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Endlich Weltkirche!

Astrid Prange De Oliveira 14. März 2013

Der gute Hirte aus Lateinamerika: Mit dem Argentinier Jorge Mario Bergoglio bricht eine neue Ära des Papsttums an. Franziskus im Porträt.

Papst Franziskus auf der Loggia des Petersdoms (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Die Stimme ist ruhig, die Botschaft revolutionär. "Cambia, todo cambia" - alles ändert sich, sang einst Mercedes Soza, die Liedermacherin Lateinamerikas. "Der Hirte mit seiner Herde, die Sonne in ihrer Umlaufbahn, die Richtung des Wanderers, und was sich gestern verändert hat, wird sich morgen erneut verändern müssen."

Die Hymne der argentinischen Sängerin gehört zum Soundtrack des italienischen Films "Habemus papam", der im vergangenen Jahr auf den Filmfestspielen von Cannes gezeigt wurde. Nun ist sie Wirklichkeit geworden. Mit Jorge Mario Kardinal Bergoglio kommt der Stellvertreter Christi zum ersten Mal in der Neuzeit nicht aus Europa, sondern aus Lateinamerika.

"Herzen erobern"

Bernd KlaschkaBild: KNA

"Mit dieser Wahl werden wir Weltkirche", erklärt Bernd Klaschka, Geschäftsführer des bischöflichen Hilfswerkes für Lateinamerika Adveniat, im Gespräch mit der DW. Denn ein Papst aus Lateinamerika zeige "das Vertrauen in die Entwicklung der Kirche in Lateinamerika". Klaschka ist sich sicher, dass sich nicht nur die Lateinamerikaner, sondern die rund 1,2 Milliarden Katholiken weltweit für den neuen Papst begeistern werden. "Er wird die Herzen mit seiner zurückhaltenden und bescheidenen Art erobern."

Erst vor zwei Wochen war Jorge Bergoglio von Benedikt XVI. in einer seiner letzten Amtshandlungen in die Päpstliche Kommission für Lateinamerika berufen worden. Der 76-jährige Erzbischof von Buenos Aires hatte Benedikt bereits vor einem Jahr aus Altersgründen seinen Rücktritt angeboten. Auch im Konklave galt er wegen seines Alters nicht als Favorit für die Pontifex-Nachfolge.

Distanz zur Kurie

Bergoglios Haltung zur Kurie war eher distanziert. Doch gerade seine unerschrockene Kritik an den Skandalen im Vatikan scheint ihm Achtung bei seinen Kardinalskollegen eingebracht zu haben. Das schlimmste an der Kirche sei ihre Verweltlichung, ihre krankende Spiritualität und ihre karriereorientierten Mitglieder, erklärte er in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Stampa".

Seine Mitwirkung in der Kurie beschränkte Bergoglio auf die Mitwirkung in den beiden Kongregationen für Gottesdienst und Sakramentenordnung und für den Klerus. In seiner Diözese in Buenos Aires, wo er seit 1992 als Bischof wirkt, nimmt er ebenfalls kein Blatt vor dem Mund. Zum Auftakt der Fastenzeit forderte er eine Abkehr von "der Macht des Geldes und der Korruption, an die sich Argentinien gewöhnt habe", und die Familien und die ganze Gesellschaft zerstöre.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck führt die gesellschaftskritische Haltung Bergoglios auf seine schulische Ausbildung bei den Jesuiten zurück. "Als Jesuit weiß er, was es heißt, Jesus nachzufolgen, das heißt immer auch den Armen nachzufolgen", erklärte Overbeck gegenüber der Deutschen Welle. "Von daher wird er auch den positiven Gewinn der lateinamerikanisch geprägten Befreiungstheologie kennen."

Endlich Weltkirche! - Ein Argentinier ist neuer PapstBild: AFP/Getty Images

Stärkung der Laien

Adveniat-Chef Bernd Klaschka ist sich sicher, dass es unter dem neuen Papst zu einer Stärkung der Laien kommen wird. Angesichts des Priestermangels in ganz Lateinamerika sei dies eines der drängendsten Probleme. "In Buenos Aires gibt es Pfarreien, die haben 80000 bis 90000 Mitglieder", so Klaschka. Die Ausbildung der Laien stehe deshalb bei Bergoglio "ganz oben an".

In Zukunft könnten in Lateinamerika Gemeindemitglieder die heilige Kommunion selbstständig mit vorgeweihten Hostien feiern, ist sich Klaschka sicher. Eine Vision, die in Deutschland noch undenkbar ist. "Das ist für Bergoglio kein Problem, meint Klaschka. "Wir müssen die Kirche nicht nur als Priesterkirche sehen, das weiß er."

Der Adveniat-Vorsitzende sieht die Kirche in Lateinamerika oft als Vorreiter neuer Entwicklungen. "Wir können eine Menge von Christen in Lateinamerika lernen, nämlich, dass das Leben nicht nur über den Kopf geht, sondern auch über das Herz", meint er. Das habe Bergoglio sofort nach seiner Wahl bei der ersten Begegnung deutlich gemacht, als er sich verneigte. Klaschka: "Er hat nicht die Arme ausgestreckt, es waren keine herrschaftlichen Gesten da." Doch Bergoglios Bescheidenheit und Demut sind keine Zeichen für mangelnde Durchsetzungskraft. "Er ist ein moderater Mann, aber er kann auch führen, man wird nicht mit ihm spielen können", weiß Klaschka, der ihn seit 2007 kennt.

"Cambia, todo cambia" - die Stimme Lateinamerikas wird künftig aus Rom erklingen.

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