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Politik

Papst Franziskus besucht erstmals Myanmar

24. November 2017

Papst Franziskus ist in der myanmarischen Metropole Rangun eingetroffen. Mit Spannung wird erwartet, was er zum Flüchtlingsdrama der muslimischen Rohingya-Minderheit sagen wird. Ratschläge und Warnungen gibt es genug.

Myanmar Ankunft Papst Franziskus
Papst Franziskus wird von Kindern am Flughafen von Rangun begrüßtBild: Reuters/M. Rossi

Papst Franziskus ist zu einem viertägigen Besuch in Myanmar eingetroffen. Auf dem Flughafen der ehemaligen Hauptstadt Rangun wurde er von mehreren hundert Menschen begrüßt. Zum Beginn seiner Reise empfing Franziskus am Abend (Ortszeit) außerplanmäßig den Oberbefehlshaber der Armee, General Min Aung Hlaing. Das Gespräch am Sitz des Erzbischofs von Rangun, Kardinal Charles Maung Bo, dauerte 15 Minuten. Hlaing kam mit einer fünfköpfigen Delegation. Die private Unterredung war erst vor einer Woche ins Reiseprogramm aufgenommen worden und ursprünglich für Donnerstag geplant.

Laut Vatikansprecher Greg Burke war das Treffen als Höflichkeitsbesuch deklariert. Man habe vor allem "über die große Verantwortung gesprochen, die die Autoritäten des Landes in dieser Zeit des Übergangs haben".

Schwieriger Besuch in turbulenten Zeiten

Am Dienstag wird das römisch-katholische Kirchenoberhaupt in der neuen Hauptstadt Naypyidaw Staatspräsident Htin Kyaw und De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi treffen. Danach wird Franziskus bei der Begegnung mit Vertretern der Zivilgesellschaft, der Politik und des Diplomatischen Corps seine erste Rede halten. 

Franziskus reist in turbulenten Zeiten nach Myanmar und Bangladesch. Beide Länder stehen in der Flüchtlingskrise um die muslimische Volksgruppe der Rohingya vor gewaltigen Herausforderungen und unter genauer Beobachtung der internationalen Presse. Seit dem Überfall der "Arakan Rohingya Salvation Army" (ARSA) auf mehrere Grenzposten in Myanmars nordwestlichen Rakhine-Staat, der unmittelbar an Bangladesch grenzt, und der massiven Reaktion des birmanischen Militärs sind nach UN-Angaben mindestens 600.000 Rohingya nach Bangladesch geflohen. Menschenrechtsorganisationen und die UN, die sich auf Augenzeugenberichte der Flüchtlinge berufen, berichten von massiver Gewalt der birmanischen Sicherheitskräfte, darunter der Ermordung von Zivilisten, massenhaften Vergewaltigungen und dem Niederbrennen ganzer Dörfer. Die UN sprach von ethnischen Säuberungen.

Papst Franziskus, der sich während seines bisherigen Pontifikats für Menschenrechte und Migranten stark gemacht hat, hatte sich mehrfach solidarisch mit den Rohingya erklärt. Ende August sprach er von seiner "tiefen Verbundenheit mit unseren Brüdern und Schwestern, den verfolgten Rohingya". 

"Rohingya" oder "Muslime des Rakhine-Staates"?

Im Vorfeld des Besuches traf Yangons Erzbischof Charles Bo den Papst in Rom zu einer dreißigminütigen Audienz, wie die Katholische Nachrichtenagentur KNA berichtete. Der Erzbischof empfahl dem Papst, den in Myanmar umstrittenen Namen "Rohingya" zu vermeiden. Das Oberhaupt der katholischen Kirche solle lieber die offizielle Bezeichnung "Muslime des Rakhine-Staates" verwenden, um Kontroversen aus dem Weg zu gehen. Ein Großteil der Einwohner Myanmars lehnt die Bezeichnung "Rohingya" ab und erkennt die muslimische Minderheit weder als eigene ethnische Gruppe noch als Staatsbürger an.

Kofi Annan bei seiner Ankunft im Rakhine-Staat Ende 2016Bild: DW/V. Hölzl

Auch der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der im Auftrag der birmanischen Regierung einer Kommission vorsaß, die Lösungsstrategien für den Konflikt im Rakhine-Staat entwickeln sollte, empfahl dem Papst bei einem Treffen im November, die Bezeichnung "Rohingya" nicht zu verwenden.

Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International  oder Human Rights Watch widersprechen. Phil Robertson, stellvertretender Direktor von Human Rights Watch in Asien, sagte gegenüber Reuters: "Der Papst sollte sich für die Rohingya einsetzen, indem er ihren Namen benutzt." Das sei so ziemlich das einzige, was der Minderheit geblieben sei.

