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Politik

Papst lehnt Amtsverzicht Heßes ab

15. September 2021

Die Auszeit des Erzbischofs von Hamburg ist zu Ende: Der Vatikan befindet ihn im Kölner Missbrauchsskandal nicht der Vertuschung schuldig. Es hagelt Kritik.

Erzbischof von Hamburg Stefan Heße
Ende der Auszeit: Erzbischof Stefan Heße (Archivbild)Bild: Markus Scholz/dpa/picture alliance

Papst Franziskus hat den Amtsverzicht des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße nicht angenommen und ihn gebeten, "seine Sendung (...) im Geist der Versöhnung und des Dienstes an Gott" fortzuführen. Das geht aus einer Mitteilung der Apostolischen Nuntiatur in Berlin hervor.

Im Zusammenhang mit dem Kölner Missbrauchsskandal hatte Heße dem Oberhaupt der katholischen Kirche vor einem halben Jahr seinen Amtsverzicht angeboten. Franziskus gewährte ihm zunächst eine gewünschte Auszeit; Generalvikar Ansgar Thim übernahm so lange die Geschäfte in Hamburg.

"Es wird nicht leicht sein"

Jetzt erklärte der Erzbischof in einer schriftlichen Stellungnahme: "Ich übernehme nun nach dem Willen des Papstes ausdrücklich wieder Verantwortung als Erzbischof von Hamburg." Dabei sei er sich bewusst, "dass es nicht unbedingt leicht sein wird, meinen Dienst wieder aufzunehmen".

Franziskus entschied, Heße solle "seine Sendung (...) im Geist der Versöhnung" fortführenBild: TIZIANA FABI/AFP/Getty Images

Heße war 2015 als Erzbischof nach Hamburg gewechselt. Vorher war er Personalchef und Generalvikar im Erzbistum Köln. Dort wurde im März ein Gutachten vorgestellt, das dem 55-Jährigen mit Blick auf seine Zeit am Rhein insgesamt elf Pflichtverletzungen vorwarf. Dabei handelt es sich nach Angaben der Gutachter unter anderem um Verstöße gegen die Melde- und Aufklärungspflicht im Umgang mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester.

"Mangel an Sensibilität"

In der Mitteilung der Apostolischen Nuntiatur in Berlin heißt es, es habe zwar Verfahrensfehler von Heße gegeben. Doch diese seien nicht mit der Absicht begangen worden, Missbrauchsfälle zu vertuschen. Vielmehr habe das "Grundproblem" in einem "Mangel an Aufmerksamkeit und Sensibilität" gegenüber den Missbrauchsopfern bestanden. Die Botschaft des Vatikans in Deutschland verwies auch auf den Besuch zweier Bischöfe im Erzbistum Köln im Juni. Auf Basis ihrer Bewertungen habe der Papst seinen Beschluss gefasst.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, lobte die Entscheidung als "wohlüberlegt und begründet". Damit ende "eine schwierige Zeit der Ungewissheit", erklärte der Bischof von Limburg. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) äußerte sich hingegen "schockiert". Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel erklärte, Rom verdränge die Frage nach der Glaubwürdigkeit eines Amtsträgers.

"Schlag ins Gesicht"

Offenbar werde im Vatikan weiter verleugnet, "dass sichtbare und spürbare Veränderungen in der Kirche notwendig sind, um das verloren gegangene Vertrauen wiederzuerlangen". Karin Kortmann, die ebenfalls stellvertretende ZdK-Präsidentin ist, sprach von einem "Schlag ins Gesicht für Betroffene von sexueller Gewalt".

Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" nannte das Vorgehen des Papstes "höchst problematisch". Die Maßgabe aus Rom stelle "faktisch eine Amnestie" für Erzbischof Heße dar. Es stelle sich die Frage, wofür Menschen in kirchlichen Leitungsdiensten dann überhaupt noch zur Verantwortung gezogen würden. Der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, sprach auf Twitter von "organisierter Verantwortungslosigkeit". Er rief zum Austritt aus der Kirche aus: "Anders merken die nichts."

jj/rb (dpa, afp, epd, kna)

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