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Politik

Papst besucht Nikosia, Athen und Lesbos

Panagiotis Kouparanis
2. Dezember 2021

Papst Franziskus reist nach Zypern und Griechenland. Bei dem Besuch geht es vor allem um die Einheit der Christen sowie um Flucht und Migration.

Papst Franziskus in Albanien
Papst Franziskus besucht in den kommenden Tagen Zypern und GriechenlandBild: AFP/Getty Images

Es wird ein denkwürdiger und streckenweise auch schwieriger Besuch: Am Donnerstag (2.12.2021) reist Papst Franziskus nach Zypern und von dort aus am Samstag weiter nach Griechenland. Hier wird er nicht nur Athen besuchen, sondern am Sonntag auch ein Flüchtlingslager auf Lesbos. Sowohl Griechenland als auch Zypern sind Randstaaten Europas, sie sind stark mit der Migrationsfrage konfrontiert, sie haben jeweils eine griechisch-orthodoxe Mehrheitsbevölkerung, während die Zahl der Katholiken klein ist. Die orthodoxe Kirche hält Rom jahrhundertealte Verfehlungen vor und betont den Dissens in Glaubensfragen - in Griechenland weitaus vernehmlicher als auf Zypern.

Wie aus Veröffentlichungen des Vatikans hervorgeht, beabsichtigt Franziskus mit dieser Reise den innerchristlichen Dialog zu stärken, die Dringlichkeit der Migrations- und Flüchtlingsfrage zu betonen und die "Mittelmeerpolitik" des Heiligen Stuhls voranzubringen. Im Februar soll ein Treffen von Bischöfen und Bürgermeistern aus dem gesamten Mittelmeerraum in Florenz stattfinden - sofern es die Corona-Pandemie zulässt.

Ein erwünschter Besuch

Auf Zypern kann Franziskus ähnlich wie Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch im Mai 2010 mit einer freundlichen Aufnahme rechnen. Eine erste Geste in diese Richtung erfolgte vergangene Woche. Die zyprische Regierung gab ein staatliches Grundstück zur Errichtung eines neuen Botschaftsgebäudes des Vatikans im Südosten der Hauptstadt Nikosia frei. Bisher liegt die Vertretung des Heiligen Stuhls auf dem Gelände des Franziskanerklosters in der Altstadt direkt an der Grünen Linie, die die Hauptstadt in einen griechisch-zyprischen und einen türkisch-zyprischen Teil teilt. Hier, am Grenzzaun mit Stacheldraht, wird der Papst während seines Besuchs von Donnerstag bis Samstag übernachten. In Zypern erhofft man sich denn auch, dass durch den Papstbesuch die ungelöste Zypernfrage erneut in das Blickfeld der internationalen Öffentlichkeit rückt.

Papst Benedikt XVI. inmitten orthodoxer Würdenträger bei seinem Zypern-Besuch 2010Bild: Ettore Ferrari/ansa/epa/dpa/picture alliance

Gleiches gilt für die Migrationsfrage. Seit 2015 sind laut dem zyprischen Innenminister Nikos Nouris 48.357 Asylanträge gestellt worden. Für einen Staat mit gerade einmal rund 900.000 Einwohnern - im griechischen Südteil der Insel - ist das nicht wenig. Berichten zufolge wird Franziskus auf dem Rückflug Flüchtlinge nach Rom mitnehmen. Schon 2016 hatte er bei seinem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos syrische Flüchtlinge mit nach Italien genommen.

Einträchtiges Miteinander

Die Treffen mit dem griechisch-orthodoxen Erzbischof Chrysostomos sowie anschließend mit den Mitgliedern der Heiligen Synode in der orthodoxen Kathedrale von Nikosia stehen im Zeichen des Dialogs und des Bemühens um die Einheit der Christen. Auch auf Zypern gibt es innerhalb der orthodoxen Kirche Hardliner, die eine Annäherung der beiden Kirchen ablehnen. Anders als in Griechenland ist ihr Einfluss aber gering.

Die maronitische Kathedrale "Unserer Lieben Frau von den Gnaden" in NikosiaBild: IAKOVOS HATZISTAVROU/AFP/Getty Images

Der Papstbesuch wird überwiegend als Unterstützung der Inselchristen in dem mehrheitlich muslimischen Umfeld der östlichen Mittelmeerregion verstanden. Nicht von ungefähr lautet das Motto dieses Besuchs: "Tröstet einander im Glauben." Überdies ist das Miteinander mit den Katholiken Zyperns einträchtig. Ihre Zahl wird auf 25.000 geschätzt. Die allermeisten sind Arbeitsmigranten von den Philippinen, aus Indien und Sri Lanka. Bis zu 7.500 sind Maroniten, die im Laufe der Jahrhunderte aus dem Nahen Osten eingewandert sind. Sie unterstehen dem Maronitischen Patriarchat von Antiochien, einer mit Rom unierten Kirche, die ihren Sitz im Libanon hat. Die Mitglieder dieser Religionsgruppe sind in das politische und soziale Leben Zyperns sehr gut integriert. Sie sind durch einen Abgeordneten im Parlament vertreten, der allerdings nicht stimmberechtigt ist. Außerdem leben auf der Insel einige hundert Gläubige, die sich zum Lateinischen Patriarchat von Jerusalem bekennen, einer Partikularkirche der römisch-katholischen Kirche.