Dialog zwischen Kirche und Armee

Wie angespannt die Lage vor dem Besuch des Papstes ist, zeigt auch eine Stellungnahme von Mariano Soe Naing, Sprecher der Katholischen Bischofskonferenz von Myanmar. Er sagte auf einer Pressekonferenz Ende August in Yangon: "Die Medien stellen immer eine Verbindung zwischen dem Papst und dem Rakhine-Staat her, aber der Papst wird die Politik des Staates und der Regierung dieses Landes unterstützen, denke ich. Er würde niemals nur eine Seite beschuldigen, sondern er wird Toleranz und Liebe für alle bezeugen." Dabei ist es gerade die Politik des Staates, repräsentiert durch das Militär Myanmars und die Regierung um Aung San Suu Kyi, die weithin für die Eskalation im Rakhine-Staat verantwortlich gemacht wird.

Seit August 2017 sind etwa 600.000 Rohingya aus Myanmar nach Bangladesch geflohenBild: picture-alliance/abaca

Der Erzbischof von Yangon, Kardinal Charles Maung Bo, sagte gegenüber Radio Vatikan, dass der Besuch des Papstes vor allem das Zusammenleben zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften betreffen werde. Seit Jahren seien die Verhältnisse nicht immer einfach. Der Papst, davon ist der Kardinal überzeugt, könne helfen, die Gewaltspirale zu beenden.

Frieden und Liebe

Das Motto des Besuches lautet "Frieden und Liebe." Das von der katholischen Kirche entworfene Symbol für die Reise zeigt den Papst mit Friedenstaube, neben einem Umriss Myanmars in den Farben des Regenbogens, der für die ethnische und religiöse Vielfalt stehen soll. Das Ganze ist umkränzt von den Flaggen des Vatikans und Myanmars in Herzform.

Die Katholiken stellen in Myanmar eine der kleinsten Religionsgemeinschaften. Genaue Zahlen gibt es nicht. Die Angaben variieren zwischen 450.000 und 700.000, was etwa einem Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Insgesamt sind sechs Prozent der Einwohner Myanmars Christen, die meisten allerdings Baptisten. Nach einem interreligiös-ökumenischem Friedenstreffen von Franziskus unter anderem mit buddhistischen Mönchen ist am 29. November eine öffentliche Messe geplant, bevor er weiter nach Bangladesch reist.

Katholiken in Bangladesch feiern AllerseelenBild: DW/M. M. Rahman

Katholiken in Bangladesch bedroht

In Bangladesch kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Gewalt gegen Katholiken. 2001 zündeten radikale Muslime eine Bombe in einer Messe. Neun Menschen starben. Zwischen 2014 und 2016 kam es wiederholt zu Übergriffen. Häuser von Katholiken wurden in Brand gesteckt, ein katholischer Priester wurde während der Messe niedergestochen.

Der Anwalt Rana Dasgupta, der in Bangladesch einer Organisation vorsitzt, die die Minderheitenreligionen Hinduismus, Buddhismus und Christentum vertritt, erklärte der Deutschen Welle: "Aktuell ist die Situation der Katholiken schwierig, aber einigermaßen stabil. Ich befürchte allerdings, dass sie sich vier oder fünf Monate vor der Wahl verschlechtern wird." Ende nächsten Jahres stehen in Bangladesch allgemeine Wahlen an. Im Vorfeld von Wahlen war in den letzten Jahren immer ein Anstieg der Gewalt gegen Minderheiten zu verzeichnen.

Vom Besucht des Papstes erhofft sich Rana Dasgupta eine Verständigung zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften, insbesondere, da die gewalttätigen Extremisten aktuell auf dem Vormarsch seien.

Der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung ist noch kleiner als in Myanmar. Nur 350.000 Personen (0,2 Prozent der Bevölkerung) des südasiatischen Landes bekennen sich nach Angaben der katholischen Kirche von 2014 zum römisch-katholischen Glauben.

Papst Franziskus will in Bangladesch die nationale "Gedenkstätte der Märtyrer des Unabhängigkeitskrieges von 1971" besuchen und mit Staatspräsident Abdul Hamid und Premierministerin Scheich Hasina Wajed zusammentreffen. Zum Abschluss der Reise ist ein Treffen mit Klerikern geplant. Möglicherweise trifft der Papst auch Angehörige der Rohingya-Minderheit. Privat will der Papst in Dhaka ein von Mutter Teresa gegründetes Heim besuchen.

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