihm wird vorgeworfen, Missbrauchsfälle vertuscht zu haben.

Vatikan Rom Papst Franzskus und Kardinal Ezzati Chile
Kardinal und Papst: Franziskus entlässt mit Ezzati den siebten Kardinal in ChileBild: Getty Images/AFP/A. Pizzoli

Kardinal Ricardo Ezzati hat die Leitung seines Erzbistums Santiago abgegeben. Wie der Vatikan mitteilte, nahm der Papst das schon vor Monaten eingereichte Rücktrittsgesuch des Erzbischofs an. Als Übergangsleiter, bis ein neuer Bischof gefunden wird, ernannte der Papst den Kapuziner Celestino Aos Braco, bislang Bischof von Copiapo in Nordchile.

"Seine Tage sind gezählt"

Missbrauchsopfer werfen Ezzati wie auch seinem Vorgänger Kardinal Francisco Errazuriz seit Jahren vor, Täter geschützt und die Aufklärung verschleppt zu haben. Ezzati wurde im Januar 77 Jahre alt. Mit 75 sind katholische Bischöfe eigentlich angehalten, dem Papst ihren Rücktritt anzubieten.

Einer der prominentesten Kritiker Ezzatis, der als Jugendlicher von einem Priester in Chile sexuell missbrauchte Juan Carlos Cruz, hatte in einem Interview mit der chilenischen Zeitschrift "La Segunda" gesagt, Ezzatis Tage seien gezählt. Für die chilenischen Bischöfe sei "der Karneval vorbei". Cruz bekundete jedoch Sorge, Ezzati könne sich als gebürtiger Italiener in sein Heimatland absetzen, um sich einer Strafverfolgung in Chile zu entziehen.

Beteuert seine Unschuld: Santiagos zurückgetretener Kardinal Ricardo EzzatiBild: picture-alliance/AP Photo/L. Hildago

Medienberichten zufolge hatte das oberste chilenische Berufungsgericht entschieden, dass Ezzati vor Gericht gestellt werden soll. Ihm wird von den Behörden vorgeworfen, Missbrauchsfälle durch drei katholische Priester nicht gemeldet zu haben. Im vergangenen Oktober wurde er von der Staatsanwaltschaft dazu befragt. Ezzati hat versprochen, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Bisher hat er sich aber nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert, sondern lediglich seine Unschuld beteuert.

Vertreter des Papstes

Der Übergangsleiter des Erzbistums Santiago, Aos, wurde in Spanien geboren und trat mit 18 Jahren in den Kapuzinerorden ein. Nach seiner Priesterweihe studierte er Psychologie in Barcelona und in Santiago. In Chile war er unter anderem an Kirchengerichten tätig. In einem Großwort hat Aos den Opfern seine besondere Zuwendung zugesichert und die Gläubigen um Mithilfe bei der Transformation der Kirche gebeten. Eine Erneuerung der Hierarchie reiche nicht aus, schrieb der 74-jährige Bischof und Kapuzinerpater. Er selbst sei von seiner Ernennung überrascht gewesen.

Aos, seit 2014 Bischof von Copiapo in Nordchile, betonte, jetzt sei nicht die Stunde von Verurteilungen, sondern der Zusammenarbeit. Es gelte "Wege der Wahrheit und des Lebens zu suchen und nach vorne zu schauen", so der Kapuziner. Beim Erneuerungsprozess müssten die Gläubigen sich aktiv in einer "synodal geprägten Kirche" engagieren.

Aos soll das chilenische Erzbistum in der Hauptsatdt bis auf weiteres im Auftrag des Papstes leiten. Der Sitz des Erzbischofs von Santiago ist mit dem Rücktritt von Ezzati und ohne die Ernennung eines regulären Nachfolgers rechtlich gesehen vakant. Als Übergangsleiter nimmt Aos zwar im wesentlichen die Rechte und Pflichten eines Ortsbischofs wahr, handelt als "Apostolischer Administrator" aber als Stellvertreter des Papstes, also auch in enger Anbindung an Rom.

Rund 150 Ermittlungsverfahren

Die Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen sorgt in der katholischen Kirche in Chile seit Monaten für Aufruhr. Ezzati ist bereits der siebte ranghohe katholische Geistliche in Chile, der sein Kirchenamt niedergelegt hat. Im vergangenen Jahr hatten alle chilenischen Bischöfe dem Papst ihren Rücktritt angeboten. Bislang hat Franziskus aber nur sieben dieser Gesuche angenommen. Zuvor legte der Vatikan einen Bericht vor, der nahe legte, dass ranghohe Geistliche aus Chile Missbrauchsfälle vertuscht haben sollen. Die chilenische Justiz hat mittlerweile rund 150 Ermittlungsverfahren gegen katholische Geistliche und andere Kirchenvertreter eingeleitet.

Die Bischofskonferenz des Landes bat die Opfer im August 2018 um Verzeihung. Sie kündigte an, ab sofort eng mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten und Ermittlungen öffentlich zu machen.

pgr/kle (kna, afp, rtr)

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