Durchwachsene Stimmungslage

Die Einladung an den Papst nach Zypern haben Staatspräsident Nikos Anastasiadis und Erzbischof Chrysostomos gemeinsam ausgesprochen. Dagegen war die Führung der Orthodoxen Kirche in Griechenland keinesfalls begeistert, als sie erfuhr, dass die Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou beabsichtige, anlässlich des zweihundertjährigen Jubiläums des griechischen Unabhängigkeitskampfes gegen die Osmanen im Jahre 1821 den Pontifex einzuladen. Auf keinen Fall wollte man Szenen erleben wie im Vorfeld des Athen-Besuchs von Johannes Paul II. im Mai 2001: Damals gingen Gläubige auf die Straße, orthodoxe Bischöfe empörten sich lauthals, an die 170 Klosteräbte schickten einen Protestbrief an das damalige Oberhaupt der Orthodoxen Kirche, Erzbischof Christodoulos.

Johannes Paul II. und Erzbischof Christodoulos auf dem Hügel des Aeropag in Athen, wo einst Apostel Paulus predigteBild: Janek Skarzynsky/dpa/picture-alliance

Um die Gemüter zu besänftigen, sah sich Christodoulos damals gezwungen, in seiner Begrüßungsrede Johannes Paul II. detailliert Glaubensunterschiede darzulegen und Verfehlungen der katholischen Kirche aufzuzählen. Letztendlich forderte er ihn auf, Reue zu zeigen. Der Papst antwortete in einem konzilianten Ton, betonte die Gemeinsamkeiten der beiden christlichen Kirchen und gestand, dass die Katholische Kirche "zu Lasten der orthodoxen Brüder gesündigt hat". Gemeint war unter anderem der 4. Kreuzzug, der im Jahre 1204 nicht in Jerusalem, sondern mit der Eroberung Konstantinopels endete.

Kein gemeinsamer Gottesdienst

Auch diesmal macht sich Unwillen breit. Für Teile der Gläubigen und des griechisch-orthodoxen Klerus grenzt der Papstbesuch an einen Skandal. Um dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen, versicherte der als bedächtig geltende Erzbischof Ieronymos schriftlich, dass die Bischofssynode als solche Papst Franziskus nicht offiziell empfangen und man an keinem gemeinsamen Gebet oder Gottesdienst teilnehmen werde. Überdies habe der Besuch des Papstes am Sitz des Erzbischofs einen "streng formellen" Charakter und werde ohne die Anwesenheit der Bischofssynode stattfinden.

Katholische Kirchengebäude findet man überall in Griechenland. Hier die katholische Kirche des "Heiligen Antonius von Padua" in Rethymnon auf KretaBild: Bildagentur-online/Joko/picture alliance

Diese Haltung der Orthodoxen Kirche beeinflusst auch die Situation der Katholiken im Land. Obwohl sie keine soziale oder politische Diskriminierung erfahren, müssen sie doch mit dem verbreiteten Vorurteil leben, einem fremden religiösen Machtzentrum hörig zu sein. Nach Angaben der Katholischen Kirche Griechenlands beträgt die Anzahl der Gläubigen derzeit etwa 250.000. Rund 50.000 davon sind einheimische Griechen, die anderen kamen als Migranten von den Philippinen (ca. 45.000), aus Polen (ca. 40.000), aus dem Irak (ca. 14.000) sowie der Ukraine, Albanien und anderen Ländern. Die Mehrheit der Katholiken folgt dem römisch-katholischen Ritus, 2.500 dem sogenannten byzantinisch-katholischen und einige hundert dem armenisch-katholischen.

Erneut auf Lesbos

Am Sonntagvormittag wird Franziskus nach Lesbos fliegen, um ein Flüchtlingslager zu besuchen. Es ist sein zweiter Besuch auf der Insel. Bei seinem ersten Besuch im April 2016 waren auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus, und Erzbischof Ieronymos anwesend. Die Intention von Franziskus damals wie heute ist es, den Fokus der Weltöffentlichkeit auf das Flüchtlingsdrama an der EU-Außengrenze zu lenken. Diese Absicht kommt auch der griechischen Regierung entgegen, da sie sich in der Flüchtlingsfrage von der Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten allein gelassen fühlt.

Papst Franziskus bei Flüchtlingen auf Lesbos im April 2016Bild: Reuters/Press Office/Handout

Der Papst wird bereits am Sonntagmittag wieder nach Athen zurückfliegen, um am Nachmittag in der Philharmonie eine Messe zu zelebrieren. Auf Zypern findet die Papstmesse zur Enttäuschung zehntausender Fußballfans am Freitagmorgen im GSP-Stadion von Nikosia statt. Deswegen musste das Spiel der Stadtrivalen APOEL und Omonia verschoben werden - auf Zypern der Fußballklassiker schlechthin.